Kaiserslautern Der singende Klempner aus Sheffield

„Wenn ich ,With A Little Help From My Friends’ nicht mehr singen kann, ist es Zeit aufzuhören“, sagt Joe Cocker, der heute seinen 70. Geburtstag feiert und sich immer noch fit genug fühlt, auch dieses Jahr wieder Konzerte zu geben – natürlich mit „With A Little Help From My Friends“, denn das ist auch nach 45 Jahren noch der Cocker-Song schlechthin.

Paul McCartney und John Lennon hatten das Lied für das Beatles-Album „Sgt. Pepper’s Loneley Hearts Club Band“ geschrieben. Es war, so McCartney, „eine kleine Demonstration unseres handwerklichen Könnens“. Doch nicht diese Aufnahme schrieb Rockgeschichte, sondern der Auftritt Joe Cockers beim Woodstock-Festival am 17. August 1969, der aus dem harmlosen Song eine der ganz großen Hymnen der Rockmusik machte. Schon beim ersten Hören faszinierte das Lied den noch unbekannten Sänger Joe Cocker, einen Klempner aus dem englischen Sheffield. Er schart mit Jim Capaldi und Steve Winwood ein paar Freunde um sich, um das Stück einzuspielen. Doch der Funke springt nicht über. Bei einer späteren Aufnahme kommt Jimmy Page dazu, der bald mit Led Zeppelin zum Weltstar werden sollte. Diesmal gelingt die Aufnahme. Cocker gestaltet aus dem schlichten Lied eine treibende und schäumende Rhythm’n’Blues-Nummer. Obwohl es eine Coverversion ist, macht Cocker das Stück zu seinem ureigensten Lied, so dass es seither mehr mit ihm als mit den Beatles in Verbindung gebracht wird. Die waren selbst derart von Cockers Aufnahme begeistert, dass sie ihm ein Glückwunschtelegramm sandten. Doch der Ruhm, den der Song für Joe Cocker bedeutet, hängt weniger mit der Hit-Single zusammen als vielmehr mit Cockers Präsentation auf dem Woodstock-Festival. Seine gefühlvolle, zappelnde und zuckende Bühnengestik, die er vor dem Mikrofon pflegt und die aussieht, als würde er im nächsten Moment einen epileptischen Anfall haben, ist seit Woodstock sein Markenzeichen. Während des Gitarrensolos von „With A Little Help From My Friends“ bildete er die Musik mit bloßen Händen nach und prägte so die Bewegungsformen der Luftgitarre, wofür es mittlerweile schon eigene Weltmeisterschaften gibt. Aus Spott über seinen unorthodoxen Bühnenvortrag macht er sich nichts. Statt sich über eine bissige Parodie des verstorbenen John Belushis zu ärgern, bedauerte er nur: „Ich hätte ihn gern zum Freund gehabt.“ Joe Cockers Stimme hat sich ins kollektive Bewusstsein gebrannt. Zahlreiche Gold- und Platinauszeichnungen begleiten seinen internationalen Erfolg. Seine Alben und Tourneen verkaufen sich eigentlich von alleine. Das war nicht immer so. Cocker ist ein Künstler, der alle im Rockgeschäft erdenklichen Höhen und Tiefen erlebt hat. An seinen Drogen- und Alkoholproblemen ist er fast zugrunde gegangen, konnte sich aber Anfang der 1980er Jahre wieder aufrappeln. Er raucht nicht mehr, trinkt nicht mehr – „die Leute haben deswegen fast schon Angst vor mir“. Joe Cocker ist das Stehaufmännchen im Rock’n’Roll-Zirkus. Auch finanziell. Da überließ er vieles gutgläubig seinen Managern, die sich bedienten. So blieben Cocker zum Beispiel nach seiner dreimonatigen USA-Tournee 1970 trotz ausverkaufter Hallen gerade mal 872 Dollar übrig. „Das waren Zeiten, da dachte ich nicht, dass ich es noch einmal schaffe.“ Er sehnte sich zurück nach Sheffield: „Dort habe ich früher 50.000 Euro pro Woche in den Kneipen für mein Gekreische bekommen und jeden Abend mehr als fünf Liter Bier getrunken. Da fühlte ich mich wohl.“ Und dennoch: „Ich würde nichts ändern in meinem Leben. Man muss Erfahrungen machen. Manchmal habe ich mich zu viel aufgeregt und bin vom Kurs abgekommen. Heute aber bin ich ein glücklicher Mensch.“

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