Rheinzabern Alte Scheune am Erlenbach mit viel Fachwissen restauriert

Noch steht das Gerüst um die historische Scheune.
Noch steht das Gerüst um die historische Scheune.

Fachleute rieten schon zum Abriss. Doch Susanne und Willi Kuhn haben sich dennoch für die Sanierung einer alten Scheune entschieden. Nun erzählen sie mit leuchtenden Augen von Eichenbalken und Schießscharten.

Aus dem Dornröschenschlaf erwacht ist mitten in Rheinzabern eine riesige, uralte Scheune. Sie steht im rückwärtigen Bereich eines großen Grundstückes, direkt neben dem Erlenbach, in Sichtweite der katholischen Kirche St. Michael. Die Eigentümer, die das geschichtsträchtige Gebäude entgegen dem Rat einiger Fachleute nicht abgerissen haben, sondern seit Monaten aufwendig sanieren, sind Susanne und Willi Kuhn.

Susanne und Willi Kuhn auf der Baustelle.
Susanne und Willi Kuhn auf der Baustelle.

Bei einem Baustellenrundgang an einem sonnigen Sonntagvormittag erzählen die Eheleute stolz über ihr Projekt, weisen gefühlt bei jedem zweiten Balken, bei Fenstern und Türen, Steinen und Treppen auf eine Besonderheit, auf eine interessante Vorgeschichte, hin. Susanne und Willi Kuhn sind so emotional mit der Scheune verbunden, dass es nicht überrascht, als der 79-jährige Bauherr sich liebevoll an einen Balken aus Kiefernholz lehnt, aus einer Kiefer gesägt, die in seinem eigenen Wald stand.

Susanne Kuhns Geburtshaus

Die Sanierung der Scheune ist bereits das zweite Gebäude, das von den Kuhns in der Hauptstraße 47 von Grund auf erneuert wird. Vorne, an der Straße, steht ein großes Fachwerkhaus aus dem Barock-Zeitalter, das kernsaniert wurde und jetzt Platz für sechs Mietwohnungen bietet. Eigentümer des Anwesens wurden das Jockgrimer Paar erst vor einigen Jahren, Susanne kannte aber das ehemalige „Seeber-Haus“, wie es von alten Rheinzabernern genannt wird, schon seit ihrer Geburt: Sie wurde in dem Haus, das ihren Großeltern gehörte, geboren. Durch regelmäßige Besuche bei der Oma war es sowas wie ein zweites Zuhause für sie. Als die Großmutter, die das Haus 1915 von ihren Eltern zur Hochzeit geschenkt bekommen hatte, starb, wurde das Anwesen innerhalb der Familie vererbt, schließlich an einen Cousin von Susanne Kuhn. Er lebt nicht in der Pfalz und verkaufte Haus und Nebengebäude bald an die Kuhns.

Eine Lehmmauer.
Eine Lehmmauer.

„Als wir das Wohnhaus fertiggestellt hatten, stellte sich uns die große Frage, was jetzt mit der Scheune passieren soll“, schildert Willi Kuhn den Beginn des zweiten Projekt-Abschnittes. „Sollen wir auch die Scheune zu Wohnungen umbauen oder gar abreißen?“, so die Fragen, die im Raum standen. Es hätte jedoch nicht dem ursprünglichen Charakter des Anwesens entsprochen, auch im hinteren Bereich ein Wohnhaus zu etablieren. Aber abreißen, das wäre auch keine Lösung.

Abgerissen wurden nur kleinere, marode Nebengebäude zwischen Wohnhaus und Scheune, wie ein alte Waschküche oder der Unterstand für das Pferdefuhrwerk. Es sei für die Bauherren ein großes Glück gewesen, dass sie für das Sanieren der Scheune die Fachfirma Kern Holzbau und Sanierungen aus Königsbach-Stein gewinnen konnten. Warum, erklärt Willi Kuhn. „Die Firma hat unsere Scheune, die sich um 40 Zentimeter Richtung Bach geneigt hatte, wahrscheinlich ausgelöst durch die Sprengung der Bachbrücke am Ende des zweiten Weltkrieges, wieder komplett aufgerichtet.“

Schnitzereien von Flößern

Außerdem „haben die Fachwerk-Spezialisten alle Balken, die nicht zu stark beschädigt waren, an ihrem Platz belassen, aber geleimt und geschraubt und damit wieder stabilisiert.“ Überhaupt gehört das Thema Holz zu den Lieblingsthemen von Willi Kuhn. Er zeigt beeindruckt auf die dicksten Eichenbalken, die seit dem 16. Jahrhundert in der Scheune verbaut sind und noch viel früher angefangen zu wachsen. Und immer wieder große Fraßlöcher des Eichenbockkäfers haben. Bei Entkernen der Scheune, in der unten früher Stallungen und oben Heulager waren, „fanden wir sogar Balken mit Schnitzereien. Sie wurden von Flößern aus dem Murgtal in Schwarzwald in die Balken gehauen“ und werden an prominenter Stelle in der Scheune wiedereingesetzt.

Die Scheune hat Schießscharten Richtung Bach.
Die Scheune hat Schießscharten Richtung Bach.

Überhaupt verwendeten die Bauherren soweit wie möglich alte, gebrauchte Baumaterialien. Angefangen von den alten Treppen des Wohnhauses, die nicht den heutigen Vorschriften für Wohnhäuser entsprachen, alte Holzfenster und Türen finden einen neuen Platz in der Scheune, genauso wie Backsteine und Sandsteine, die beim Abriss der Nebengebäude frei wurden. Und rund 100 Festmeter Holz aus dem eigenen Wald wurde für die Scheune eingesetzt, wo die alten Balken nicht mehr zu retten waren.

Der Gewölbekeller.
Der Gewölbekeller.

Susanne Kuhn weist auf eine unverputzte Stelle an einer Wandfläche hin, dort ist nämlich der ursprüngliche Aufbau der Wände mit Stroh und einem Holzgerüst zu sehen. „Ich möchte diese Stelle sichtbar lassen, aber mit einer Glasscheibe schützen, so dass man sehen kann, wie früher gebaut wurde.“ Für alle Lehmarbeiten konnte ebenfalls eine ausgewiesene Fachfirma gefunden werden, die Bauwerkstätte Leitheiser aus Ilbesheim. Sogar Schießscharten finden sich noch in den alten Außenmauern der Scheune, die am Rande der alten Wehrmauern des historischen Rheinzabern steht.

500.000 Euro Investition

Demnächst, wenn die Arbeiten an der Außenhülle abgeschlossen sind, kommen das Gerüst und der Kran weg. Richtung Wohnhaus fehlt noch ein Teilstück einer Hofmauer, die das Areal nach hinten abgrenzt und die großen Scheunentore müssen noch eingebaut werden. Mittlerweile hat Willi Kuhn auch Ideen, wie er das imposante Gebäude, auch wieder landwirtschaftlich, nutzen möchte. „Wir haben rund 500.000 Euro in die Sanierung der Scheune gesteckt, was viel Geld ist“, so das Ehepaar. Und ergänzt: „Während der ganzen Planungs- und Bauphase war die Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt bei der Kreisverwaltung Germersheim und mit der Direktion Kulturelles Erbe beim Landesdenkmalamt in Mainz hervorragend.“

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