Kaiserslautern Essensfotos im Rentnersilo

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Detlev Schönauer aus Jacques Bistro schoss mal wieder den Vogel ab. Im ausverkauften Cotton Club der Kammgarn brachte der „gelernte Saarländer“ am Donnerstagabend das Publikum mit seinem musikalisch-satirischen Kabarett-Programm zu chronischen Lachkrämpfen. Unter dem Titel „Oma ist jetzt bei Facebook“ machte er aber auch Hoffnung, dass man durchaus mit Freuden altern könne.

Früher habe er vorm Altern Angst gehabt, verrät Schönauer. „Heute is mers scheißegal. Bin um jeden Konservierungsstoff froh, den’s gibt.“ Früher sei er froh gewesen, wenn er ohne Schmerzen aufgewacht sei. „Heute freu’ ich mich, wenn ich noch Schmerzen habe.“ Vom Rentnersilo spricht er, wenn er das Seniorenheim meint, und die Rente bezeichnet er als „Abwrackprämie“. Die Kreuzfahrtschiffe seien Altersheime, „aber vom Service her eindeutig besser“. Schönauers Witz brilliert in den Verdichtungen, die wie das Gasgemisch von Ottomotoren explodieren. Was seine Sprüche und Aussprüche auszeichnet, ist wohl, dass sie ein bisschen verrückt sind, widersinnig und verblüffend. Selbst die Themen Tod und Sterben lässt er nicht aus. Ohne pietätlos zu werden. Gemäß dem Motto: „Die Lust am Witz stammt daher, dass man an einem Abgrund sozusagen mit heiler Haut vorbeigekommen ist.“ Nie werde er sich beerdigen lassen, so der Spaßmacher, da würden einen ja die Würmer auffressen. Lieber verbrennen lassen. „Das tut zwar weh. Awwer net lang.“ Unter einem Baum im Friedewald, da hätte wenigstens der Baum etwas von seiner in Humus verwandelten Leiche. Am schicksten aber findet er die Idee, seine Asche nach Amerika zu schicken, wo sie dann mit einer Rakete in den Weltraum torpediert würde. „Dann sieht die ganz buckelig Verwandtschaft mich öfter als es ganze Läääwe net.“ Jacques setzt sich auch für mehr Inspiration beim Verfassen von Todesanzeigen ein, die meistens viel zu langweilig seien. „Im Strom der Zeit gekämpft, darin untergegangen. Aus die Maus!“ Das wär’s doch. Schönauers Humor eröffnet eine Gegenwelt des Unernstes, die uns einen Ausweg eröffnet aus dieser rationalen, eindeutigen und oft bedrohlichen Realität. Das Komische wird zur Gegenwelt, in der auch das Grausige nicht mehr ernst ist. „Die alde Leut’ von heut’ sinn aach net so alt wie die alde Leut’ von früher“, behauptet Schönauer. Oma hantiere jetzt nicht nur mit Handy und Smartphone, sie sei sogar bei Facebook, witzelt er und kann sich einen Seitenhieb darauf nicht verkneifen: „Facebook macht net dumm, awwer Facebook hilft viele Leut’, ihre Dummheit bekannt zu mache.“ Lustig macht er sich auch über die „Fotografiereritis“: „Wir haben früher unser Essen aufgegessen. Heut’ wird’s fotografiert.“ Mit Stand-up-Comedy, Parodien und Songs lästert er über das Älterwerden, über Heime, Kreuzfahrten, Facebook und schlägt dabei witzige Haken wie ein Feldhase, wenn er vom Jagdhund verfolgt wird. Und selbst der aktuellen politischen Lage gewinnt er noch viel Komisches ab. Ohne dabei Rücksicht auf die Political Correctness zu nehmen. Unser Land sei doch immer noch besetzt, meint er. Und Angela Merkel sei nichts als eine Marionette, eine Drohne, von den USA gesteuert. Sie dürfe sich nicht mal darüber beschweren, dass sie von der NSA abgehört würde. Deutschland sei eines der reichsten Länder. Aber warum? „Weil wir an Lehrern und Polizisten gespart haben!“ Er sei für das Verursacherprinzip: „Die Leute, die die Flucht wegen sinnloser Kriege verursacht haben, müssten eigentlich auch die meisten Flüchtlinge aufnehmen“, meint er. „Aber da gibt es ein Problem: Wie sollen die mit dem Schlauchboot über den Ozean kommen?“ Was heiße schon „politisch korrekt“? „Soll man etwa zu kleinen Leuten sagen, die sind vertikal benachteiligt? Da ist ja Reiner Calmund vertikal bevorzugt“, folgert er. Das Feuerwerk gipfelt schließlich in dem „Rentner-Casting“, unter dem Motto „Deutschland sucht den grauen Star“. Mit Liedern wie „Geh’n wir Rentner vergiften im Park“ von Georg Kreisler. Dabei brilliert Schönauer an Klavier und Gitarre. Schießen vor lachen könnte man sich über seine Dialektvielfalt. Wie kaum ein anderer paart Schönauer in seinen Geschichten, Witzen und Parodien ungeniert Witz und Tiefsinn. Sie haben keine Pointen, sie sind Pointen vom ersten Satz an. Ovationen der Begeisterung.

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