Kaiserslautern Gewerbetreibende fühlen sich durch Baustelle in ihrer Existenz bedroht

Derzeit wird im Herzen der Stadt gebaut – und das sorgt für Unmut.
Derzeit wird im Herzen der Stadt gebaut – und das sorgt für Unmut.

Die Baustelle in der Stadtmitte behindert nicht nur den Auto- und Busverkehr, sondern sorgt dadurch auch für Unmut bei den umliegenden Gewerbetreibenden. Sie beklagen eine gesunkene Kundenfrequenz sowie zu wenig Unterstützung von der Stadt.

Wo sonst Radler, Busse und Taxis entlang fahren und Fußgänger auf den Bus warten, ist jetzt ein schmaler Streifen hinter einer Baustellenabsperrung. Mit dieser Aussicht muss Michael Wolter, Inhaber der Bäckerei „Michel’s Brotkorb“ in der Fruchthallstraße, voraussichtlich eineinhalb Jahre leben. So lange soll die Umgestaltung der Stadtmitte dauern. „Das ist eine mittlere Katastrophe“, sagt er. „Erst hatten wir Corona, dann die Energiepreise und jetzt noch die Baustelle!“

Seinen Stammkunden sei er sehr dankbar, aber „es fehlen die Busfahrer, die Leute, die auf den Bus warten“, eben die Laufkundschaft. In der Stadt sei es generell ruhiger geworden seit Baustellenbeginn. Als direkten Anlieger plage ihn zudem, dass „der Lärm und Dreck ja erst noch kommen!“ Um seine Einbußen ein wenig abzufangen, will der Sembacher auf Bestellung in Sembach, Mehlingen und Baalborn nachmittags Backwaren ausliefern.

Er ist nicht als einziger überzeugt: „Man hätte die Arbeiten in mehreren Bauabschnitten machen müssen, statt so lange die ganze Stadtmitte zu sperren.“ Dass es dadurch schneller gehe, könne er bis jetzt nicht beobachten. „Bei eineinhalb Jahren habe ich Angst um meine Existenz! Wir sind alles kleine Geschäfte hier, wir gehen kaputt!“ Für November habe er zudem noch eine Mieterhöhung bekommen. Er hätte sich „eine Förderung von der Stadt gewünscht“.

Danny Habermann, Geschäftsführer der Metzgerei Hamann nebenan, ist entspannter; schließlich hat er mehrere Filialen und kämpfe derzeit vorrangig mit der Energiekrise.

Erst zwei Jahre Schillerplatz, jetzt Stadtmitte

Von den Bautätigkeiten gebeutelt fühlt sich auch Christian Brand, Inhaber der Apotheke am Schillerplatz, „nach zwei Jahren Arbeiten hier“. Die Kundenfrequenz bei ihm sei „um zehn bis 20 Prozent gegenüber der Zeit vor dem Neun-Euro-Ticket gesunken“, berichtet er.

Zwar hätten ihn am 18. Juli zwei Mitarbeiter der Stadt über die Baustelle informiert, doch dies sei etwas spät gewesen, bemängelt er dies ebenso wie die Planung. „Würde man die Arbeiten in einem ersten Bauabschnitt von Mall bis Schneiderstraße und einem zweiten von dort bis Fruchthalle machen, wäre die Durchfahrt in die Schneiderstraße immer möglich“, meint er. Dem Argument der Stadt, dass die Arbeiten in einem Zug schneller und damit günstiger vorangingen, setzt er eine Rechnung entgegen: „Wären die Mehrkosten am städtischen Baukostenanteil höher als die Einbußen, die sie nun durch weniger Gewerbesteuereinnahmen hat?“ Doch Brand sieht nicht nur bei der Stadtverwaltung Versäumnisse in der Kommunikation, sondern auch bei den politischen Vertretern, die keine Information eingefordert hätten.

