Kreis Germersheim Friede im Streit um Engel

Dieser Engel hätte vielleicht auch drei Flügel haben können.
Dieser Engel hätte vielleicht auch drei Flügel haben können.

Mit einem Vergleich endete gestern der Streit zwischen der Stadt Kandel und dem Künstler Volker Krebs aus Böchingen. Vor dem Amtsgericht Kandel einigten sich beide in öffentlicher Sitzung auf die Zahlung von 500 Euro für die Arbeitsleistung des Künstlers am ersten Gipsmodell (mit drei Flügeln) für eine Skulptur. Sie wurde zur Feier der Städtepartnerschaft 2016 auf dem Marktplatz aufgestellt. Weil dieses Modell nicht mehr vorhanden ist – es fiel im Zimmer des Bürgermeisters zu Boden, ein Flügel brach ab und wurde danach entsorgt – verlangte der Bildhauer einen Ersatz für 50 Arbeitsstunden zu jeweils 40 Euro, also rund 2000 Euro von der Stadt (wir berichteten).

Weil man sich bisher nicht einigen konnte, kam es gestern zur Verhandlung vor dem Amtsgericht. Aus der Sicht des Künstlers, an dessen Seite Rechtsanwalt Stefan Beck von der Landauer Kanzlei Lütz-Binder stand, habe er nach wie vor das geistige Eigentum am ersten Modell und hätte es bei künftigen Anfragen verwenden können. Hätte er von der Beschädigung erfahren, wäre der abgebrochene Flügel von ihm wieder angesetzt worden, sagte Krebs. Die hier investierte Zeit habe nichts mit der Arbeitszeit zu tun, die er für das zweite Modell (mit zwei Flügeln, jeweils einen für Reichshoffen und einen für Whitworth) investiert habe. Bürgermeister Günter Tielebörger, er wurde von Rechtsanwalt Stephan Jörg (Kanzlei Dr. Luppert in Kandel) unterstützt, schilderte aus seiner Sicht den Werdegang. Nach Vorstellung des ersten Modells in der Stadtratssitzung habe man sich für den Künstler Krebs ausgesprochen. Auch Professor Deutsch aus Jockgrim hatte einen Vorschlag eingebracht. Allerdings habe man Krebs gebeten, am Modell Veränderungen vorzunehmen. So kam es zum Modell mit zwei Flügeln, während das erste Modell mit drei Flügeln zwar aus dem Rennen um die Gunst des Stadtrates, aber beileibe nicht aus den Räumen des Stadthauses war. Hier habe es monatelang gestanden, so Tielebörger. Wäre es nicht zu einer Auftragvergabe an Krebs gekommen, hätte man seinen Entwurf mit 1000 Euro vergütet. So zahlte die Stadt an den Künstler 32.000 Euro und bekam die Skulptur. Sie befindet sich übrigens auf der Nordseite der St. Georgskirche. Die Stadt habe sich an die Vereinbarungen gehalten, so Tielebörger. „Bis Oktober stand es im Büro. Keiner wollte es haben“. Keine leichte Aufgabe für Richterin Kollmar-Haager, die mehrfach nach Art und Intensität der Kommunikation zwischen Künstler und Bürgermeister fragte. Während sich Krebs darauf festlegte, dass die Modelle immer dem Künstler gehören, auch bei Architektenwettbewerben, wunderte sich Tielebörger, dass das Modell nicht abgeholt wurde. Professor Deutsch habe seinen Entwurf schon drei Wochen später geholt. Krebs habe außerdem drei weitere Figuren gestaltet und mit rund 3.500 Euro vergütet bekommen, die als Gastgeschenke beim Städtejubiläum verwendet wurden, so der Bürgermeister. All das sei aber unstrittig. Um eine weitere juristische Aufarbeitung zu vermeiden, empfahl Rechtsanwalt Beck („Man hätte die Sitzung vor Weihnachten anberaumen müssen. In dieser Zeit sind die Menschen eher zu friedlichen Lösungen bereit!“) eine Sitzungspause, nicht ohne die Bereitschaft zu einem Kompromiss anzudeuten. Nach der kurzen Pause gab Tielebörger zu Protokoll, dass er den künstlerischen Wert des ersten Entwurfes keineswegs missachtet habe und die Entsorgung bedaure. Beide Seiten hoffen nun, erneut zu einem freundschaftlichen Umgang miteinander zu finden. Die Kosten des Verfahrens werden, so die Richterin, gegenseitig aufgehoben. Gelernt haben wohl alle Beteiligten: Man sollte mehr mit einander reden und Details von vorneherein klären. Gerade dann, wenn es um „Kunst“ im weitesten Sinne des Wortes geht. Kultur

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