Donnersbergkreis Das „Gewissen der Region“ ist tot

Theologe der Weltverantwortung: Elmar Funk.
Theologe der Weltverantwortung: Elmar Funk.

«KIRCHHEIMBOLANDEN.»Manche Todesnachricht kommt einem Beben gleich. Das ist eine solche: Elmar Funk ist tot. Er starb am Montag überraschend im Alter von 76 Jahren. Der streitbare protestantische Pfarrer, Menschenrechtler, Charismatiker, Streiter für Frieden und Gerechtigkeit, für Demokratie und Menschenwürde, der Nothelfer, dem die Welt für sein Wirken kaum groß genug war, gehörte zweifellos zu den Menschen, für die man den Begriff „prägende Persönlichkeit“, gäbe es ihn nicht, erfinden müsste.

Elmar Funk war ein Mann mit Ecken und Kanten, selbstbewusst, beharrlich und unbeirrbar im Eintreten für seine Überzeugungen, einer, der den Konflikt nie gescheut und sich auch in die erste Reihe gestellt hat, wenn es aufzutreten galt etwa gegen braunes Gedankengut, Menschenrechtsverletzungen, Ungerechtigkeit. Und er war einer, der Wellen der Hilfsbereitschaft anzustoßen vermochte bei Katastrophen weltweit. Ob es um Erdbeben in der Türkei und den Wiederaufbau des Dorfes Karatepe ging, um Tsunamiopfer in Japan oder um die Flutkatastrophe in Sachsen und die gezielte Hilfe für die Menschen in Schmiedeberg: Elmar Funk konnte hier Hilfsinitiativen entfachen, die noch in der Erinnerung Staunen hervorrufen mit ihrer enormen Resonanz und den immensen Summen, die zusammengetragen wurden, um Menschen zu helfen. Geboren in Oberbayern, aufgewachsen im Ruhrgebiet, hat Elmar Funk in Bethel, Tübingen, Heidelberg und Münster protestantische Theologie studiert und kam 1970 als Pfarrer nach Kirchheimbolanden, wo er von Anfang an weit über den Rahmen des Gemeindepfarramtes hinaus im Sinne seiner Überzeugungen aktiv wurde. Als Religionslehrer im Nordpfalzgymnasium prägte er ganze Schülergenerationen, brachte in den 70er Jahren Hundertschaften etwa für Hungermärsche zugunsten von Hilfsprojekten in Südamerika auf die Beine. Er rief 1972 die hiesige Ortsgruppe von Amnesty International ins Leben – schaffte es sogar Ende der 70er Jahre, den Amnesty-Bundeskongress in die Kleine Residenz zu holen. Namhafte Künstler gewann er als Spender für spektakuläre Kunstauktionen zugunsten der Menschenrechtsarbeit – heute ein Teil des Kirchheimbolander Kulturnacht. Er initiierte die Kirchheimbolander Friedenstage, die den Elan der Friedensbewegung über Jahrzehnte hinweg bis in die Gegenwart weitertragen mit ihrem reichhaltigen Veranstaltungsprogramm, motivierend und mit klaren Botschaften. Er schuf mit Mitstreitern die Donnersberger Initiative für Menschen in Not und damit eine sehr effektive Hilfsinstanz, die im Großen, wie etwa bei der Hochwasserkatastrophe vor wenigen Jahren im Moscheltal, aber auch in zahllosen Einzelfällen Notlagen wenden oder zumindest lindern konnte und kann. Auch seine besonderen Talente setzte er ein, sei es die Geige – oder seien es seine beachtlichen fußballerischen Qualitäten, mit denen der bekennende FCK-Fan, oft als „Fußballverrückter“ beschrieben, zum Aktivposten der „Pälzer Parre“ wurde und deren Mission gemeinsam mit den kickenden Kollegen über mehrere Kontinente trug. Ein Brückenbauer war er ebenso mit den Hilfsaktionen der Kirchengemeinde für Waisenkinder in Tschernjachowsk, woraus sich die heutige Städtepartnerschaft entwickeln konnte. Als Geistlicher sah er sich einer Theologie der Weltverantwortung verpflichtet, was sein grenzübergreifendes Wirken auch klar zum Ausdruck bringt. Stark geprägt wurde sein Theologieverständnis, wie er selbst einmal geäußert hat, von seiner Zeit in Bethel und den Begegnungen mit den Kranken und dem Elend in den Bodelschwingschen Anstalten. 2004 trat er als Gemeindepfarrer in den Ruhestand, ohne damit die Hände in den Schoß zu legen. Er führte die Arbeit für Amnesty, für die Friedenstage, für die Donnersberger Initiative fort, auch wenn er nach und nach in die zweite Reihe trat. Er organisierte einen Schweigemarsch gegen Brandanschläge auf Flüchtlingsheime, blieb ein Mahner gegen die „rechte Pest“, sorgte für ein lebendiges Gedenken an den Holocaust – dass die Lebenserinnerungen Carl Haussmanns, des letzten Kirchheimbolander Holocaust-Überlebenden, hier veröffentlicht wurden, ist auch Funks Verdienst. Elmar Funks Wirken fand auch angemessene Würdigungen. 2011 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande, 2013 den rheinland-pfälzischen Friedenspreis. Der frühere Landrat Winfried Werner nannte ihn einmal das „Gewissen der Region“. Klar, dass einer wie Elmar Funk auch aneckte, manchmal selbst Mitstreiter vor den Kopf stieß, dass er nicht nur Freunde hatte. Klar aber auch, dass Menschen von seiner außerordentlichen Tatkraft und seiner tiefen Beseeltheit von humanitären Zielen fast jedes Format zu sprengen vermögen. Menschen wie Elmar Funk sind rar, er wird fehlen. Tief sind die segensreichen Spuren, die er weit über die Region hinaus hinterlässt. Gut, dass vieles, was er angestoßen hat, weitergehen wird – die Amnesty-Gruppe, die Friedenstage, die Notinitiative. Sein Vermächtnis lebt darin fort. Elmar Funk hinterlässt seine Frau und fünf Kinder. Er wird am Samstag um 11 Uhr auf dem Kirchheimbolander Friedhof beigesetzt.

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