Kaiserslautern Ein Leben in Unruhe

Drehbücher, die das Leben schreibt, sind oft die spannendsten und ausgefallensten. Vor allem, wenn ein Mensch in einem Leben mehr erlebt als sonst Generationen von Völkern. Die Rede ist von dem in Stadt und Landkreis wirkenden Gitarristen Abbas Mashayekh, der ein bewegtes Leben voller – vor allem politischer – Unruhen hinter sich hat.

Mashayekh wurde 1954 im persischen Teheran geboren, wo er durch sein Elternhaus mit klassischer und persischer Musik in Berührung kam. Im Verlauf eines Medizinstudiums engagierte sich der verheiratete Student zusammen mit seiner Frau politisch bei der Studentenbewegung, was ihm zum Verhängnis werden sollte. Im Schah-Regime wurden solche Aktivitäten mit der Exmatrikulation geahndet: Mashayekh wurde so für zwei Jahre zum Zivildienst eingezogen. In dieser Zeit begannen innere Unruhen im Iran, die 1979 zum Sturz des Regimes führten. Daher durfte Mashayekh weiter studieren, er schloss sich einer sozialistischen Partei an. Dabei fühlte er sich in trügerischer Sicherheit. Längst hatte die neue Regierung unter Khomeini Dateien angelegt und begonnen, Oppositionelle zu verfolgen. Durch glückliche Fügung erfuhr Mashayekh noch rechtzeitig von diesen Aktionen und konnte mit Hilfe von Schleppern (Menschenschmugglern) unter dramatischen Umständen den Grenzfluss zur Sowjetunion durchqueren. So kam er nach Minsk in Weißrussland, wo er – nach seiner Einschätzung – mit Gorbatschow den nächsten Machtpolitiker gegen sich hatte: Mashayekh sah in dessen Regierung eine weitere Diktatur, die ihm beispielsweise keine freie Berufswahl gestattete. Dort musste er als Bauarbeiter arbeiten. Fast drei Jahre unterwarf sich die Familie Mashayekh mit inzwischen zwei kleinen Kindern diesem Joch, bis die Flucht nach Deutschland über Ost-Berlin nach Tauberbischofsheim gelang. Erst hier konnte Abbas an seine musikalischen Studien anknüpfen, die er mit 17 Jahren in Teheran begann: an der dortigen, für ihn teuren Musikschule mit strengem und pädagogisch nicht erfolgreichen Lehrern, so seine negative Erinnerung. In Tauberbischofsheim, wo er zwei Jahre blieb und so lange auf die Bewilligung des Asylantrages wartete, schenkten ihm gastfreundliche Franken eine Gitarre. Mashayekh bildete sich, wie schon in Teheran, vor allem autodidaktisch weiter. Erst in Heidelberg verwirklichte er schließlich seinen Traum, studierte Musikwissenschaft sowie Anglistik und Slawistik. Parallel wurde er von Helmut Oesterreich, der als Dozent für Gitarre an der dortigen Musikschule unterrichtete, zwischen 1991 und 2000 auf der klassischen Gitarre weitergebildet. Weitere Studien führten ihn an die Bundesakademie für musikalische Jugendbildung in Trossingen. Durch seine interkulturellen Erfahrungen und seinen weit gereisten Aktionsradius versteht sich der Gitarrist als Weltbürger. Doch bei seiner ersten Lehrtätigkeit an der Kreismusikschule Donnersbergkreis stieß der Idealist wieder an politische Grenzen: Die Art der Beschäftigung auf Honorarbasis mit sogenannten Kettenarbeitsverträgen empfand er als Druckmittel für konformes Verhalten. Nach zehn Jahren vieler Konfrontationen verließ er die Musikschule und baute sich stattdessen ein eigenes Netzwerk von Kontakten und Unterrichtstätigkeiten auf: Inzwischen übt er seinen Unterricht am Heinrich-Heine-Gymnasium in Kaiserslautern und am Erb-Gymnasium Winnweiler aus, weiterhin an der Waldorfschule Otterberg und dem Weyherhof Bolanden. Eine private Gitarrenschule führt er in Enkenbach, wo er auch gleichzeitig bei den Kulturtagen eine gesetzte Größe ist. Sein Spezialgebiet sind interkulturelle Begegnungen mit der Kombination aus Lesungen von persischen Mystikern und Musik, wobei sich persische Lautenmusik und europäische Kunstmusik ergänzen. Abbas Mashayekh gibt auch klassische Gitarrenkonzerte, so zusammen mit dem renommierten Johannes Vogt auf Laute und Theorbe. Die Gruppe Esfahan gründete er als Beitrag zur Weltmusik und arrangierte für die inzwischen leider aufgelöste Formation selbst. Doch Mashayekh wäre nicht Mashayekh, hätte er nicht schon wieder neue Besetzungsalternativen im Kopf ... Derzeit präsentiert er eine CD mit spanischer Gitarrenmusik der Romantik, darunter viele Originalkompositionen. Die Soli spielt er selbst, die Kammermusik zusammen mit herausragenden Schülern. Inzwischen hat der Gitarrist unter tragischen Umständen seinen Sohn verloren und kann nur durch die Musik sein seelisches Gleichgewicht bewahren.

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