Gewerbesteuereinbußen gegen Baustellenkosten

Auch die Geschäfte in der Schneiderstraße spüren die Baustelle. „Die Kundenfrequenz hat nachgelassen; ob sich die Baustelle auf den Umsatz auswirkt, kann ich noch nicht sagen“, meint Dirk Grimme, Geschäftsführer von „Bags and More“. Er habe keine Information von der Stadt erhalten, er sei „wohl durchs Raster gefallen“. Er selbst sei zwar nicht in der Existenz bedroht, doch „Spuren wird die Baustelle hinterlassen“. Wie Brand glaubt auch er, dass die Baumaßnahme „eh für die Stadt teurer wird, wegen der geringeren Gewerbesteuern – oder gar Existenzverluste“. Er beklagt, dass die Stadtverwaltung generell mehr tun müsste: „Wenn die Stadt attraktiver wäre, es nicht an Sauberkeit und Parkplätzen mangeln würde, würden die Kunden auch Baustellen in Kauf nehmen.“

Thomas Haas, Inhaber der Boutiquen Extra und Mio, wird deutlicher. Die Baustellen „kennzeichnen eine Stadt im Wiederaufbau nach totaler Zerstörung, dabei wird nur die Fruchthallstraße erneuert“, macht er seinem Ärger Luft. Es sei unverständlich, weshalb man nicht in Teilabschnitten arbeite. Es werde „wieder einmal mit Existenzen von Geschäften gespielt, was die Verantwortlichen der Stadt nicht zu interessieren scheint“. Schließlich seien „die Gewerbesteuern dieser Geschäfte für die Stadt existenziell“. Zudem beklagt er die Verkehrsführung und fragt, warum man nicht wenigstens für die Bauphase Halte- und Parkverbot in der Schneiderstraße aufhebt.

Handeln statt Rhetorik von der Stadt gefordert

Matthias Pallmann-Heger, Vorsitzender des Einzelhandelverbands, sieht die Lage auch für etliche als „existenzbedrohend“ an und klagt, dass „die Politik die Händler komplett ignoriert“. Dabei meckere er nicht nur, sondern habe letzte Woche in der Beiratssitzung des Citymanagements Vorschläge gemacht: An der aufgehobenen Einbahnregelung in der Eisenbahnstraße schlägt er Blinklichter vor. Samstags könnte man „Parkplätze an Schulen öffnen“ und „Busse kostenlos oder günstiger machen“. Das Citymanagement sei „nicht nur Festveranstalter, sondern auch Problemlöser“. Von der Stadt fordert er „Handeln statt Rhetorik!“ Ob die Ideen umsetzbar sind, wird laut Stadtverwaltung noch geprüft.

Sebastian Staab, Leiter des Referats Tiefbau, findet es „verständlich, dass jeder für sich die günstigste Lösung sucht“, doch irgendjemanden treffe es immer, und „ich muss das Ganze sehen“. Die Mehrkosten bei Aufteilung in Bauabschnitte gegen Mindereinnahmen der Gewerbesteuer gegenzurechnen, hält Staab für schwierig, da man die Steuereinnahmen ja nicht kenne. Zudem „würde dies auch mehr Kosten für die Anlieger bedeuten“. Jene zahlen laut Staab 70 bis 75 Prozent, die Stadt trägt den Rest und erhält darauf 90 Prozent Förderung. Geplant sei, die Anliegerbeiträge rückwirkend als wiederkehrende Beiträge auf alle Bewohner der Kernstadt umzulegen.

Die Kritik zur Information verstehe er nicht. Man habe erst nach Klärung der Vergabeprobleme und Abstimmung mit der Baufirma informieren können. Direkt an die Anlieger, in größerem Radius als sonst, und über alle öffentlichen Kanäle seien Infos herausgegangen, „wir haben sogar eine E-Mail-Adresse für abends und am Wochenende verteilt“. Aus Erfahrung wisse er: „Zum Bauen ist nie der richtige Zeitpunkt.“

Die Baumaßnahmen zur Umgestaltung der Stadtmitte sind angelaufen – und werden noch mindestens eineinhalb Jahre dauern.
Die Baumaßnahmen zur Umgestaltung der Stadtmitte sind angelaufen – und werden noch mindestens eineinhalb Jahre dauern.
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