Kaiserslautern Reminiszenz an den Rasensport

Beim siebten Kammerkonzert auf der Werkstattbühne des Pfalztheaters kam man aus dem Staunen nicht mehr heraus: Wenn es noch eines Beweises bedurfte, die fünf Mitwirkenden des Pfalztheater-Orchesters erbrachten ihn: Gewandet oder dekoriert in den Nationalfarben und dazu gab es das „Kaiserquartett“ von Joseph Haydn – mit der Kaiserhymne und heutigen Nationalhymne. So wurde nicht nur in der Moderation dem Sportereignis gebührend Reverenz erwiesen, sondern auch die Verbindung zwischen Kultur und Sport demonstriert.

Beim Pfalztheater geht es oftmals theatralischer aber auch menschlicher zu als bei anderen Konzertveranstaltern: Zum Ausklang der Reihe gibt es immer lobende und anerkennende Worte vom Sprachrohr der Matineen, Bratscher Johannes Pardall. Der verteilt dann auch als nette Geste kleine Präsente. Und wenn dann ein Musiker erst an der Rampe merkt, dass er die Noten vergessen hat, wird das hier nicht zur Peinlichkeit, sondern ist eine gelebte komödiantische Szene, die alles nur noch menschlicher macht. Musikalisch sorgte das Hinzuziehen eines virtuosen Kontrabasses für Furore: Der gewichtigste Vertreter der Streicherfamilie spielt in der Streicher-Kammermusik eine im Vergleich zum Cello untergeordnete Rolle. Bei Streichtrio, und -quartett fehlt er meist, und beim Quintett verdoppelten Komponisten lieber Bratsche oder Cello als einen Kontrabass einzuführen. Dvoraks Streichquintett für zwei Violinen (Mari Kitamoto, Annie Khostoshvili), Viola (Johannes Pardall), Cello (Dieter hehl) und Kontrabass (Etsuko Kawashita) ist da eine Ausnahme. Auch im oftmals burlesken und arabesken Tonfall mit folkloristischen Anklängen beschreitet der Komponist eigene Wege, weg vom rein artifiziellen Anspruch einer „L’art pour L’art“ - Ästhetik. In der lebhaft pulsierenden und ansteckenden Musizierfreude des bestens aufeinander eingespielten und subtil klanglich, dynamisch und agogisch aufeinander abgestimmten Quintetts kam dieser Gedanke einer unterhaltenden Gebrauchsmusik vortrefflich zum Ausdruck. Und die feinsinnige Spielweise der Bassistin tat ein übriges, um ihr Instrument aufzuwerten. Das zweite Werk mit Kontrabass-Begleitung ist ebenfalls eine Kuriosität: Rossini ließ einfach bei den Sonaten für zwei Violinen, Cello und Kontrabass (mit den genannten Interpreten) die Bratsche weg, was der Verbreitung vieler Bratschenwitze förderlich sein dürfte. Was aber auch den mitwirkenden Bratscher Pardall auf den Plan rief, als dieser versicherte, dass es sozusagen als Wiedergutmachung in der neuen Saison ein Bratschen-Kammerkonzert gäbe... Die aufgeführte zweite Sonate erwies sich als waschechter Rossini, wie man ihn von Buffa-Opern im Orchestersatz kennt: Virtuos, in geschmeidiger und federnder spielerischer Eleganz, Brillanz und erfrischender Rasanz. Es kam dennoch nie zu spieltechnischen Einbußen, die Ausführenden behaupteten sich stets mit sogar lockerer Hand und vermittelten dabei alle melodischen Finessen mit Akribie und Esprit. Als Anspielung auf das bevorstehende Fußball-Endspiel wählten die Ausführenden – diesmal ohne Kontrabass – das „Kaiserquartett“ von Haydn: In diesem enthält der zweite Satz die Melodie, die später zur Nationalhymne erkoren wurde. Allerdings wird sie dann in ausdruckssvollen Variationen verarbeitet, wie überhaupt das Quartett ein Idealbeispiel für Haydns erste Blütezeit der klassischen Kammermusik-Gattung ist: Das Ausschöpfen der spielerischen und klanglichen Möglichkeiten auf der Grundlage klassischer Formgebung gelang – Komposition und Interpretation – meisterhaft. Die Ausführenden widmeten sich dem Werk in fein ziselierten melodischen Linien, klangästhetischer Spielkunst par excellence mit absoluter spielerischer Präzision bis ins kleinste motivische Detail. Die Geigerin Mari Kitamoto unterstrich mit ihrer Brillanz zwar ihren berechtigten Führungsanspruch, doch die Übertreibung mancher gestalterischer Initiativen führte manchmal auch zu ein paar klanglichen Härten.

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