Kreis Bad Duerkheim Ein Schiff im Familiennamen

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Es sind oftmals die kleinen Nachrichten, hinter denen eine große Geschichte steht. Etwa die folgende, die sich vor 100 Jahren ereignete und die bis heute Spuren hinterlassen hat. So bei den Nachfahren der ehemaligen Besatzungsmitglieder des kleinen Kreuzers SMS Emden im Ersten Weltkrieg, die zu ihrem Familiennamen immer noch den Zusatz „Emden“ tragen.

In der Rubrik „Vor 100 Jahren“ erinnert die Grünstadter Lokalausgabe der RHEINPFALZ an vergangene Geschehnisse. Am 10. Februar 2015 erschien diese Meldung: „Die Familie des Herrn Konrad Stechmeyer, der sich als Heizer auf dem im Indischen Ozean berühmt gewordenen Kreuzer Emden bis zu dessen ruhmreichen Untergange befand und nunmehr auf amerikanischem Boden in Sicherheit sein soll, erhielt vor kurzer Zeit von dem Bürgermeister der Stadt Emden ein Erinnerungsblatt zugesandt. Der künstlerisch ausgestattete Druck stellt die Taufurkunde des Kreuzers mit dem Bilde desselbigen dar und wurde sämtlichen Überlebenden der ,Emden’ an ihren Heimatort übermittelt. So ehrt die Stadt Emden die Mannschaft des Kreuzers, der ihren Namen der Geschichte aller Zeiten mit unvergänglichen Lettern einverleibt hat“. Soweit die Nachricht vor 100 Jahren. Konrad Stechmeyer (1892-1961) war ein echter Bissersheimer Bub. Am 3. August 1892 als Sohn von Konrad und Amalie in Bissersheim geboren und dort zur Schule gegangen, lernte er Schlosser bei der Firma Balcke in Frankenthal. In seiner Jugend pflegte Konrad Stechmeyer durch Fußballspielen gute Verbindungen zu Weisenheim am Sand. Seinem Tagebuch ist zu entnehmen, dass er im Frühjahr 1912 pflichtgemäß Soldat und gemustert wurde in Hennef an der Sieg, wo er zu jener Zeit wohnte und arbeitete. Er wurde für die 2. Werftdivision Wilhelmshaven bestimmt: „Da ich für die Marine immer etwas schwärmte, war es mir auch angenehm.“ Nach der Generalmusterung wenige Monate später gab er seine Stellung auf. Datiert ist der Dienstantritt bei der Marine zum 10. Januar 1913. Im Februar, „morgens beim Appell wurden wir auf Schiffe verteilt“. Das Kommando für Stechmeyer lautete, auf der SMS Emden Dienst zu tun. Am 1. März 1913 war die Vereidigung in Gegenwart Seiner Majestät Kaiser Wilhelm II. in Wilhelmshaven. Der Abschied für geplante zwei Jahre von den Lieben zu Hause und dem geliebten Vaterland fiel Stechmeyer nicht leicht. Der Gedanke und das „Streben, einmal die Welt zu sehen und kennenzulernen“, auf einem Schiff, „ringsumgeben von Wasser und über uns der gestirnte Himmel“, ließen ihn aber nicht los. Der Himmel über Europa indessen verdunkelte sich mit Wolken, die für die Menschheit nichts Gutes verheißen sollten. Mit Beginn des Ersten Weltkrieges verließ die SMS Emden am 2. August 1914 den Hafen und die Werft in Tsingtau (China), um die einzige ihr noch gebliebene Möglichkeit zum Kreuzerkrieg durch Kaperfahrten zu führen – die Alternative wäre die Kapitulation gewesen. Die SMS Emden schrieb Geschichte: „Der Ruhm der Taten des Kreuzers und seiner Besatzung verbreitete sich in aller Welt, denn die Wirkungen der Kapertätigkeit strahlten weit über den Indischen Ozean hinaus“, wird überliefert. Die Kohleversorgung soll auf der SMS Emden mit einer Bunkerkapazität von 790 Tonnen das größte Problem gewesen sein, schrieb Heizer Stechmeyer nieder. „Wenn knapp über 1000 Tonnen gebunkert wurden, litt darunter das Leben an Bord und die Gefechtstüchtigkeit“. Ein Gefecht bei den Cocos-Inseln im November 1914 wurde dem Schiff zum Schicksal. Stechmeyer konnte sich schwimmend retten und überlebte das Gefecht. Er verbrachte fünf Jahre auf Malta (damals Mitglied des British Commonwealth of Nations) im Kriegsgefangenenlager. 1920 kehrte er in seine Heimat zurück. Ein Jahr später heiratete er am 17. November 1921 in Weisenheim am Sand seine Frau Maria, geborene Früh. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor. Zwei davon, Friedel Euler, geborene Stechmeyer-Emden (heute 75 Jahre) und Dr. Kurt Stechmeyer-Emden (heute 84 Jahre), wohnen noch in Weisenheim am Sand. Den Besatzungsangehörigen der SMS Emden wurde per Landesgesetz und nach dem Willen der gleichnamigen Stadt nach dem Ersten Weltkrieg als Anerkennung ihrer Tapferkeit zum Familiennamen die Bezeichnung „Emden“ verliehen. Was auch für alle Nachfahren Gültigkeit hat. Stechmeyer-Emden habe viel über seine Weltreisen auf hoher See und die Landaufenthalte erzählt, berichtet im Gespräch mit der der 84-jährige Sohn Kurt Stechmeyer-Emden. Konrad arbeitete nach seiner Rückkehr wieder bei der Firma Balcke, Frankenthal, hielt Vorträge bei Versammlungen und war ein hoch geschätztes Mitglied der Marinekameradschaft Frankenthal. Er, der alle Weltmeere durchkreuzt hatte und viele Länder sah, starb nach kurzer Krankheit 68-jährig am 20. Mai 1961. Was der , Frankenthaler Ausgabe, einen Artikel wert war: „In Weisenheim am Sand wurde gestern unter großer Anteilnahme der im Alter von 68 Jahren verstorbene, ehemalige Besatzungsangehörige des Kreuzers ,Emden’, Konrad Stechmeyer-Emden, zur letzten Ruhe geleitet.“ Vor einigen Jahren entstand ein Vortrag, der die Familienhistorie im Kontext der Fahrten der SMS Emden 1909 bis 1914 herausarbeitet. Autor ist einer seiner Enkel, Klaus Stechmeyer-Emden (53 Jahre alt).

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