Donnersbergkreis Das Gottesurteil des heiligen Gangolf

Ein Ort mit dunkler und weit zurückreichender Geschichte: die Eremitenklause zwischen Imsbach und Steinbach.
Ein Ort mit dunkler und weit zurückreichender Geschichte: die Eremitenklause zwischen Imsbach und Steinbach.

Ein leicht verwittertes Holzschild mit der Inschrift „Eremitenklause 15. Jahrh.“ weist am Pfälzer Höhenweg zwischen Imsbach und Steinbach auf eine versteckt im Wald liegende Felsenhöhle hin. Hier, etwa einen Kilometer vom Hahnweilerhof entfernt, entspringt am oberen Ende eines Tales auch eine Quelle. Die Geschichte, die man sich seit alters her über diesen Ort erzählt, fehlt in keinem Pfälzischen Sagenbuch.

Im Sachverhalt dieser Sage sind sich die verschiedenen Autoren weitgehend einig: Zwei Kinder vom Hahnweilerhof suchten im Wald nach Erdbeeren. Sie bekamen Durst und gingen zur Klausnerhütte, um aus der Quelle, bei F. W. Hebel einem Brünnchen, zu trinken. Als sie sich über das Wasser beugten, spiegelte sich darin „eine gar sonderbare Gestalt“. Sie schauten auf und sahen ein altes, graues Männlein mit einer Kutte bekleidet und einem Pilgerstab in der Hand. Es war der Klausner, der den erschrockenen Kindern riet, sich satt zu trinken, wenn ihnen das Wasser schmecke; sei das Wasser aber nicht gut, sollten sie schnell weglaufen. Von Furcht gepackt rannten die Kinder los. Der Klausner stieß hierauf seinen Stab mitten in die Quelle, der schon bald ausschlug und zu einer mächtigen Buche heranwuchs, „die fürderhin die Quelle wie eine schützende Hand überspannte“, wie bei Viktor Carl zu lesen ist. Nach Hebel habe der Baum noch gestanden, als er 1905 seine „Pfälzischen Sagen“ veröffentlichte, aber das Brünnchen befände sich jetzt weiter unterhalb der Klausnerhütte. Margriet Diergarten, die selbst zehn Jahre auf dem Hahnweilerhof lebte und heute in Sippersfeld wohnt, widmet in ihrer mit Werner Rasche und Willibald Schrader verfassten und 1992 veröffentlichten „Börrstadter Ortsgeschichte“ der Eremitenklause und ihrer Quelle einen längeren Abschnitt. Darin kommt sie zu der Annahme, die Klause habe eine viel ältere Geschichte, als je vermutet worden sei. Sie endet mit der interessanten Frage, ob „die Klause und die daneben liegenden Quellen nicht vielleicht in Urzeiten ein Quell- der Höhlenheiligtum unserer Vorfahren, der Kelten und/oder Germanen“ gewesen sein könnten. Diergarten beschreibt die Klause als ungefähr 2,40 mal 3,70 Meter großen Raum mit knapp mannshohem Eingang, einer Öffnung nach oben und einem Kreuzgewölbe. Das leicht zu bearbeitende Gestein könne schon in prähistorischer Zeit ausgehöhlt worden sein, aber auch zu jeder späteren Zeit. Diese Höhle werde seit Menschengedenken Eremitenklause genannt – warum, wisse niemand mehr. In einer Urkunde von 1468 wird diese Waldabteilung als „Klausenbosch“ und zu Beginn des 20. Jahrhunderts allgemein nur noch als „Klause“ bezeichnet. Daraus schließt Diergarten, dass die Höhle schon vor 1468 vorhanden und von einem Eremiten bewohnt gewesen sein müsse. Die Klause habe dem Wald den Namen gegeben, nicht umgekehrt. 1707 sei in der als „cellula saxea“ (lat. Felsenzelle) bezeichneten Höhle von einer Familie Schöffer Kindtaufe gefeiert worden, wie Pfarrer A. Hoffmann in seiner 1952 herausgegebenen „Geschichte von Börrstadt“ aus einem alten Kirchenbuch zitiert. Diergarten sieht darin den „sprachlich begründeten“ Beweis für die Existenz der Eremitenklause. Als spekulativ bezeichnet sie es hingegen, wenn sie selbst die Klausnersage in die Nähe der Legende um den heiligen Gangolf rückt. Dabei bezieht sie sich zunächst auf Urkunden von 1410, 1518 und 1558, wonach es am Hahnweilerhof neben einer Kirche mit „Altarpfründe zum heiligen Gangolf“ noch eine nach Gangolf benannte Kapelle gegeben haben müsste. Auch der Hinweis bei Hoffmann, die „Kisselheck“ habe früher „Gangloffwiese“ geheißen, wobei Gangloff als Schreibvariante von Gangolf anzunehmen ist, könnte als Indiz für die Wahrscheinlichkeit von Diergartens Hypothese gewertet werden. Sowohl in der Klausnersage als auch in der Legende um Sankt Gangolf dreht sich die Handlung um eine Quelle. Gangolf, ein burgundischer Ritter und Heerführer in Diensten des Frankenkönigs Pippin, kaufte auf einer Pilgerreise eine Quelle wegen deren köstlichen Wassers. Als er nach der Rückkehr in seinem Heimatort Varennes seinen Pilgerstab in den Boden stieß, sprudelte dort auf wundersame Weise eine Quelle, deren Wasser sogar Heilkräfte nachgesagt wurde. Später, von einem Kriegszug heimgekehrt, überführte er durch ein Gottesgericht seine Frau des Ehebruchs mit einem Priester und wurde von diesem getötet. Daraus schließt Diergarten, dass sich um Quelle, Klause und Klausner am Hahnweilerhof die Legende des heiligen Gangolfs ranke. Es läge nahe, in der Felsenhöhle die verschwundene Kapelle zu sehen. Die Parallelen zwischen Legende und Sage seien nach Diergarten offensichtlich: „Das Gottesgericht der Legende (die Frau musste zur Wahrheitsfindung eine Hand in eine – heiße – Quelle tauchen; war sie schuldig, verbrannte die Hand, zeigte sie keine Verbrennungen, bewies das ihre Unschuld) wird in der Sage zu dem Motiv der Trinkbarkeit des Wassers umgestaltet.“ Eine sprudelnde Quelle sucht man heute bei der Klause vergebens. Stattdessen ragen zwei unterschiedlich große, aus Betonringen hergestellte, abgedeckte Brunnenschächte aus dem Waldboden hervor. Die Quelle in der Staatswaldabteilung „Klause“ wurde 1911 von fünf Familien des Hahnweilerhofes in „einer Art Wasserwerksgenossenschaft“ , so Diergarten, gefasst. Von dort beziehe der Hahnweilerhof seither sein Wasser, wie in einem Excursionsskript von Werner Rasche geschrieben steht. Info Gibt es auch in Ihrem Dorf Brunnen mit interessanter Geschichte beziehungsweise interessanten Geschichten? Dann schreiben Sie uns: reddonn@rheinpfalz.de.

x