Büchelberg Agnes Niederer ist die erste 100-Jährige in Büchelberg

Agnes Niederer im Jahre 2021.
Agnes Niederer im Jahre 2021.

Ihren 100. Geburtstag feiern durfte dieser Tage Agnes Niederer. Sie ist in Büchelberg geboren und hat fast ihr ganzes Leben in der Bienwaldgemeinde verbracht. Dabei hat es das Schicksal nicht immer gut mit ihr gemeint.

Nach allem, was bekannt ist, dürfte Agnes Niederer die erste sein, die das Alter von 100 Jahren in der Bienwaldgemeinde Büchelberg erreicht hat. Die Jubilarin erblickte am 9. Dezember 1923 in Büchelberg das Licht der Welt. Als zweitältestes Kind wuchs sie mit zwei Schwestern und einem Bruder auf. Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend hat sie selbst vor einigen Jahren noch zu Papier gebracht. „Ich hatte keine schöne Jugendzeit“, schrieb sie damals. „Aber man war zufrieden.“

Agnes und ihre ältere Schwester mussten im landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb ihrer Eltern mitarbeiten. Ihr Vater war Wagner und hatte oft in seiner Werkstatt zu tun. So blieb den Kindern nichts übrig, als auf dem Feld mitzuarbeiten, Tabak zu setzen, zu brechen und einzulesen. „Beim Einlesen war es manchmal schön, wir haben dabei gesungen“, erinnert sie sich. Bei den Ordensschwestern im Dorf lernte sie nähen und stricken. Bald zogen dunkle Wolken über den Bienwald.

Zwei Mal wurd die Familie evakuiert

Schon 1938 kamen viele Fremde ins Dorf, der Westwall wurde gebaut. Und bald wurden auch Soldaten bei den Menschen einquartiert. Die an der Westfront wohnenden Menschen, vor allem jene, die innerhalb der „Roten Zone“ lebten, ereilte der Befehl zur Evakuierung. Am 1. September 1939 mussten Frauen mit Kindern und Jugendlichen über den Rhein in Richtung Heidelberg, später dann mit Bussen, Viehtransportern oder Leiterwagen bis ins mainfränkische Rüdenhausen. Diese Zeit hat Agnes Niederer nicht vergessen. Und auch nicht das nahe Kriegsende, als man in Büchelberg die nahe rückende Front bemerkte, oft bei Fliegeralarm im Bunker Schutz suchen musste und die Geschosse in bedrohlicher Nähe einschlagen hörte. Ein weiteres Mal musste das Dorf evakuiert werden, auch Agnes Niederer suchte mit anderen Schutz in Hatzenbühl und Kuhardt, später dann in der Nachbargemeinde Minfeld.

Dann durfte sie wieder in ihr Dorf zurück, um zunächst einmal festzustellen, dass dieses zu zwei Dritteln zerstört war. Auch ihr elterliches Haus. „Alles war kaputt, kein Haus und nichts mehr“, hielt sie in ihren Erinnerungen fest. Baracken wurden errichtet, in denen auch ihre Familie bis 1950 wohnte. Sechs Familien teilten sich eine Küche und zwei Schlafräume, schreibt sie in ihren Erinnerungen. Zu essen hatte man zwar, „weil wir unsere Kühe hatten“, aber dafür wenig Geld.

Sechs Kinder, elf Enkel und drei Urenkel

In den Nachkriegsjahren hatte sie auch ihren späteren Mann Robert kennen gelernt, den sie schließlich am 21. Oktober 1950 heiratete. Wegen der großen Wohnungsnot zogen die jungen Eheleute bei den Eltern der Braut ein, ehe sie sich 1956 ein eigenes Haus bauen konnten. Ihr Mann war zunächst Waldarbeiter und fand danach bei Betrieben wie DLW, Bersch oder Holtzmann sein Auskommen. Daneben betrieben sie gemeinsam eine Landwirtschaft, bauten Tabak an. Sechs Kinder wurden dem Ehepaar geschenkt, mittlerweile bereichern elf Enkel und drei Urenkel den Kreis der Familie.

Agnes half in all den Jahren in der Landwirtschaft mit, man hielt ja auch Schweine, Hühner und Kühe. Regelmäßig, so alle vier bis sechs Wochen, buk sie im eigenen Holzbackofen Brot. Gerne nahm unsere Jubilarin teil an den Treffen der Katholischen Frauengemeinschaft, Zeit für gemeinsame Urlaube hatte man nur im Winter. Und wollte sie sich einer Reisegruppe im Sommer anschließen, so musste ihr Mann wegen der Kinder und der Landwirtschaft zu Hause bleiben. Robert Niederer verstarb übrigens vor 20 Jahren.

Große Feier im Gemeindehaus

Agnes feierte ihren 90. Geburtstag noch bei bester Gesundheit. Nach einem stationären Krankenhausaufenthalt im August 2014 war sie dann aber auf Pflege und Unterstützung angewiesen, die sie im Haus bei ihrer Tochter Regina erfährt. Dass sie einmal 100 Jahre alt werden würde, hat vermutlich auch etwas mit ihren Genen zu tun. Schon ihre Mutter hätte diesen „runden Geburtstag“ fast erlebt. Sie starb aber mit neunundneunzigeinhalb Jahren.

Der erste 100. Geburtstag in Büchelberg wurde jetzt aber gebührend gefeiert, nicht nur im Kreis der großen Familie, die sich im Gemeindehaus traf. Gratuliert hat auch Ortsvorsteherin Stefanie Gerstner, zugleich für die Stadt Wörth und den Landkreis Germersheim. Agnes Niederer, deren Leben von sehr viel Arbeit geprägt und der ihre Familie immer ganz wichtig war, wurde an diesem Tag als starke Frau charakterisiert, der auch ihr tiefer Glaube immer wieder geholfen habe.

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