Karlsruhe Den badischen Dschungel erleben

Biologe Martin Klatt (re.) konzipierte den 1,3 Kilometer langen und mit elf interaktiven Stationen ausgestatteten Auenerlebnispf
Biologe Martin Klatt (re.) konzipierte den 1,3 Kilometer langen und mit elf interaktiven Stationen ausgestatteten Auenerlebnispfad beim Naturschutzzentrum Daxlanden-Rappenwört mit.

Dort wohnt der Zilpzalp und singt die Drosselder. Fauna und Flora im Biotop am Rhein können Besucher jetzt mit dem neuen Auenerlebnispfad beim Naturschutzzentrum Rappenwörth entdecken.

Über eine neue ökologische Attraktion dürfen sich große und kleine Besucher in den Rheinauen bei Rappenwört freuen. Beim dortigen Naturschutzzentrum unmittelbar beim Wildschweingehege wurde kürzlich der Auenerlebnispfad vorgestellt. Rund 1,3 Kilometer ist er lang und umfasst elf interaktive Aktionen, die über Flora und Fauna in dem Biotop im Karlsruher Stadtteil Daxlanden-Rappenwört informieren.

„Das hier ist eine einzigartige Auenlandschaft, die wir den Menschen näherbringen möchten. Die Schätze, die direkt vor der Haustür am Rhein liegen, muss man auch erkennen können. Hier kann man die Einzigartigkeit der Landschaft erleben“, sagte Karlsruhes Zoo-Chef Matthias Reinschmidt, der sich mit der Artenschutzstiftung des Zoos an dem Projekt beteiligte. Beim Auenerlebnispfad erfährt man allerlei, beispielsweise welche Vögel in welchem Stockwerk des Waldes leben.

Vogelgesang auf Knopfdruck

So wohnt ganz unten der Zilpzalp, der am Waldboden eine Laube aus Moos und Blättern baut. Auch der Zaunkönig bevorzugt den Boden. Im tiefen Gestrüpp formt er ein Kugelnest aus Blättern, Efeu und Gras. Die Schwarzmeise zieht wiederum eine Etage höher. Ihr eiförmiges Nest baut sie aus Federn, Spinnweben und Moos in Sträuchern auf. Weiter oben wohnt der Schwarzspecht in selbstgezimmerten Baumhöhlen. Die Singdrossel bevorzugt die untere Baumkrone, während der Pirol hoch oben sein napfförmiges Nest aus Pflanzenteilen in die Astgabeln errichtet. „Es ist es wichtig, dass man zu Brut- und Setzzeiten die Waldwege nicht verlässt, gerade wenn man die Vögel in den unteren Etagen denkt“, so Biologe Martin Klatt, der den Pfad mit Geräten aus rostfreiem Stahl, Wissensspielen und Info-Tafeln mit konzipiert hat. Auch den Gesang der verschiedenen Vögel des Waldes erklingen per Knopfdruck.

Derlei Informationen erhält man auf dem neu errichteten Pfad, der den etwas in die Jahre gekommenen Walderlebnispfad ersetzt. Im Frühling 2023 soll ein weiterer Pfad hinzukommen, der dann Auenzwergenpfad heißt und sich an die ganz Kleinen richtet und noch spielerischer über den badischen Dschungel unweit des Rheinstrandbades Rappenwört informiert. Rund 200.000 Euro kosten beide Öko-Projekte insgesamt, die mit Förder- und Sponsoringmitteln errichtet werden. „Wir haben quasi aus dem bisherigen Walderlebnispfad zwei neue Pfade gemacht. Es geht in beiden Fällen um Wissensvermittlung, bei den Kindern dann natürlich wesentlicher spielerischer“, sagte Andreas Wolf, Geschäftsführer der Stiftung des Naturschutzzentrum Rappenwört, das aktuell seinen 25. Geburtstag feiert.

So gibt es eine weitere Station, die sich mit den Hauptdarstellern in den Auen befasst – den Bäumen. Der Silberweide, die meist direkt am Gewässerufer steht, der Schwarzpappel, die gerne in tieferen Überflutungszonen Wurzeln schlägt oder der Stieleiche, die auch stolze 800 Jahre alt werden kann. Bei einer weiteren Station kann man die heimischen Baumarten selbst bestimmen. Wie sehen sie aus? Wie das Blatt? Wie die Frucht? Für munteres Rätselraten ist gesorgt.

Am Rhein waren Flusspferde unterwegs

Auch mit der Historie beschäftigt sich der Weg. So erfährt man, dass in den Kalt- und Warmphasen der Eiszeit (bis vor rund 11.600 Jahren) der Rheinstrom ein verwildertes Flusssystem war, das sich permanent veränderte. In Kaltzeiten glich die Landschaft im Rheingraben der sibirischen Tundra. Mammuts, Wollnashörner und Rentiere breiteten sich aus. In Warmzeiten kamen Bäume und Sträucher hoch – wie in der afrikanischen Savanne. Statt Mammuts waren dann – man mag es kaum glauben – Waldelefanten, Auerochsen und Flusspferde unterwegs. Auch mit der näheren Historie und der Bändigung des Stroms unter Tulla beschäftigt sich der Auenerlebnispfad.

Bis ins 19. Jahrhundert mäanderte der Rhein in großen Schlingen. Das nah am Fluss gelegene Daxlanden wurde immer wieder überflutet und zerstört, ehe Ingenieur und Rheinbegradiger Tulla dem Strom seine heutige Form gab. Aktuell ist das integrierte Rheinprogramm geplant. Mit Weihern, Poldern und Dammrückverlegungen sollen wieder mehr Überflutungsflächen und Auen geschaffen werden.

„Die Frage stellte sich natürlich schon, warum hier ein Erlebnispfad, wenn das Areal in Zukunft immer wieder überflutet werden wird. Aber hier kommt das Hochwasser selten hin, wir befinden uns auf dem höherliegenden Gebiet“, so Wolf. Angetan von dem Öko-Projekt war auch Karlsruhes Umwelt-Bürgermeisterin Bettina Lisbach. „Hier wurde mit viel Ideenreichtum und Know-how etwas für die ganze Familie konzipiert. Nur wer etwas kennenlernt, lernt es auch zu wertschätzen“, so Lisbach.

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