Kreis Germersheim Ist schon der Landrat zu weit weg?

Bei der Landratswahl chancenlos, bei den hauptamtlichen Bürgermeistern lichten sich die Reihen: Die SPD im Kreis feierte mit der Wahl von Dennis Nitsche zum Wörther Bürgermeister im vergangenen Jahr ihren letzten Erfolg. Wobei Volker Poß (SPD, Verbandsbürgermeister Kandel) die Landratswahlen nicht so schwarz sehen will wie das Ergebnis auf der Karte aussieht. „Das Ergebnis war nicht das schlechteste, bei uns in der Verbandsgemeinde hat Nicole Zor 42 Prozent erreicht“, sagt Poß. In Anbetracht der „Omnipräsenz unseres Landrats“ seien auch die 34,4 Prozent kreisweit ein respektables Ergebnis. Als „schmerzlich“ empfindet Poß hingegen die Niederlage seines Parteigenossen und Amtsinhabers Uwe Schwind in Jockgrim: „Damit habe ich nicht gerechnet.“ An der Arbeit Schwinds könne es nicht gelegen haben. „Erschreckend“ findet Poß die Wahlbeteiligung. Bisher hatte er gehofft, dass im Lokalen die Politik greifbarer sei und deshalb das große Desinteresse sich nicht so breitmachen werde. „Aber vielleicht ist schon der Landrat zu weit weg“, sagte Poß. Allerdings lag schon bei seiner Wahl die Beteiligung bei nur 48 Prozent. Auch der Wörther Bürgermeister Dennis Nitsche (SPD) findet das Ergebnis der SPD-Landratskandidatin Zor „nicht so schlecht“. In Wörth habe sie sogar beachtliche 42,8 Prozent erzielt: „Gegen die Pressemaschinerie des Landrats ist schwer Wahlkampf machen.“ Stärker trifft auch Nitsche die Niederlage von Schwind in Jockgrim. Damit sinke das Gewicht der SPD-Bürgermeister im Kreis. Zur Wahlbeteiligung sagt Nitsche: „Viele wissen nicht mehr zu schätzen, was Demokratie eigentlich ist.“ Die CDU im Kreis gestärkt sieht Kreisvorsitzender Thomas Gebhart, auch wenn es sich nicht um Partei-, sondern um Personenwahlen gehandelt habe. Eine Wahlbeteiligungskrise sieht der Bundestagsabgeordnete nicht. „Die kreisweit niedrige Beteiligung an der Landratswahl ist wohl der Tatsache zuzuschreiben, dass Fritz Brechtel großer Favorit war“, spekuliert Gebhart. Überall, wo außer dem Landrat auch Verbandsbürgermeister gewählt wurden, sei die Wahlbeteiligung höher gewesen. Die Direktwahl stellt Gebhart nicht infrage, „die hat sich bewährt“. Er will auch nicht von genereller Wahl- oder Politikerverdrossenheit der Bürger reden und verweist auf die Landtagswahl im vergangenen Jahr, bei der die Wahlbeteiligung ja gestiegen sei. Für bemerkenswert hält der CDU-Kreisvorsitzende parteiübergreifend das Engagement aller Kandidaten. „Die haben alles getan, um Wähler zu mobilisieren.“ Die SPD-Kreisvorsitzende, Landtagsabgeordnete Barbara Schleicher-Rothmund, feierte am Sonntagabend mit Nicole Zor deren Achtungserfolg, gleichwohl die SPD-Frau gegen Fritz Brechtel klar verloren hat. Zor, die Politik-Newcomerin, habe ihren Wahlkampf glaubhaft und mit viel Engagement geführt. Sicher werde man in Zukunft noch öfter von ihr hören, gab die Kreisvorsitzende einen Ausblick auf SPD-Personalien im Kreis. Die Wahlbeteiligung hält Schleicher-Rothmund für gar nicht so schlecht. Den Rückgang gegenüber 2009 erklärt sie mit der damals gleichzeitigen Kommunalwahl, was zusammen dann doch mehr Menschen an die Urne gelockt habe. Was der SPD-Chefin Kopfzerbrechen bereitet ist die Niederlage von Bürgermeister Uwe Schwind in der Verbandsgemeinde Jockgrim. „Das müssen wir analysieren, Fehler hat er keine gemacht“, ist sie überzeugt und nennt IGS und Feuerwehr als wichtige Projekt Schwinds. Der wiedergewählte Germersheimer Bürgermeister Marcus Schaile (CDU) sieht die Wahlbeteiligung als nicht so dramatisch an, war sie in Germersheim mit jetzt 43,1 Prozent doch fast so hoch wie bei der Wahl im Jahr 2009 (44,3), bei der auch der Stadtrat gewählt worden war. Für ihn ist dies ein ganz klares Zeichen, dass die Bürger ihn als Person gewählt haben. Bei den Ortsvorsteherwahlen in Sondernheim habe man schon 50 und 60 Prozent Wahlbeteiligung gehabt. Der Stadtrat und er wollen Germersheim nach vorne bringen, das sei das Ziel. Entsprechend fielen die Entscheidungen zu 90 Prozent einstimmig. Er als Bürgermeister komme zwar aus der CDU, doch sei er schon immer ein Bürgermeister für alle gewesen und habe immer ein offenes Ohr für jeden. Das wüssten die Bürger. Der wiedergewählte Bellheimer Verbandsbürgermeister Dieter Adam (Wählergruppe Adam) und sein Herausforderer Thorsten Metz (CDU) sind beide mit der Wahlbeteiligung von 52,7 Prozent unzufrieden. Während Adam jedoch der Ansicht ist, die Briefwahl werde zunehmend gut angenommen und müsse ausgebaut werden, um mögliche Barrieren für die Wähler zu beseitigen, blieb die Briefwahlbeteiligung hinter Metz’ Erwartungen zurück. Laut Adam war der auf der Wahlkarte aufgedruckte QR-Code insbesondere bei jungen Leuten ein Thema, weil er das Bestellen der Wahlunterlagen mittels mobilem Endgerät vereinfacht. Möglicherweise hätten kontroverse, polarisierende Themen im Wahlkampf mehr Wähler zum Gang an die Urne mobilisiert, aber die gab es nach Ansicht beider in diesem Wahlkampf nicht. Metz erachtet den Termin, Muttertag, und das Desinteresse an Veränderung innerhalb der Bevölkerung als problematisch für die Wahlbeteiligung. Da passt es dann wieder, dass Adam spekuliert, dass die Leute zufrieden sind und deshalb zu Hause bleiben.

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