Kaiserslautern Charmante Experimente

Beim Elektropop-Trio I Heart Sharks treffen englischer Charme und musikalische Experimentierfreude auf deutsche Gradlinigkeit und Technik. Mit dieser spannenden Mischung und der aktuellen Platte „Anthems“ im Gepäck, beehren die Musiker am Freitag die Kammgarn. RHEINPFALZ-Mitarbeiterin Katharina Kovalkov sprach vorab mit Sänger Pierre Bee und Gitarrist Simon Wangemann.

Ihr seid jetzt bei der Hälfte Eurer „Karaoke“-Tour angelangt. Wie ist es bisher gelaufen, und was waren die Höhepunkte?

Pierre: Spannend, vor allem in Ländern, wo wir noch nie gespielt hatten wie in England oder Holland. Wir schauen uns gerne in den Städten um, in denen wir spielen. Und diesmal hatten wir die Chance Amsterdam und London wirklich zu sehen.Simon: Genau! London war ein Höhepunkt, weil wir noch nie vorher in dieser Stadt ein eigenes Konzert gespielt haben. Und es heißt ja immer, dass deutsche Bands es nie nach England schaffen, weil die Engländer selbst genug neue Bands haben. Aber im Grunde sind wir auch keine deutsche Band, sondern eine bunte Mischung, die sich in Berlin zusammengefunden hat. Wie genau habt Ihr Euch denn zusammengefunden? Pierre: Als wir in 2007 nach Berlin gezogen sind, waren wir nur am Feiern. In Clubs lernt man immer sehr interessante Menschen kennen. Wir sind uns oft zwischen Techno und Indie-Parties begegnet und haben uns entschieden, eine Band zu gründen.Simon: Die Mischung ergab sich dann aus der Musik, die uns umgeben hat. Zum einen die druckvolle, tanzbare und gradlinige Musik aus den Berliner Clubs. Zum anderen englische Musik mit etwas mehr persönlichem Inhalt in den Texten und klassischen Songstrukturen. Wie kam der Sound zustande? Seid Ihr schon immer Fans von Synthie-Pop-Veteranen wie Depeche Mode, New Order, Ultravox und dergleichen gewesen? Pierre: Die 80er spielten immer eine wichtige Rolle für uns. Heutzutage wollen viele einen eher reduzierten Klang erzeugen, damals hatten die Musiker keine Angst uncool zu sein und haben viel mehr Emotionen in die Songs gepackt. Uns fehlt das manchmal in der modernen Musik, und deshalb ziehen wir viel aus dieser vergangenen Zeit. Außerhalb von Deutschland wird definitiv mehr mit Synthie-Pop experimentiert. Ich glaube es liegt an der Nostalgie und dem Gedanken, dass früher alles besser war. Apropos Ultravox: Niemand Geringeres als Midge Ure hat zu Eurem aktuellen Album „Anthems“ einige Töne beigesteuert. Wie kam es dazu? Pierre: Midge Ure war immer ein Held für uns, unter anderem weil er damals „Vienna“ geschrieben hat und die Produktion des Liedes sehr neu für seine Zeit war. Wir haben ein paar Tage mit ihm Zuhause in seinem Studio verbracht und durften ihn alles fragen, wie er was gemacht hat und was für analoges Zeug er benutzt hat. Lustigerweise hat er selbst keine Lust mehr auf analog. Heute nutzt er nur noch digitale Sachen, weil die einfach immer funktionieren. Das Album wurde in einer stillgelegten Textilfabrik in Manchester und der ehemaligen DDR-Radiostation in Köpenick, Berlin aufgenommen. Wieso genau an diesen beiden Orten? Simon: Interessanterweise stehen beide Gebäude für das Ende einer früheren Ära. Die Fabrik in England stammte noch aus der Zeit der Industrialisierung, und die DDR-Radiostation wird natürlich seit der Wende nicht mehr in ihrem ursprünglichen Zweck verwendet. In beiden Gebäuden kann man noch etwas aus der Zeit vergangener Tage spüren. Eine spannende Aura, die einen umgibt und die wir in der heutigen Zeit quasi erneuern. Die Orte und ihre Geschichten haben oft sehr starke Auswirkungen auf die Musik. Produzent des Albums war Joseph Cross, der schon für das Duo Hurts Gutes geleistet hat. Wie kam es zu der Zusammenarbeit, und ist sie eine dauerhafte Sache? Pierre: Wir fanden Hurts immer super und wollten deshalb unbedingt mit ihm Musik machen. Wir haben uns in Berlin getroffen und haben dort einen Song geschrieben. Da es so gut geklappt hat, sind wir oft zu ihm nach Manchester gefahren und haben ihn irgendwann gefragt, ob er nicht Lust hätte, die Platte zu produzieren.Simon: Uns war schon recht früh klar, dass wir mit einem englischen Produzenten arbeiten wollen. Hier in Deutschland haben wir keinen gefunden, der mit einer typisch englischen und dreckigen Attitüde arbeitet. Hier wird oft sehr klinisch und technisch korrekt gearbeitet, aber das wollten wir ganz bewusst nicht. Es ist Euer zweites Album, diesmal aber erstmals mit einem Plattenlabel, Island Records, im Rücken. Ist es leichter mit Plattenlabel, oder müsst Ihr jetzt viel mehr Kompromisse eingehen? Simon: Unsere Erfahrung mit einem Major-Label war eine sehr positive. Es ist nie dazu gekommen, dass man sich inhaltlich oder musikalisch gestritten hätte. Der ganze Vorgang lief von vorne bis hinten in großem Einverständnis aller Beteiligten ab.Pierre: Das stimmt, mit Island Records war es immer leicht zu arbeiten. Es macht mehr Spaß, wenn man eine große Mannschaft hinter sich hat, die noch dazu sehr erfahren ist. Was dürfen die Kaiserslauterer Fans von Eurem Besuch am Freitag in der Kammgarn erwarten? Pierre: Eine tolle Support-Band in Form von Heinrich und eine einzigartige Show von uns mit einer bunten Mischung aus neuen und sehr alten Songs. Danke fürs Gespräch. (kkv)

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