Kaiserslautern Die Liebe zur Kammermusik

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Über Mangel an bedeutenden musikalischen Begabungen in unserer Region kann derzeit kaum geklagt werden. Ihnen unbedingt zuzuzählen ist die 1982 in Kaiserslautern geborene und in Pirmasens aufgewachsene Violinistin Anna Sophie Dauenhauer. Sie konzertiert solistisch im In- und Ausland, widmet sich intensiv der Kammermusik, wirkt regelmäßig als Gastkonzertmeisterin, befindet sich unermüdlich auf der Suche nach Repertoireseltenheiten – und spielt vor allem glänzend Geige.

Ihre Allianz mit dem Instrument begann früh, im Alter von sechs Jahren. Sie war dann zuerst Vorstudentin in Mainz, anschließend lag ihre Ausbildung in den denkbar zuverlässigsten Händen. Das Jungtalent nahm in Neustadt Privatunterricht bei Sebastian Schmidt, dem Primarius des Mandelring Quartetts. Und an der Karlsruher Hochschule war Anna Sophie Dauenhauer Schülerin Ulf Hoelschers, ihres großen Förderers, der ihr auch eine seiner Violinen zur Verfügung stellt. Abgeschlossen hat sie ihr Studium – nach einem Zwischenspiel in London – bei Ingolf Turban in München. Prominenter geht es wohl kaum. Die Geigerin war Stipendiaten-Förderpreisträgerin der Stiftung Villa Musica und erhielt 2008 den Förderpreis des Landes Rheinland-Pfalz. Weitere Preise schlossen sich bei internationalen Wettbewerben an; und einen interessanten Beitrag zu ihrer Biografie liefert der erste Bundespreis 1999 bei „Jugend Musiziert“: als Primaria eines Pirmasenser Teenager-Streichquartetts mit den Geschwistern Anna Theresa, Valentin und Julian Steckel. Auf den Studienabschluss folgte sofort Dauenhauers erste Tournee: Sie führte durch die Türkei und Spanien mit den Violinkonzerten von Beethoven und Sibelius – an Courage und Selbstvertrauen mangelte es ihr offenbar nicht. In der Türkei absolviert die Violinistin seit sieben Jahren jährlich eine Konzertreise, was in jüngster Zeit aus politischen Gründen zunehmend schwieriger wird. Die große Liebe der inzwischen in München lebenden Violinistin gilt der Kammermusik, wobei das Duospiel mit ihrem ständigen Klavierpartner Lukas Maria Kuen zurzeit den Schwerpunkt bildet. Mit ihm nahm sie bislang zwei CDs auf: die erste mit ausgefallenen Werken aus dem spätromantischen französischen Repertoire, von Fauré, Gabriel Pierné und Philippe Gaubert. Auf sie sind jetzt die Violin-Klaviersonaten von Pfitzner und Busoni gefolgt. Die französische Einspielung traf auf begeistertes Presseecho. Zu Recht: Anna Sophie Dauenhauers Geigenton ist von kristalliner Klarheit und vermag, emphatisch ausladende, Melodiebögen zu formen. Zudem spielt die Violinistin impulsiv, mit sehr energischem Zugriff und zündendem Elan. Hinzu kommt ihr Facettenreichtum: Dauenhauer versteht sich auf spätromantisches Pathos, kann auf der Geige hingebungsvoll schmachten, so etwa im ersten Satz von Pfitzners und stellenweise in Piernés Sonate und Gauberts „Vier Skizzen“ und auch überschwänglich jubeln (Piernés Finale). Kurz: Sie beschwört mit feurigem Nachdruck die Seele der romantischen Violine. Den leidenschaftlichen Tönen stehen beseelte, intime Momente in Faurés langsamem Satz sowie die Eleganz seines Scherzos gegenüber. Schließlich: Virtuosität ist unabdingbare Voraussetzung bei heutigen Instrumentalisten. Was auch für Dauenhauer gilt. Sie kann ohne weiteres mithalten mit Kollegen, die sich im großen internationalen Konzertbetrieb tummeln. Ihre beiden CDs entstanden auf Dauenhauers eigene Initiative hin und wurden in Zusammenarbeit mit dem Label Thorofon produziert. Für die französische Aufnahme begab sie sich eigens auf die Suche nach Raritäten nach Paris. Dort hatte die Geigerin in einer Musikalienhandlung die „Vier Skizzen“ von Gaubert entdeckt, die sie als Ersteinspielung vorlegte, während Piernés Sonate erstmals bei einem deutschen Label erschien. Von ihrer Freude an Entdeckungen spricht Dauenhauer mit Begeisterung. Andererseits klagt sie über „konservative, übervorsichtige Konzertveranstalter, die sich hartnäckig auf das Standardrepertoire fixieren“. Außerdem arbeitet sie ohne Agenturen, organisiert sich also selbst, „was mit viel Arbeit verbunden ist, mitunter aber auch interessant sein kann“. Wieviel Zeit bleibt bei all diesen Tätigkeiten zum Üben? „Es kommt nicht auf die Zeit an“, sagt die Künstlerin, „sondern auf die Intensität beim Üben. Ein bis zwei Stunden genügen, sieben oder acht sind nicht mehr sinnvoll. So lange hält die Konzentration nicht. Diese Ansicht teile ich übrigens mit Christian Tetzlaff.“ Und die historische Aufführungspraxis? „In dogmatischer Anwendung sagt sie mir nicht zu. Stattdessen bevorzuge ich historisch informierte Aufführungen, wie sie etwa Johannes Schlaefli mit dem Kurpfälzischen Kammerorchester praktiziert: ein ausgezeichneter Musiker, mit dem ich sehr gern zusammenarbeite.“ Auf CD —„Exstase“. Gabriel Pierné: Violinsonate op. 36; Philippe Gaubert: Vier Skizzen; Gabriel Fauré: Violinsonate in A-Dur (op. 13). Thorofon CTH 2600. —„Inspiration“. Hans Pfitzner: Sonate in e-Moll für Violine und Klavier (op. 27); Ferruccio Busoni: Sonate Nr. 2 in e-Moll für Violine und Klavier. Thorofon CTH 2621. Anna Sophie Dauenhauer (Violine), Lukas Maria Kuen (Klavier). —Details über kommende Auftritte unter www.annasophiedauenhauer.de

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