Kaiserslautern Traumfrauen und Körperbilder

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„Girls, Girls, Girls ...“ heißt die jüngste Ausstellung im Eingangsfoyer der Volkshochschule. Der Untertitel „Collagen und Schaufensterfiguren“ verrät nicht nur, dass es um bildende und angewandte Kunst geht. Er lässt vielmehr auch zu Recht vermuten, dass es sich um zwei Aussteller handelt: Vertritt Claudia Gross mit ihren Collagen den künstlerisch-handwerklichen Part, ist Wolfgang Knapp als Sammler historischer Model-Figuren und Forscher dabei.

Keine Frage – hier geht es unübersehbar um Mädchen, Frauen oder einfach um weibliches Modepersonal. Volle Vitrinen. Volle Wände. Hinter Glas bis zu 100 Jahre alte Torsi, Büsten oder Köpfe aus Material wie Kunststoff, in Leuchtkästen und Rahmen Ganzkörperfiguren aus Papier auf Papier. Der Rundblick entlang der Exponate hat einen besonderen Charme: Angesichts der milde, ja fast scheu lächelnden Antlitze huscht ein Schmunzeln auch über Besuchergesichter. Und dann, in der Nahsicht der Collagen, wird durch Gross’ ironische Hintergründigkeit das Betrachten noch amüsanter. Doch von Lachnummern ist hier nicht die Rede. Dazu ist das derart doppelt aufbereitete Thema Schaufensterfiguren viel zu spannend. Erst recht, wenn ein Sammler erzählt. Und das tat Knapp anlässlich der Vernissage. Die wichtigste Lektion: Er erläuterte inbrünstig, dass seine Objekte zwar landläufig Schaufensterpuppen hießen, tatsächlich jedoch im Bereich der angewandten Kunst als Schaufensterfiguren kreiert worden seien. Die ursprünglichen Metropolen dieser Branche waren ab Beginn des 20. Jahrhunderts Berlin und Paris. Der weltweite Export ging demnach nur vom europäischen Kontinent aus. Die Archive jedoch wurden zerstört. Daher rührt Knapps Sammelleidenschaft, die sich über Flohmärkte und Nachlässe erstreckt. Er forscht nach dem verschollenen Wissen, von der Herkunft bis zur Nutzung. Gerade ist der Kulturwissenschaftler aus Mannheim dabei, in Speyer das erste Museum zu gründen. Claudia Gross begann schon in Studienjahren damit, sich mit der Frauenthematik zu beschäftigten, speziell mit dem Frauenbild in der bildenden Kunst. Die Frage „Was ist eigentlich attraktiv?“ treibt sie um bis heute. Da sie Knapps Passion kannte, lag es nahe, Modelbilder in ihrem Medium des Scherenschnittes aufzugreifen. Dafür durchblätterte sie „ein Meer von Magazinen“ und – konfrontiert mit hartnäckigen Klischees – konterte mit jener bereits erwähnten Ironie. Das Ergebnis ist auffallend fantasievoll. Angefangen bei geflochtenen Stoffen und Fotopapieren ist eine sensible Bild-im-Bild-Machart ebenso zu sehen wie geklebte Collagen und Montagen ungezählter Einzelteile gedruckter Bekleidungsdiktate der Werbe- und Modebranche. Darunter Dessous, Hochzeitsträume, Sport- oder Arbeitsklamotten. Die Ausstellung hält mehr bereit, als hier erwähnt werden kann. Ob man nun einfach mal schauen will, wie Mode im Bereich Kunstfiguren funktioniert, oder sehen, wie Industrie, angewandte und bildende Kunst in diesem Bereich arbeiten – die Ausstellung ist sehens- und erlebenswert. INFO Die Ausstellung „Collagen und Schaufensterfiguren“ ist noch bis 6. November zu den üblichen Öffnungszeiten der Kaiserslauterer Volkshochschule zu sehen.

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