Kaiserslautern Ein Fan von Football und Pünktlichkeit

Er spricht hervorragend Deutsch, er schätzt die Pünktlichkeit der Deutschen und ist ein hervorragender Beobachter des deutschen Alltags. Zudem ist er auch Träger des renommierten Reimar-Lüst-Preises für internationale Wissenschafts- und Kulturvermittlung, der von der Humboldt-Stiftung vergeben wird: Myles Jackson, Wissenschaftshistoriker aus New York City, verbringt drei Monate in Kaiserslautern am Fraunhofer-Institut für Techno und Wirtschaftsmathematik (ITWM).

In Deutschland sagt man: Leichen im Keller haben. Die Amerikaner sind da wenig subtiler, denn die haben Skelette im Wandschrank. Myles Jackson kommt aus den USA, genauer gesagt stammt er aus New Jersey, und was er im Wandschrank seines Büros im Fraunhofer-Institut für Techno und Wirtschaftsmathematik hat, hat mit Leichen oder Skeletten nichts zu tun. Es ist ein Cello. „Meine Mutter war der Meinung, dass auch Musik wichtig ist“, erzählt der studierte Historiker und Physiker. Und als es um die Wahl eines passenden Instruments ging, ging der 50-Jährige pragmatisch vor. „Ich bin kurz und dick und da passte das Cello hervorragend“, sagt er und lacht dabei laut. Neben der Liebe zur Musik interessierte sich Jackson schon immer für Naturwissenschaften. Und da die Deutschen auf den beiden Gebieten schon immer weit vorne gewesen seien, habe er sich auch für die deutsche Sprache interessiert, berichtet Jackson. „Und dann gab es in den 70ern auch noch in New York ein Fußballteam mit Namen Cosmos, bei denen ein gewisser Franz Beckenbauer spielte“, skizziert Jackson weitere Bezüge. „Den hat aber keiner verstanden“, erzählt er augenzwinkernd. Gespräche mit dem Professor, der an der New York Universität lehrt, sind garantiert nicht langweilig. Auch abseits von Wissenschaft und Forschung – Jackson hat Bücher geschrieben über Joseph von Fraunhofer, über Instrumentenbau im 19. Jahrhundert, aber auch über Genforschung – ist es leicht, ein Thema zu finden. Sport? Volltreffer! Jackson spielte in seiner Jugend American Football, verfolgte fast alle Super-Bowl-Spiele und lernte während seiner Doktorantenzeit im englischen Cambridge auch die artverwandte Sportart Rugby kennen und lieben. „Kameradschaft wird da sehr groß geschrieben.“ In den vergangenen vier Jahren war Jackson bereits mehrfach in Deutschland, auch in Kaiserslautern ist er zum zweiten Mal. Angetan haben es ihm – aus Forschersicht – die Handwerkskunst, die er bei Exkursionen nach Idar-Oberstein (Edelsteinschleiferei) und nach Bad Kreuznach (Orgelbau) unter die Lupe nimmt. Und sonst? Kommt er gut klar mit den Deutschen? Jackson nickt. „Ja, sicher, ich spreche ja die Sprache und bin ein Fan der Pünktlichkeit.“ Trotz großer Erfahrung mit den Deutschen im Allgemeinen und den Pfälzern im Speziellen („Ich finde die Fußball-Tradition hier toll“) bringen ihn die Leute immer wieder ins Stutzen: Mülltrennen zum Beispiel, aber auch die Tatsache, dass deutsche Fußgänger an roten Ampeln immer stehen bleiben, auch wenn Kilometer weit kein Auto zu sehen ist. „Und wenn ich dann trotzdem drüber gehe, dann rufen die Omas ,Denkt doch an die Kinder’.“ Zurück zum Cello. Das holt er dann und wann aus dem Schrank und spielt darauf. Und wenn er im April weiterziehen wird auf seiner Deutschlandtour nach Stuttgart, dann bleibt das Instrument hier. Organisiert haben es ihm nämlich die Kollegen vom Fraunhofer-ITWM. Sein eigenes bleibt auf seinen Reisen stets zuhause in seinem Appartement in New York. „Wollte ich es mitnehmen, müsste ich ja ein zweites Flugticket bezahlen. In den Frachtraum gebe ich es nicht“, erzählt Jackson. Und lacht wieder schallend.

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