Kreis Germersheim Als die Ministerin lackieren lernte

Gleich vier Anlagen zum virtuellen Üben der verschiedenen Arbeitsschritte des Schweißens wurden gestern im Lkw-Werk Wörth der Daimler AG offiziell ihrer Bestimmung übergeben. Mit dabei die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig, die anlässlich einer Fortbildungsveranstaltung für 40 Lehrer nach Wörth gekommen war.

Mächtig stolz zeigten sich auch die ersten Auszubildenden, die unter Anleitung ihres Meisters Andreas Klöffer das „Virtual Welding“ (welding, engl. schweißen) des Herstellers Seabery präsentieren durften. Die Arbeit mit dem Gerät mache Spaß und sei sehr nachhaltig, meinte Aziz Avsar, der im ersten Ausbildungsjahr zum Werkzeugmechaniker ist und seine zweite Berufsausbildung nach dem Abitur durchläuft. Für ihn sei es wichtig, immer gleich eine Rückmeldung zu erhalten über seine Arbeit. Das leiste die computergesteuerte Anlage. Die Arbeit mit dem virtuellen Schweißgerät werde genau aufgezeichnet. Am Ende erhalte man die Möglichkeit, noch einen weiteren Versuch zu machen. Auch könne man sich gleich die Ergebnisse anschauen. Gemessen werde die Lichtbogenlänge, das Stickout, die Geschwindigkeit, die Anstell- und Brennerwinkel sowie die Geradlinigkeit der Schweißnaht. Bei der Vorführung für die Bildungsministerin erzielt sein Kollege Oliver Sauther ein sehr gutes Ergebnis: Trotz der vielen Zuschauer erreicht er einen Gesamtwert von 99 Prozent, allerdings im Anfängermodus, wie sein Meister Klöffer nachher anmerkt. Die Software ermögliche hier verschiedene Anforderungsebenen. Außerdem könne der Auszubildende seine Arbeit auch im Videofilm ansehen, sich kritische Stellen wiederholen lassen und daraus seine Schlüsse ziehen. Der Einsatz virtueller Werkzeuge nehme immer mehr zu, sei auch sinnvoll, weil Risiken minimiert werden. Natürlich ersetze das virtuelle Üben nicht die Praxis in der Schweißkabine der Ausbildungswerkstatt. Wer hier mit der Arbeit beginnt, kennt aber viele Dinge schon und weiß, worauf es bei den unterschiedlichsten Schweißtechniken ankommt. Berufliche Bildung mit dieser modernen Technik spreche die jungen Menschen an und sei zeitgemäß, so Daniel Brunner, Ausbildungsleiter in Wörth. Bildungsministerin Stefanie Hubig hofft darauf, dass praktische Anwendungen Kinder und Jugendliche für die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) begeistern können. Die Faszination für Technik aus dem Alltag solle deshalb von den Lehrern in die Schulen getragen werden. Bei ihrem ersten Besuch in der Ausbildungswerkstatt wird der Ministerin auch „Virtual Painting“ vorgeführt. Hier üben die Azubis den Umgang mit der Spritzpistole. Beliebtes Motiv ist, wie könnte es anders sein, der Mercedes-Stern. Auch hier erfolgen sofort die Auswertungen. Man sieht, woran es klemmt. Auszubildende Saskia Klehr aus Rastatt führt alles vor, ermuntert dann die Bildungsministerin, es doch einmal selbst auszuprobieren. Die Juristin nimmt die Spritzpistole in die rechte Hand und lackiert den Stern in verschiedenen Farben, auch rote und grüne Stellen erscheinen. Die Lackdichte liegt bei 88 Prozent, der Gesamtwert ihrer Leistung wird vom Computer mit 72 Prozent ausgegeben. Im Einsteigermodus! Die Auszubildende macht der Ministerin aber Mut: „Im Großen und Ganzen könnten Sie bei uns anfangen“, lässt sie wissen. Für eine praktische Übung am virtuellen Schweißgerät bleibt danach aber keine Zeit mehr. „Nächstes Mal, wenn ich Sie wieder besuche, probiere ich das auch aus.“ Die Ausbildungsvertreter von Daimler registrieren das wohlwollend, ebenso die Komplimente für die hervorragende Ausbildungsqualität und das Engagement in der Lehrer-Fortbildung. |fh

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