Kreis Bad Duerkheim „Auf dem richtigen Weg“

Volkstümlich: Der Jahrestag der Domweihe wird begossen.
Volkstümlich: Der Jahrestag der Domweihe wird begossen.
Herr Bischof Wiesemann, Ihr Generalvikar Franz Jung wird in Würzburg bald das erleben, was bei Ihnen vor zehn Jahren der Fall war: in eine neue Stadt zu kommen und als Bischof gleich eine öffentliche Rolle zu spielen. Was raten Sie ihm aus Ihren Erfahrungen heraus für den Start?

Ich habe Speyer vor zehn Jahren nur von kurzen Besuchen im Dom und im Karmel gekannt. Ich wusste, ich kann nicht einfach mit meinem eigenen Konzept kommen, sondern ich muss die Leute kennen lernen. Das ist deshalb mein erster Rat: zuhören, zuhören, zuhören. Franz Jung weiß, dass man das Amt eines Bischofs nicht alleine führen kann, er wird die Begegnung mit den Menschen suchen, da bin ich überzeugt. Wie haben Sie dann Speyer im Lauf der Zeit kennen gelernt? Als Stadt, in der man sehr gut leben kann. Die überschaubar ist, aber alles Wichtige und Lebenskultur in besonderer Weise zu bieten hat. Die den Dom als großartiges Erbe und besondere Pflicht hat. Und deren Menschen sehr offen sind, bereit auf andere zuzugehen, von positiver Geselligkeit. Es macht mir Freude, hier wohnen und wirken zu können. Sie haben die Wesensart angesprochen: Wie kommen Sie als gebürtiger Westfale mit den Pfälzern zurecht? Sehr gut, wobei für mich interessant war, dass es innerhalb des Bistums deutliche Mentalitätsunterschiede gibt. Meine Mutter stammte aus dem Rheinland, dessen Bewohnern ja eine große Offenheit nachgesagt wird, mein Vater aus dem Sauerland, beruflich hat es sie nach Ostwestfalen verschlagen. Daher kann ich sagen, es gibt auch in der Pfalz die rheinischen, offenen Gebiete, aber auch Regionen, die ich eher mit der westfälischen Mentalität verbinden würde: wo es etwas länger dauert, bis der Kontakt zu den Menschen hergestellt ist, der aber nichtsdestotrotz sehr tief sein kann. Wie öffentlich ist Ihr Leben in Speyer, können Sie hier auch mal ganz einfach Privatmann sein? Wenn ich draußen unterwegs bin, werde ich schon vom einen oder anderen angesprochen. Es sind aber auch viele Touristen unterwegs, die mich eher nicht erkennen. Ich bin hier nie ganz privat, habe das aber nie als Einschränkung empfunden. Ihre Bischofsjahre fielen ja in eine Zeit, in der dieses Amt in Deutschland teils unter besonderer Beobachtung stand. Da war der Fall des einstigen Bischofs Tebartz-van Elst in Limburg, der ungefähr mit Ihnen ins Amt gekommen war. Hat das in Ihrer Amtsausübung etwas verändert? Natürlich. Es war vor allem Anlass zu schauen, wie wir die Bistumsfinanzen transparenter machen können. Wir waren dann meines Wissens eines der ersten Bistümer, die das soweit möglich gemacht haben. Zu besonderen Anlässen haben wir auch das Bischofshaus geöffnet. Wir haben nichts zu verbergen. Haben Sie Ihr persönliches Auftreten angepasst? Nein, ich habe von Anfang an versucht, gewissenhaft mit den Dingen umzugehen, glaubwürdig zu sein. Hat es etwas verändert, dass in dieser Zeit die sozialen Netzwerke groß geworden sind und dass etwa mit Politikern eine andere Gruppe aus dem öffentlichen Leben über unfreundliche Reaktionen berichtet? Es ist unglaublich, was sich da getan hat. Und natürlich gibt es auch in einem Bistum immer mal wieder Anlässe, bei denen über diese Kanäle angemessene und auch nicht angemessene Reaktionen erfolgen. Das gehört ein bisschen zu unserer heutigen Zeit. Es ist gut, dass Bürger diese Möglichkeit zur Reaktion haben, aber die Diskussionen müssen sachgerecht sein, und die Anonymität im Netz darf nicht für persönliche Verletzungen, Hasstiraden und Beschimpfungen missbraucht werden. Tut es Ihnen weh, wenn Gottesdienstgemeinden schrumpfen und Angebote kirchlicher Gruppen eingestellt werden müssen, etwa weil die Aktiven zu alt sind? Das ist eine Tendenz, die ja angehalten hat. Ich sehe es als die ganz entscheidende Herausforderung an, wie wir als Kirche wieder über unsere Kerne hinaus wachsen können. Deshalb will ich von den Pfarreien im Bistum, dass sie in ihren pastoralen Konzepten auch über den Tellerrand hinausschauen. Auch Papst Franziskus fordert, dass wir mehr hinausgehen sollen in die Welt. Dabei darf man nicht übersehen, dass im Kleinen durchaus einige Dinge wachsen. Da kann ich die Netzgemeinde „DaZwischen“ nennen oder ganz aktuell auch ökumenische Exerzitien. Das braucht Zeit, aber ich glaube sagen zu können, dass wir mit den Reformen auf dem richtigen Weg sind. Was bedeutet Ihnen das Jubiläum, das Sie jetzt feiern, persönlich? Wenn ich zurückblicke, bin ich vor allem dankbar für die Menschen, die mitgegangen sind, auch bei schwierigen Veränderungsprozessen wie der Gemeindereform. Wichtige Visionen müssen gemeinsam getragen werden. Ich will da als Bischof Motivator sein. Das alles geht nicht einfach von oben, das geht nur im Miteinander der diözesanen Gremien, der Haupt- und Ehrenamtlichen. Ist es für einen relativ jungen Bischof im eher kleinen Speyer auch ein Gedanke, ob es noch Möglichkeiten für einen Karrieresprung gibt? Ich bin immer sehr gerne auch Pfarrer gewesen. Ohne die Erfahrungen als Pfarrer in Brilon mit einer Gemeinde von mehr als 10.000 Katholiken wäre mir mein Amt in Speyer sicher schwerer gefallen. Insofern geht es mir nicht um Perspektiven oder Karrieresprünge: Es ist eine ganz große Herausforderung, heute Bischof zu sein, und das bin ich gerne an dem Ort, an dem ich es bin. Zur Person Karl-Heinz Wiesemann, geboren 1960 in Herford, ist promovierter Theologe und seit 1985 katholischer Priester. 2002 wurde er zum Weihbischof des Erzbistums Paderborn ernannt, im März 2008 als 96. Bischof von Speyer eingeführt.

x