Kreis Bad Duerkheim „Das Leben wird sich nicht ändern“

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Herr Werner, ist alles bereit? Können die ersten Flüchtlinge kommen?

Jetzt noch nicht. Die Halle, sie ist etwa so groß wie drei Fußballfelder, ist ausgeräumt und gesäubert, mehr auch nicht. Die Grundeinrichtung – wie Betten, Stellwände, Speisebereich – wird die Bundeswehr aufstellen. Für die Wohnbereiche sind drei Abteilungen geplant: für Familien, Männer und allein reisende Damen. Die werden abgetrennt, wahrscheinlich mit Sichtschutz-Wänden. Wie das genau aussieht, ist aber noch unklar. Privatsphäre ist da ja kaum möglich. Das ist richtig. Ich habe mir die Erstaufnahmeeinrichtung in Ingelheim angeschaut, dort sind derzeit 350 Flüchtlinge untergebracht: Dort wird mit Laken zwischen Doppelstock-Betten versucht, etwas privaten Raum zu schaffen. Wie war Ihr Eindruck von Ingelheim? Ich war beeindruckt. Denn die Kollegen haben es dort trotz der Umstände geschafft, eine fast familiäre Atmosphäre herzustellen, einfach durch ihre zwischenmenschliche Art. Das müssen wir hier auch hinbekommen. Wie wollen Sie das schaffen? Wir müssen die Menschen beschäftigen. Das wird eine der größten Herausforderungen werden. Würden wir die Menschen sich selbst überlassen, könnten schnell Konflikte entstehen. Haben Sie dafür schon konkrete Vorstellungen? Oh, ich habe viele Vorstellungen. Da es ja meist junge Menschen sind, wären Sportangebote gut, wie Fußball oder Tischtennis. Aber auch zum Beispiel ein gemeinsames Singen mit einem Gesangverein aus dem Ort. Der Wald ist nicht weit: Da könnten Spaziergänge angeboten werden. Auch ein Kinoabend ist denkbar. Gut wäre es, wenn es ein wöchentliches Programm geben würde. Außerdem sind eine Kleiderkammer, ein Café oder eine Teestube sowie eine Spielstube geplant, wie auch ein Fahrdienst, der die Flüchtlinge mal zum Einkaufen fährt. Für das alles brauchen wir unbedingt die ehrenamtliche Unterstützung der Schifferstadter Vereine und Bürger. Für andere Ideen sind wir auch dankbar. Welche Aufgaben hat das DRK? Die Außenstelle ist eine Einrichtung des Landes. Das Land mietet die Halle und beauftragt verschiedene Personen oder Unternehmen für die unterschiedlichen Aufgaben, wie Sicherheit oder das Essen. Der DRK-Kreisverband verwaltet die Außenstelle. Und die Verwaltungsarbeit wird enorm sein. Wir sind verantwortlich für die Aufnahmeprozedur, die Versorgung mit Kleidern, die medizinische Versorgung, die Betreuung der Kinder und so weiter. Die Kinder gehen ja hier in Schifferstadt in keine Kindertagesstätte. Darum wird es eine Art Kita geben, wo sich qualifizierte Leute mit ihnen beschäftigen. Das wird ab dem Zeitpunkt der Ankunft schon notwendig sein. Die Kinder sitzen den ganzen Tag auf Mamas Schoß und schlafen – bis sie hier ankommen. Dann sind sie hellwach – Mama nicht, die ist todmüde. Ihr Kreisverband hat mit einer solchen Einrichtung keine Erfahrung. Woher nehmen Sie das Know-how? Der Landesverband des DRK unterstützt uns. Landesweit betreibt das DRK rund 20 Einrichtungen. Diese Erfahrung kommt uns hier auch zugute. Denn: Oft waren es Kleinigkeiten, die zu Problemen geführt haben. Zum Beispiel? Die Leute begannen irgendwann, heimische Gerichte in der Unterkunft zu kochen. Dazu wurden Kochplatten, Wasserkocher und so weiter gekauft und ans Stromnetz angeschlossen – mit sicherheitstechnischen Gefahren. Gelöst hat man das in Ingelheim zum Beispiel mit der Einrichtung einer Gemeinschaftsküche. Oder das Aufladen der Handys – da wurde dann eine gemeinschaftliche Ladestation gebaut. Der Kreisverband stellt das Personal. Ist das in der kurzen Zeit überhaupt zu finden? Es gibt einen Stellenplan für die hauptamtlichen Kräfte: Die Zahl der Mitarbeiter wächst stufenweise, je mehr Flüchtlinge kommen. 1000 Flüchtlinge ist dabei die endgültige Auslastung. Es kommen ja nicht alle auf einen Schlag, das wird stetig ansteigen. 30 bis 35 hauptamtliche Leute brauchen wir zunächst. Ich bin zuversichtlich, dass wir die finden. Das Kern-Team steht bereits. Wir suchen zunächst Leute aus dem Kreisverband und den umliegenden DRK-Verbänden, weil wir die Mitarbeiter und ihre Qualifikationen kennen. Bei manchen Berufsgruppen wird’s schwierig: Erzieher oder Sozialpädagogen etwa. Aber ich bin mir sicher, ähnlich qualifizierte Helfer zu finden. Wie wird die Hygiene gewährleistet? Denn in der ehemaligen Fabrikhalle gibt es ja keine Duschen und Toiletten für 1000 Menschen. Es wird in der Halle ein großes Sanitär-Zelt mit Toiletten und Duschen aufgebaut. Die Reinigung übernimmt ein vom Land beauftragtes Unternehmen. Wird sich das Leben in Schifferstadt verändern? Es wird sich wahrscheinlich nicht groß verändern – schon allein dadurch, dass die Außenstelle außerhalb liegt. Jedoch für die Menschen, die hauptamtlich oder ehrenamtlich helfen werden, wird es eine neue Erfahrung werden.

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