Karlsruhe Es ist ein Blümchenkaffee

Die Kaffeeröster Stefan Kehr, Gerald Hammer mit Gartenleiter Thomas Huber beim Probieren.
Die Kaffeeröster Stefan Kehr, Gerald Hammer mit Gartenleiter Thomas Huber beim Probieren.

«Karlsruhe.» Statt kräftiger Röstaromen und eines bitteren, für handelsüblichen Kaffee und Espresso so typischen Geschmacks, sind es eher fruchtige Aromen und angenehm wenig Säure, die die Gaumen der Testtrinker umschmeichelten. „Leicht nussig“ sei das Aroma, finden einige. Man hätte fast an einen etwas zu stark geratenen Tee denken können. Michael Hörrmann von den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg, zu denen der Botanische Garten Karlsruhe gehört, ist froh, dass es zwischen Ernte und Röstung keinerlei Verluste durch Schimmel gegeben hat. Immerhin war es für alle Beteiligten ein Sprung ins kalte Wasser, denn niemand hatte Erfahrung damit, Kaffeekirschen so aufzubereiten, dass später aus ihnen Röstkaffee gemacht werden kann. „Wir sind einfach froh, dass wir ein Stück Tradition wiederbeleben konnten,“ erinnert Hörrmann daran, dass Kaffeeanbau in den barocken Schlössern am Oberrhein ab dem 18. Jahrhundert durchaus üblich war. „Die beste Methode, das Leben angenehm zu verbringen, ist, guten Kaffee zu trinken“, zitiert Staatssekretärin Gisela Splett (Grüne) den irischen Schriftsteller Jonathan Swift, einen Zeitgenossen des Karlsruher Stadtgründers Karl-Wilhelm von Baden, der mit seinem „hochfürstlichen Lustgarten“ die Keimzelle des späteren Botanischen Gartens legte. Dass in diesem Botanischen Garten einst auch Kaffee angepflanzt wurde ist in den Archiven fest gehalten, man weiß sogar, an welcher Stelle welche Pflanzen standen. So kann nun also eine Tradition gepflegt werden, zu der ganz offensichtlich auch der Kaffeegenuss gehört. Gartenleiter Thomas Huber hatte dann wohl als erster die Idee, die eigene Ernte auch zu verarbeiten. In der kleinen Kaffeerösterei Tostino, die auf dem Gelände des alten Schlachthofs beheimatet ist, fand er die richtigen Partner. Stefan Kehr und Gerald Hammer „leben“ Kaffee. Hammer ist sich sicher, dass auch der „Karlsruher Kaffee“, der geschmacklich fast schon dem entspricht, was der Volksmund „Blümchenkaffee“ nennt, seine Liebhaber finden würde. Kehr zelebriert derweil den Genuss. Elf Gramm Kaffeepulver kommen zur Verkostung in jede Tasse, dann 250 Milliliter heißes, aber nicht mehr kochendes Wasser oben drauf, danach acht bis neun Minuten warten – und dann: das Erlebnis. Aus einem speziellen Kaffeelöffel werden die ersten Tropfen des „Karlsruher Kaffees“ geschlürft – und so ähnlich dürfte es vor 200 Jahren auch im Karlsruher Schloss zur Kaffeestunde zugegangen sein. Zwischendurch verkündet Hörrmann die gute Nachricht: Der Kaffeebusch blühe bereits wieder. Die schlechte Nachricht gleich hinterher: Einen zweiten Busch werde man in Karlsruhe nicht pflanzen und es sei auch nicht die Gründung einer Produktionsgemeinschaft für staatlichen Kaffee aus Baden-Württemberg geplant. Info Botanischer Garten Karlsruhe: Eintritt 3 Euro (Erwachsene), 1,50 Euro (ermäßigt); geöffnet von Dienstag bis Freitag von 10 bis 16.45 Uhr, samstags, sonntags und an Feiertagen bis 17.45 Uhr.

x