Kaiserslautern Zeitlupenzarte Tempo-Wucht

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„Akrobat“ nennt das Tango-Transit-Trio seinen jüngsten Silberling. Ihn im Gepäck, machten die drei Musiker auf dem Weg nach Klagenfurt und Wien am Freitag erst einmal Station in der hiesigen Stiftskirche.

Martin Wagner, seines Zeichens Musiker am Akkordeon mit Neigung zu Tango, Jazz, Popmusik und Artur Piazzolla, soll einst vor gut zehn Jahren in einem Kubus 120 auf 120 auf 120 Zentimeter gesessen und nichts als komponiert haben. 90 Partituren, so plaudert sein Kollege Hanns Höhn am Kontrabasse aus, dokumentierten diesen Tatbestand. Dann hielt er Ausschau und traf auf eben jenen Bassisten und zudem auf Schlagwerker Andreas Neubauer. Das war sie, die Gründung des Ensembles Tango Transit mit dem Versprechen, dass zwar Tango draufsteht, jedoch nicht drin sein muss. Etwa ein Drittel des Repertoires aus überwiegend eigenen Kompositionen Wagners und Höhns geben sich im typischen 2/4-Takt eindeutig als die Musik des schreitenden Paartanzes zu erkennen. Anders sieht es mit seinen Attributen von passioniert bis obsessiv, feurig bis aggressiv aus: Sie spielen die ganze Klaviatur der Emotionen rauf und runter, laut und leise, rasant und langsam, gerade so wie Lust und Frust, Herz und Schmerz es gebieten. Da fliegen schon mal die Schlegel. Da tanzen schon mal die Finger eines Bassisten auf Schwarz-weiß-Tasten herum oder stibitzen Bleche im Schlagzeuginstrumentarium. Da mutiert der Zuhörer schnell mal zum Zuschauer und denkt: aha – Akrobat. Vielleicht im Mixen von Tangoweisen mit Schattierungen anderer Musikgattungen? So klingt es jedenfalls, wenn die Musikreise des Konzertes Stationen von „Early Birds“ über „The Courtain“, „Fat Cat“ und „Vienna April“ bis zu Piazzollas „Libertango“ und Pink Floyds „Brain Damage“ passiert. Faszinierend die solistischen Eigenarten, dieses Flüstern eben noch und das Schnaufen gleich drauf. Derart beseelt und dynamisiert zwischen Zeitlupen-Zartheit und Tempo-Wucht, Romantik-Träumerei und Dramatik-Ekstase nehmen sie alle im Raum mit. Und das, obwohl sich das Trio musikalisch zurücknahm. Die Akustik der Stiftskirche zwingt sie dazu, die gern gespielte Energiedichte sozusagen zu lüften, also transparenter zu machen durch Weglassen von Noten. Zurück bekam das sympathische Trio mit den so oft lächelnden Gesichtern tosenden Applaus.

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