Kreis Germersheim Erst gurten, dann spurten

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„Oh, wie schön ist Kreiselfahren!“, denken sich die beiden Kinder auf der Rückbank eines Autos vermutlich gerade, als sie unangeschnallt ganz weit vor rücken, um möglichst gut aus der Windschutzscheibe blicken zu können. Man möchte ja schließlich nichts verpassen. Ein Fall für die Mitglieder des Auto Clubs Europa (ACE), die gestern im Germersheimer Industriegebiet das Anschnallverhalten überprüften.

Dass aus kindlicher Freude schnell bitterer Ernst werden kann, erklärt Mario Schmidt vom ACE, für den dieser Anblick keine Seltenheit darstellt. Solche Bilder hat er heute schon öfter gesehen. Der ACE-Regionalbeauftragte für Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland beobachtet gemeinsam mit Karl-Heinz Danzscher, einem ACE-Kreisvorstandsmitglied, zwei Stunden lang den Verkehr am McDonalds-Kreisel. Dies ist Teil der bundesweiten Aktion „Komm Gurt an“, bei der stichprobenartig gezählt wird, wie viele Verkehrsteilnehmer angeschnallt sind. Dabei werden nicht nur die Fahrer, sondern auch alle weiteren Insassen genau beobachtet. Anlass für die Aktion ist das 40-jährige Bestehen der Anschnallpflicht in Deutschland. Schmidt gibt zu bedenken: „Durch die physikalischen Kräfte, die bei einem abrupten Bremsen wirken, wird ein ungesichertes Kleinkind mit einem Gewicht von etwa zwölf Kilo bei einem Auffahrunfall zu einem 500 Kilo schweren Geschoss.“ Somit ist nicht nur das Kind in großer Gefahr, sondern auch alle weiteren Insassen können schwer verletzt werden. An diesem Tag zählen Schmidt und Danzscher 1216 Autos. Darin waren 57 Fahrer und 31 Beifahrer nicht angeschnallt; das sind etwa sieben Prozent ohne Gurt. „Das Problem, das bei der Sicherung von Kindern außerdem häufig auftritt, ist, dass sie zwar angeschnallt mitfahren, jedoch häufig vorne sitzen, wo sie weniger geschützt sind. Außerdem verzichten die Erwachsenen oft auf einen Kindersitz“, sagt Schmidt. So säßen die Kinder zu niedrig und könnten bei einer Bremsung unter dem Gurt durchrutschen. Ins Auge fallen den beiden Männern zudem die Gruppe der jungen Fahrer sowie der Lkw- und Transporterfahrer. Hier könne man immer wieder sehen, dass sie die Anschnallpflicht weniger beachten. Welche Gründe nennen die Leute dafür, dass sie nicht angeschnallt sind? Sie berufen sich laut Schmidt fast immer darauf, dass sie nur einen kurzen Weg zurücklegen und sich deshalb nicht gesichert haben. „Aber bereits auf kurzen Strecken kann etwas passieren.“ Deshalb appelliere der ACE an Eltern und Großeltern die Kinder richtig anzuschnallen. Die im April in den 109 ACE-Kreisen in Deutschland angelaufene Aktion „Komm Gurt an“ soll am 1. August abgeschlossen werden. Danach werden die Ergebnisse zusammengetragen. Im Durchschnitt sei in Rheinland-Pfalz jeder fünfte Unfalltote nicht angeschnallt. Deshalb hofft Schmidt, „dass wir mit unserer Aktion Aufmerksamkeit erregen und ein Umdenken bei den Verkehrsteilnehmern bewirken können“. |hkt

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