Karlsruhe Jetzt schlägt die Justiz zu

Die gewalttätigen Krawalle, die sich am 4. Oktober vergangenen Jahres am Rande des Fußballspiels zwischen 1. FC Kaiserslautern und Karlsruher SC im Fritz-Walter-Stadion abspielten, haben ein ausführliches juristisches Nachspiel. Polizei und Staatsanwaltschaft haben inzwischen 88 Beteiligte identifiziert, gegen 53 der Beschuldigten wurden bislang Strafanträge gestellt oder Anklage erhoben. Am 29. Mai landen die ersten Verfahren vor dem Kaiserslauterer Amtsgericht.

Das Zweitliga-Derby zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und dem Karlsruher SC sorgte für bundesweite Schlagzeilen. Nach dem 2:0-Sieg der Pfälzer durchbrachen nach Angaben der Polizei etwa 100 teilweise vermummte KSC-Anhänger mehrere Absperrungen im Stadion und gerieten mit gegnerischen Fans aneinander. Bei der Prügelei wurden sechs Ordner und je sechs Anhänger beider Seiten verletzt, viele Beteiligte von der Polizei festgenommen. „Diese Krawalle hatten für uns schon eine besondere Dimension“, erinnert sich der Leitende Oberstaatsanwalt Udo Gehring. „Dafür spricht schon das abgestimmte Vorgehen: Unmittelbar nach dem Spiel und direkt auf der Stadion-Tribüne sind die beiden Lager aufeinander losgegangen. Eine solch massive Form von Gewalt kannten wir in Kaiserslautern vorher nicht.“ Hinzu kam, dass die Hardcore-Fans auch mit Böllern und Rauchgranaten ausgestattet waren, allein dadurch erlitten fünf Polizisten ein sogenanntes „Knalltrauma“. Die Gewaltexzesse veranlassten Polizei und Staatsanwaltschaft zu besonderen Anstrengungen. „In monatelangen Recherchen ist es uns gelungen, bislang 88 Beschuldigte zu identifizieren“, berichtet Gehring. „Dabei haben wir vor allem die Video-Aufnahmen ausgewertet, die von der Polizei und dem Stadion-Betreiber bemacht wurden.“ Anschließende Befragungen, auch im Umfeld der beiden betroffenen Fußballvereine, führten schließlich zur Identifizierung der Teilnehmer an der Massenschlägerei. „Gegen 53 der Beschuldigten wurden bisher Anträge auf Strafbefehl gestellt oder Anklage erhoben“, sagt Gehring, „die Vorwürfe lauten unter anderem auf Landfriedensbruch, Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel.“ Von den Strafbefehlen sind neunzehn rechtskräftig, es hagelte zum Teil saftige Geldstrafen. In weiteren neunzehn Fällen wurden die Verfahren aus verschiedenen Gründen eingestellt, teilweise gegen Zahlung einer Geldauflage an gemeinnützige Einrichtungen. Für 29. Mai sind die ersten Verfahren in Sachen 4. Oktober 2014 vor dem Kaiserslauterer Amtsgericht angesetzt. „Dabei geht es um drei Strafbefehle, bei denen die Beschuldigten Widerspruch eingelegt haben“, erläutert Gehring. Kommt es tatsächlich zur mündlichen Verhandlung, dürften vor allem die Videobeweise eine wichtige Rolle spielen. „Wir haben sie in mühevoller Kleinarbeit erfasst und sind sicher, dass sie auch vor Gericht Bestand haben werden“, betont der Anklagevertreter. Grundsätzlich ist der Leitende Staatsanwalt der Meinung, dass die polizeilichen und rechtlichen Mittel zur Verfolgung von Gewalt rund um die Stadien ausreichen: „Vor allem der Tatbestand des Landfriedensbruchs ist geeignet, die Bedrohung zu erfassen, die von gewaltbereiten Besuchern ausgeht und sich auf die Gesamtheit der friedlichen Zuschauer auswirken kann,“ meint der Oberstaatsanwalt. Durch die moderne Technik müssten sich vermummte Straftäter darauf gefasst machen, in Zukunft eher erwischt zu werden. „Gewalttäter am Rande von Fußballspielen müssen spüren: Ihr Verhalten hat nichts mit Sport zu tun, es ist schlicht kriminell“, so Gehring. (mbo)

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