Kaiserslautern Traumhaft schön

Längst Kult ist das Weihnachtskonzert mit dem Rennquintett am „dritten Weihnachtstag“ in der auch heuer wieder seit Tagen ausverkauften Stiftskirche. Dabei zelebrierten die fünf Messinggötter am Samstagabend zusammen mit dem Frauenkammerchor ex-semble aus der Südwestpfalz das miteinander Musizieren, das Lauschen auf benachbarte Klänge mit einem ernsthaften und mit einem schalkhaften Ohr. Ständige Perspektivwechsel bildeten in ihrer Summe eine wirkungsvolle, umgarnende Wärme.

Das Konzert war in den fröhlichen Momenten erholsam, mitreißend, in den besinnlichen Momenten ergreifend. Stets ließen sich die Bläser eine besondere Choreographie einfallen. So kamen sie zu Beginn nach und nach auf die Bühne und eroberten mit der erdigen Musik von Pachelbels „Kanon“ im Sturm die Herzen der Besucher. Während der Tubist Ralph Rudolph als Kontrapunkt-Institution von herrlicher Klarheit geleitet war, legten die Trompeter Uwe Zaiser und Peter Leiner sowie der Hornist Uwe Tessmann und der Posaunist Jochen Scheerer mit ihren Melodielinien eine kammermusikalische Formulierungskultur vom Feinsten vor. Traumhaft schön steigerte sich das noch, als die Sängerinnen aus dem Dunkel langsam hervortraten und sich mit ihren makellosen, bestens ausgebildeten Stimmen einmischten. Ebenso klar, bestechend leicht und selbstverständlich geriet der Schulterschluss zwischen der melodischen Linie und ihrer polyphonen Vernetzung in „Angels We Have Heard On High“ oder in Bachs Präludium in D-Dur, das das Quintett sogar mit Friedrich Guldas jazziger Fuge verquickte. Saftige Eruptionen kamen dabei ebenso zu ihrem Recht wie verträumte Elegien. Ganz tief in die Trickkiste griffen die Bläser bei Joseph Haydns Presto aus dem Streichquartett op. 76, Nr. 5. Ein Hörabenteuer, das auf rasante Rhythmik, höchste Virtuosität, Farbenvielfalt, kunstvolle Verästelung und Sinnestaumel gebaut war. Die beiden Trompeter übertrafen sich mit lupenreinen Tönen in schwindelerregenden Höhen sowie mit schneidenden Riffs. Scheerer an der Posaune verband den Spaß an virtuosen Linien mit kraftvollen Grooves und überraschenden Wendungen. Vollends tief in den Klangfarbkasten griffen sie bei Haydns „Laudate pueri“, dem von Scheerer virtuos arrangierten Tränendrüsen-Evergreen „Somewhere Over The Rainbow“ und dem Christmas-Medley, das die Fünf zusammen mit dem Kammerchor präsentierten. Mit ständig neuen Überraschungen und Effekten warteten sie da auf. Rasante Staccati, Growl- und Stereoeffekte, flinke Läufe jagten einander in atemberaubendem Geflecht, während die beiden Trompeten über allem seiltänzerisch schwebten. Alle Register zog aber auch Christoph Haßler mit seinem Kammerchor ex-semble. Was diese Damen boten, war exemplarisch: mal lyrisch, schwermütig, melancholisch, mal heiter, ausgelassen – durchgehend auch klanglich überzeugend. Die Stimmen wirkten wie ein Organismus, die Homogenität des Klangs war bestechend, die Phrasierungskunst war kaum zu überbieten. Selbst in den Höhen sangen die engelsgleichen Sopranstimmen lupenrein, wie Joseph Rheinbergers „Puer natus est“ bezeugte. Das Rennquintett begleitete dazu so zart wie Butter, dass kein Gramm Blech zu hören war. Auch dem Chor glückte die Polyphonie mit größter Leichtigkeit, wobei in „Deck The Hall“ und direkt übergehend in „Still, still, weil’s Kindlein schlafen will“ die Stimmen mit zungenakrobatischer Virtuosität begeisterten. Kultivierten Pianogesang präsentierten sie hingegen in Mendelsohns „Veni Domine“ und „Hebe deine Augen“. Haßler vermittelte stets das richtige Gespür für die Eigenarten der Choräle. Ein langer, ruhiger Atem, natürliche Schlichtheit, eine gewisse herbe Wehmut: Diese Qualitäten kamen auch deshalb bestens zur Geltung, weil ex-semble einen außerordentlich hohen Standard bietet. Der Chorklang war von betörender Reinheit und Geschlossenheit. In „Reeds Of Innocence“ imitierten die Stimmen sogar auf bestechende Weise Instrumente. Tief berührend schließlich das „Ave Maria“ von Frank Biebl, wobei sich die Sängerinnen über die ganze Kirche verteilten. Dass sie auch Humor haben, bewiesen sie, als sie das Quintett in der dritten Zugabe unterbrachen und „Wir wollen endlich schlafen gehen“ anstimmten. Humorvoll auch Peter Leiner als Moderator. Lange anhaltender, begeisterter Beifall.

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