Kaiserslautern Tänze der Flucht und des Todes

Die „Begegnungen 6“ im vergangenen Jahr waren dem Tanztheater gewidmet. Die Gesamtleitung hatte ? produktiv und fantasievoll wie
Die »Begegnungen 6« im vergangenen Jahr waren dem Tanztheater gewidmet. Die Gesamtleitung hatte ? produktiv und fantasievoll wie gewohnt ? der Lauterer Ballettdirektor James Sutherland.

Begegnungen von Sparten, von Künstlern, Technikern oder Ausstattern des Pfalztheaters Kaiserslautern − und dies in Interaktion mit dazu aufgerufenen Interessenten aus der breiten Öffentlichkeit. Das ist eine zündende Idee von Intendant Urs Häberli. Stand das sechste Projekt dieser Reihe im Vorjahr ganz im Zeichen des Tanztheaters unter der Ägide von James Sutherland, soll jetzt eine zeitgenössische Oper realisiert werden.

Ludger Vollmers Jugendoper „Border“ basiert in der Textfassung von Stephanie Schiller auf Euripides’ „Kinder des Herakles“. Die Thematik ist so alt wie die Menschheit. Sie handelt von Vertreibung, Flucht und Migration sowie Gewalt in der Gedankenwelt der griechischen Antike. Neben professionellen Akteuren des Solistenensembles und des Theaterorchesters waren „normale“ Bürger zur Mitwirkung aufgerufen, insbesondere Kinder und Jugendliche ab etwa 14 Jahren. Durch die Übertragung des antiken Stoffs in einen totalitären Staat der Gegenwart gewinnt die Dramatik um drei verfolgte Geschwister nicht nur Aktualität, sondern auch Brisanz und Relevanz. Nach der Ermordung ihres politisch verfolgten Vaters fliehen sie aus der Heimat zu einem Freund der Familie. Mit der entflammten Liebe der Hauptfigur Makaria zum Sohn dieses Freundes, bekommt die Handlung ein Seitenthema und zugleich eine tragische Wende: Aus Liebe wird ihr Verehrer ungewollt zum Verräter. Das Auftragswerk der Oper Köln wurde dort 2012 uraufgeführt und sieht zwingend neben einem professionellen Theaterensemble die Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen vor. Projektleiter ist am Pfalztheater Musikdramaturg Elias Glatzle, für die Inszenierung zeichnet die aus Bern kommende Gastregisseurin Katharina Ramser verantwortlich, die in Kaiserslautern bereits die musikalische Biografie der „Comedian Harmonists“ und die Komödie „Die Physiker“ von Friedrich Dürrenmatt auf die Bühne gebracht hat. Am 16. Februar ist der offizielle Startschuss für das diesjährige Begegnungsprojekt mit Kennenlernen, Termin- und Organisationsabsprachen und einem ersten Workshop. Noch besteht die Möglichkeit der Anmeldung, in weiteren Arbeitsphasen wird bis zur Premiere am 8. Juni mit Hochdruck an diesem ambitionierten Gemeinschaftsprojekt gearbeitet. Nach Glatzles Darstellung sind keinerlei Voraussetzungen zur Mitwirkung erforderlich. In einer Gesprächsrunde im Theater charakterisiert Erster Kapellmeister Olivier Pols das Werk als eine „Massen- und Choroper mit vielen gesprochenen Textstellen“. Regisseurin Katharina Ramser verweist auf die große Tradition solcher Gemeinschaftsvorhaben in der Schweiz. Dort sei die freie Szene stark verankert und prägend, dort machte Ramser über vier Jahre auch Erfahrungen in der Laienarbeit am Gymnasium mit einer Theater-AG. Die musikalische Einstudierung erfolgt in der Zusammenarbeit zwischen dem Kapellmeister mit Chordirektor Gerhard Polifka in wöchentlichen Proben, die mit einer Dauer zwischen drei und fünf Stunden auch mit der Intensität der Arbeit an einem Theater vertraut machen. Ohnehin sieht Glatzle mit der Aufnahme der „Begegnungen“ in den regulären Spielplan eine grundsätzliche Aufwertung dieser Vorhaben. Chordirektor Polifka hat ohnehin durch sein breitgefächertes Studium mit Schulmusik neben der Chor- und Orchesterleitung beste Voraussetzungen für solche pädagogischen Projekte. Die Musik sei, wie im RHEINPFALZ-Gespräch anklingt, als „besonders von starker Rhythmik geprägt“. Sehr beschwingt, wie Pols ausführt und mit herausragender Bedeutung des Schlagwerkregisters im Orchester. Eine elektronische Stimme und in der sinfonischen Orchesterbesetzung eine Klangsprache zwischen Tonalität und Atonalität machten den Reiz der Musik aus, die situativ die Gefühlszustände ausdeute, sagt Pols. „Dazu kommen Passagen in einem Sprechchor und spannungsgeladene Klangballungen.“ Mit einem Anmeldestand von 50 Interessenten zeigt sich eine große Resonanz, dennoch gibt es derzeit noch keine Obergrenze für die Zahl dere Mitwirkenden.

MusikdramaturgElias Glatzle
MusikdramaturgElias Glatzle
RegisseurinKatharina Ramser
RegisseurinKatharina Ramser
KomponistLudger Vollmer
KomponistLudger Vollmer
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