Donnersbergkreis „Erstmal selbst befreien“

Ließ auch ihr darstellerisches Temperament aufleben: Pfalztheater-Schauspielerin Hannelore Bähr.
Ließ auch ihr darstellerisches Temperament aufleben: Pfalztheater-Schauspielerin Hannelore Bähr.

«ROCKENHAUSEN.» Passend zum Weltfrauentag las die Schauspielerin Hannelore Bähr am Donnerstagabend in der Stadtbücherei ausgewählte Texte über das weibliche Geschlecht unter dem Motto „Unbeschreiblich weiblich“. Dabei wurde es mal frech, mal liebevoll und mal respektlos. Mit Humor und Leidenschaft trug Bähr die Texte vor und begeisterte die zahlreichen Gäste. Abgerundet wurde der Abend durch die musikalische Begleitung des Ehepaares Schitter an Klavinova und Kontrabass.

„Ehret die Frauen“ stieß Hannelore Bähr inbrünstig hinaus und stieg mit der „Würde der Frauen“ von Friedrich Schiller in ihre Lesung über das starke Geschlecht im Wandel der Zeit ein. „Unbeschreiblich weiblich“ war auch das Publikum selbst, das fast nur aus Frauen bestand, und bei der hohen Anzahl der Besucherinnen auf der Suche nach einem freien Platz war auch etwas Improvisation gefragt. Unterhalten wurden die Zuhörerinnen und Zuhörer nicht nur durch die Lesung der 56-jährigen Schauspielerin, sondern auch musikalisch durch Jutta und Peter Schitter, die Stücke von Johann Sebastian Bach zum Besten gaben. Bähr nahm die Gäste mit auf eine kleine literarische Reise durch die Vergangenheit und zeigte, wie die Frau damals und heute wahrgenommen und thematisiert wurde. Mit der Schöpfungsgeschichte erinnerte sie daran, zu „welchem Zwecke“ die Frau erschaffen worden sein soll, „aus der Rippe des Mannes geschaffen um eine Gehilfin des Menschen zu sein“. „Ein nötiges Übel“ sei die Frau, so der Ausschnitt aus einem Text von Martin Luther um 1510. Doch räumt Luther in seiner Niederschrift ein, dass die Frau vermutlich das Gleiche über den Mann äußern würde, wenn sie nur schreiben könnte. Lyrisch wurde es dann mit dem Gedicht „Rat einer Alten“ von Eduard Mörike von 1850, in dem eine alte Frau glaubt der Jugend etwas raten zu können – vergeblich natürlich. Thematisiert wurden in den ausgewählten Texten auch, dass Männer Dinge oft anders angehen. Das Wechseln einer Glühbirne soll beim Mann zunächst zwei Fragen an die eigene Frau führen: „Haben wir eine?“ „Wo ist die Leiter?“ Frauen hingegen lösen bei dieser Tätigkeit meist ungewollte Kettenreaktionen aus, denn die Schublade, in der man die gesuchte Glühbirne findet, muss erst mal wieder aufgeräumt werden … Besonders unterhaltsam wurde es dann mit dem Liedtext von Lisa Fitz und der enthaltenen Aufforderung an die Frau ihre Zeit nicht zu verschwenden –„Gehen Sie fremd“, heißt es hier. In pfälzischer Mundart trug Hannelore Bähr den Liedtext „Neckarbrückenblues“ von der gebürtigen Rockenhausenerin Erna Liebenow, besser bekannt als Joy Flemming, vor, in dem der Mann „iwwer die Brick“ zu der Anderen glaubt, gehen zu müssen. Aber, die Erkenntnis kommt schnell: „Die Männer kumme alleweil widder zurick, dann sinn`se hungrig oder krank.“ Vom Fremdgehen führte Bähr ihre Zuhörer zur Romantik, die laut eines Textes von Sibylle Berg „Bullshit“ ist, denn Frauen würden oft an sich und ihren Ansprüchen scheitern. So heißt es bei Berg: „Du hast die Wahl: Romantisch sein und leiden oder Romantik vergessen und glücklich sein.“ „Kläglich“ sei die „Leistung der Frau in der Kultur“ so ein Gedicht von Mascha Kaleko aus dem Jahr 1950, in dem deutlich wird, dass es an weiblichen Malern, Komponisten und Dichtern fehlt. Mit einem Liedtext von Nina Hagen kam Hannelore Bähr auf die „Pflicht der Frau“, Kinder bekommen zu müssen, zu sprechen. In dem Text sträubt sich Hagen gegen die gesellschaftlichen Standards, denn wichtiger sei es, das Leben zu genießen: „Vor dem ersten Kinderschreien muss ich mich erst mal selbst befreien“. Dass das Bild der Frau heutzutage unter anderem von Frauenzeitschriften geschaffen wird, beschäftigte Elke Heidenreich, die polemisch in einem Text über die ideale Frau schreibt und auffordert, sich selbst zu sein. Ambivalent hierzu sei, so Bähr, dass Heidenreichs Text in genau solch einem Frauenmagazin erschienen ist. Ein interessantes Bild der Ehefrau bot Bähr schließlich noch mit einem Text aus einem amerikanischen Magazin von 1955 „Wie werde ich eine gute Ehefrau?“, der Vorschläge aneinanderreihte, die heute eher zum Schmunzeln und Kopfschütteln anregen. In den Zuschauerreihen ertönte es deshalb scherzhaft: „Da machen wir alles falsch“. Dass an der Gleichstellung und dem Umgang mit Frauen heute noch gearbeitet werden muss, zeigte der Inhalt einer Rede von Michelle Obama aus dem Jahr 2016 im Rahmen des Wahlkampfes. Bähr trug die Rede, die besonders die Kritik an Donald Trump bezüglich des Themas zum Ausdruck brachte, so fantastisch und authentisch vor, dass die Zuhörerinnen sehr nachdenklich und zustimmend wurden und unter sich kleine Diskussionen in Gang setzten.

x