Kaiserslautern „Gedenk- und Mahntag zugleich“

Der Volkstrauertag war gestern Anlass für Gedenkfeiern in der Stadt und in den Ortsbezirken von Kaiserslautern. Zu einer Feier auf dem Ehrenfeld des Hauptfriedhofs hatten die Stadtverwaltung und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge eingeladen.

100 Jahre Gedenken an den Ersten Weltkrieg, 75 Jahre Gedenken an den deutschen Überfall auf Polen und den Beginn des Zweiten Weltkriegs und 25 Jahre nach dem Mauerfall und das Ende des Kalten Krieges verliehen dem Volkstrauertag 2014 eine besondere Bedeutung, sagte Oberbürgermeister Klaus Weichel bei seiner Ansprache vor dem Ehrenmal. Gleichzeitig gebe der Volkstrauertag Anlass, das aktuelle Weltgeschehen mit größter Besorgnis wahrzunehmen. Das Jahr sei noch nicht zu Ende und dennoch sei die Bilanz erschreckend, erinnerte Weichel an die blutigen Unruhen im Südsudan, den Nahost-Konflikt zwischen Israel und Palästina, den bewaffneten Konflikt in der Ost-Ukraine, der bislang 4000 Menschen das Leben gekostet hat, an den Krieg in Syrien und den Vormarsch der Terrormiliz „Islamischer Staat“, der den gesamten Mittleren Osten in Unruhe stürze. Dieser Krieg sei längst auch in Deutschland angekommen, erinnerte Weichel an Straßenschlachten in Hamburg, Stuttgart und Bremen. Demonstrationen gegen den „Islamischen Staat“ eskalierten, weil Kurden und gewaltbereite Dschihadisten aneinandergerieten. Daneben gebe es die Flüchtlingsströme aus den betroffenen Kriegsgebieten mit Menschen, die in Europa und Deutschland um Asyl nachsuchten. So gesehen sei der Volkstrauertag 2014 ein Gedenktag und Mahntag zugleich, der die Menschen zu einem friedvollen Miteinander aufrufe, sagte Weichel. Als einen Lichtblick wertete er die Wahl der Friedensnobelpreisträger: den indischen Kinderrechtsaktivisten Kailash Satyarthi und die 17-jährige Malala Yousafzai, die sich für das Recht von Kindern einsetzt und von den Taliban deswegen 2012 beinahe getötet worden wäre. „Frieden bedeutet nicht nur, nicht zu kämpfen, sondern aktiv Friedensarbeit zu leisten, für Chancengleichheit zu sorgen und Unterdrückung zu unterbinden“, betonte das Stadtoberhaupt. Frieden fange im Kleinen in der Familie an, im wertschätzenden Umgang mit anderen Menschen. Dorothee Wüst, Dekanin des protestantischen Kirchenbezirks Kaiserslautern, machte an einer Geschichte, wie sie sich 1914 zu Weihnachten an der Westfront zutrug, wo sich nahe der belgischen Stadt Ypern englische und deutsche Soldaten in Schützengräben gegenüberlagen, deutlich, dass ein Waffenstillstand möglich ist. Sie habe die Geschichte über eine Insel der Vernunft inmitten eines Meeres von Abschlachten und Verzweiflung am Volkstrauertag 2014 erzählt, weil Menschen in anderen Menschen immer noch teuflische Ungeheuer sehen, nur um sie mit halbwegs gutem Gewissen abschlachten zu können. Das Gedächtnis an die 70 Millionen Opfer beider Weltkriege halte man am besten dadurch hoch, dass man solche Geschichten wie die von Weihnachten 1914 erzählt, wo die Menschlichkeit den Sieg davon getragen habe. Wüst: „Wo die Menschlichkeit den Sieg davon trägt, wächst der Friede. Und wo der Friede wächst, wird die Welt besser. Und wo die Welt besser wird, lächelt Gott. Und wo Gott lächelt, herrscht Friede.“ Einen würdigen Rahmen erhielt die Feier durch musikalische Beiträge des Kolpingblasorchesters und des Kirchenchores St. Martin, durch Kranzniederlegungen von Stadt und Land, von Militär, Polizei sowie Sozial- und Vertriebenenverbänden. Zum Gedenken an die Opfer erklangen das Lied vom guten Kameraden und die Nationalhymne. (jsw)

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