Kreis Bad Duerkheim Neues Leben auf Coleman

Seltene Vögel scheinen sich auf dem Gelände der ehemaligen Coleman-Kaserne sehr wohlzufühlen. Der Steinschmätzer und das Braunkehlchen sind dort bereits gesichtet worden. 160 seltene Tier- und Pflanzenarten kommen dort vor. Deshalb möchte das Regierungspräsidium Karlsruhe eine Fläche von 110 Hektar des Coleman-Geländes in Sandhofen zum Naturschutzgebiet auszuweisen.

„Als wir 2013 die Kartierung der Pflanzen und Tiere in Auftrag gaben, waren wir davon überzeugt, dass auf Coleman seltene Tiere und Pflanzen aus der hoch spezialisierten Gruppe der Sand- und Trockenrasen-Bewohner leben. Wie wir jetzt wissen, leben dort sogar 160 mehr oder weniger stark gefährdete Tier- und Pflanzenarten der Roten Listen Baden-Württembergs. Coleman ist eine Arche“, betonte Regierungspräsidentin Nicolette Kressl anlässlich der nun erfolgten Anhörung zum geplanten Naturschutzgebiet. Die Maßnahmen zur Ausweisung eines Naturschutzgebietes nehmen damit konkrete Form an. Beabsichtigt ist, mit 110 Hektar Offenlandbereich noch deutlich mehr Fläche als Naturschutzgebiet auszuweisen als zunächst geplant. Juristisch ist dies auch unabhängig von der derzeitigen Nutzung durch die US-Streitkräfte möglich. Angeregt vom Naturschutzbund (NABU), hatte eine genaue Untersuchung der Tier- und Pflanzenwelt des Areals in den letzten beiden Jahren das Vorhandensein von 62 Vogelarten ergeben, darunter auch stark vom Aussterben bedrohte Arten wie Steinschmätzer und Braunkehlchen. Gefunden wurden 36 mehr oder weniger stark gefährdete Arten von Spinnen, einige davon überhaupt zum ersten Mal in Baden-Württemberg. Auch bei den Wildbienen und Wespen (103 Arten, 37 davon auf der Roten Liste), Laufkäfern (26 Arten, 14 davon auf der Roten Liste) und Heuschrecken (21 Arten, 11 davon auf der Roten Liste) fand sich eine bemerkenswerte Artenfülle. Ähnlich außergewöhnlich ist auch die Pflanzenwelt. Grund ist der extrem sandige Boden, der so genannte Sandrasen. Geologisch handelt es sich um Reste einer Sanddünenlandschaft, die am Ende der letzten Eiszeit vor etwa 10000 Jahren entstand. Solche Sandrasen-Biotope kommen im ganzen Land nur noch an wenigen Stellen, in der Region von Mannheim bis Sandhausen und Hockenheim vor. Auf „Coleman“ blieben Tier- und Pflanzenwelt dank der militärischen Nutzung und Abgeschlossenheit lange Zeit ungestört. Es gab keine landwirtschaftliche Nutzung, weder Düngung noch Pflanzenschutzmittel. Nachdem die US-Army 2010 den kompletten Abzug aus Mannheim beschlossen hatte, war die Stadt von der Konversion des 226 Hektar großen Geländes im Mannheimer Norden ausgegangen. Zusammen mit den Bürgern wurden bereits konkrete Nutzungsideen entwickelt. Aufgrund internationaler Entwicklungen entschieden die US-Streitkräfte jedoch zu Jahresbeginn überraschend, das Kasernengelände nicht wie vorgesehen freizugegeben, sondern auf unbestimmte Zeit weiter zur Lagerung von Ausrüstung zu nutzen. Die Ausweisung als Naturschutzgebiet ist juristisch trotzdem möglich. Faktisch ist das Gelände für die Bevölkerung allerdings nicht zugänglich. So wird sich ein geplanter naturkundlicher Rundweg erst irgendwann in der Zukunft realisieren lassen. Im weiteren Verfahren haben nun zunächst die „Träger öffentlicher Belange“ Gelegenheit, sich in die Planung einzubringen. Danach beginnt die öffentliche Auslegung. „Vor Frühjahr 2016 ist nicht mit dem Abschluss des Verfahrens zu rechnen“, schätzt Dr. Christoph Aly, zuständiger Referent im Regierungspräsidium Karlsruhe.

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