Kreis Bad Duerkheim „Von Märchen kann man viel lernen“

Die Gönnheimer Weintage stehen in diesem Jahr unter dem Motto „Märchenhaftes Gönnheim“. Dieses Thema greift die Protestantische Kirchengemeinde auf, die drei Märchen eine Predigtreihe widmet: „Der Fischer und seine Frau“, „Schneewittchen“ und „Hans im Glück“ stehen jeweils im Mittelpunkt der Sonntagspredigt. Pfarrerin Andrea Jung erklärt im RHEINPFALZ-Gespräch, was Märchen mit Religion zu tun haben, und warum sie nicht nur für Kinder gedacht sind.

Frau Jung, wenn man an Märchen denkt, kommt einem nicht sofort Religion in den Sinn. Warum haben Sie sich entschieden, diese Geschichten in den Gottesdienst einzubauen?

Beides hat meiner Meinung nach viel miteinander zu tun. Märchen und biblische Geschichten thematisieren Wahrheiten. Es werden in poetischer Form Lebensweisheiten vermittelt, die die Menschen berühren, da es sich um zutiefst menschliche Erfahrungen handelt. Wieso haben Sie diese drei Märchen ausgewählt? Ich habe den Predigern freie Wahl gelassen. Mein Mann, Oberkirchenrat Manfred Sutter, hat sich für „Hans im Glück“ entschieden, da dieses auch gut in die Jahreslosung „Gott nahe zu sein ist mein Glück“ passt. Ich bin gespannt, was Dr. Ludwig Burgdörfer aus dem Märchen „Der Fischer und seine Frau“ macht, da geht es ja um die Beziehung zwischen Mann und Frau. Eine andere Form der Beziehung werde ich mit „Schneewittchen“ genauer beleuchten. Vordergründig geht es um „Spieglein, Spieglein, wer ist die Schönste?“, aber auch um den Mutter-Tochter-Konflikt, der in unserer Gesellschaft immer noch ein brisantes Thema ist. Natürlich spielt da auch die Schönheitsthematik eine Rolle, gerade in unserer heutigen Gesellschaft. Man fragt sich: Bin ich schön genug für diese Welt? Man muss entweder schön sein oder eine bestimmte Leistung erbringen, um anerkannt zu werden. Aus theologischer Sicht heißt es: „Ich bin vor Gott schön.“ Auch Menschen, die diese beiden Merkmale nicht erfüllen, sind etwas wert, das ist ganz wichtig. Hat sich die Rolle der Märchen in unserer Gesellschaft verändert? Wir haben eine Kommerzialisierung in allen Lebensbereichen, das schließt auch die Märchen mit ein. Gerade bei der „Disneysierung“, also den Verfilmungen, kommen oft die uralten Weisheiten, die in den Märchen stecken, zu kurz. Am besten sollte man Märchen erzählen, die orale Tradition, die ursprüngliche Form der Märchenweitergabe, wiederentdecken. Gerade in der Schule mache ich die Erfahrung, dass die Kinder ganz gespannt zuhören, wenn man ihnen Geschichten erzählt. Mit Märchen verbindet man hauptsächlich die Kindheit. Als Erwachsener wird man oft von vielen belächelt, wenn man sich mit diesem „Kinderkram“ beschäftigt ... Dann haben diese Leute nicht verstanden, um was es bei Märchen geht. Die waren ursprünglich gar nicht für Kinder, sondern für Erwachsene gedacht. Eben wegen der Lebensweisheiten, die darin enthalten sind. Da kann man viel lernen und es lohnt sich gerade als Erwachsener, Märchen für sich neu zu entdecken. Was mich besonders daran fasziniert: Das Gute siegt immer. Aus theologischer Sicht ist dieses Hoffnungsprinzip mir absolut wichtig.

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