Kaiserslautern Buntes Funkeln über qualmenden Reifen

Als sich die dichten Schwaden schon verzogen hatten, da qualmte noch wacker ein übelriechendes Häuflein Gummi auf dem Asphalt. Applaus von Aberhunderten von Zaungästen entlang der Parkplatz-Einfahrten. So es dem Publikum gefällt, malt so mancher Autotuning-Freund auch mal mit einem sündhaft teuren Satz Reifen interessante schwarze Muster auf den harten Untergrund. Derart schonungslos gingen aber die allerwenigsten jener Liebhaber mit ihren fahrbaren Untersätzen um. Zu Tausenden waren sie am Samstag zum zweiten Tuning-Treffen in die „Schweinsdell“ gekommen.

Breite Schlappen immens niedrigen Querschnitts sind richtig kostspielig. Ihr Profil fährt sich auch rasch ab. Lässt man die Reifen dauerhaft durchdrehen, geht das also auch richtig ins Geld. Das aber scheuten einige nicht. Als erstmals dichter Qualm aufstieg an der Zufahrt, da drängte es die Schaulustigen in Scharen. Bis plötzlich nichts mehr ging: Stau im Kreisel unterhalb des Parkplatzes, den zu jener Stunde – das letzte Tageslicht war dabei, sich zu verflüchtigen – längst eine schier unüberschaubare Anzahl von Fahrzeugen füllte. Mit 5500 fahrbaren Untersätzen hatten die Organisatoren gerechnet. Das aber reichte nicht. Es seien mit Sicherheit mehr gewesen, hieß es gestern auf Anfrage beim Polizeipräsidium Westpfalz. Die Besucher zu schätzen, ließen die vor Ort eingesetzten Beamten sein. Das sei nicht mehr überschaubar. Den Überblick wahrt ein Trio hoch oben auf einem Dodge: An der Biertisch-Garnitur, die genau auf die Ladefläche passt, hocken Rainer Hubrich und Sohn Tom, dazwischen Kumpel Jürgen Ningelen. „Wir fahren auch Motorrad, Harley, Gold Wing“, lässt Ningelen wissen. Vor allem schätzen die Drei edle fahrbare Untersätze aus besseren Tagen, bevorzugt made in USA. „Ich bin damit aufgewachsen, mein Vater war schon früher mit dem Virus infiziert“, sagt Tom. Hubrichs sind in Waldleiningen zu Hause, mussten also nur ein paar Kilometer hinter sich bringen, um auch beim zweiten offenen Treffen der Lauterer Tuning-Szene dabei zu sein. Neben dem Dodge parkt ein Mercury Cougar Baujahr 1973, daheim stehe noch ein Lincoln – ein Continental Mark V Cabriolet von 1960, um genau zu sein. Vom Virus infiziert... Es sind zum einen Fans älterer Edelkarossen, die sich in der Schweinsdell ein Stelldichein gaben, zum anderen solche, die es lieben, gängige Modelle (gerne mit ordentlich Pferdchen unter der Haube) optisch und auch in puncto Leistung aufzupolieren. Zur zweiten Gruppe zählen Florian Korn und seine Lebensgefährtin Jessica Berktold aus Alsenbrück-Langmeil. Das Paar ist mit einem BWM M 3 mit e46-Motor angebraust. Korn hat witzigerweise Modell und Typ im Kennzeichen verewigt, rollt mit der Kombination M 326 durch die Lande. Der schwarze BMW, der vor elf Jahren vom Band gerollt ist, glänzt fast neu. An den Seitenhecks verzieren Motive den Wagen, per Folie aufgebracht. Das sei aus der Not geboren gewesen, bekennt Korn: Jemand hat ihm seinen Wagen damals, kaum dass er ihn sein Eigen nannte, vom Eigentümer unbemerkt auf einem Parkplatz verschrammt. Das Paar aus Winnweiler findet das Treffen und die Stimmung prima, kann dies auch vergleichen: Auf dem Nürburgring sind die beiden Dauergäste, waren schon bei Szene-Treffs in Eisenach. Und natürlich in Grünstadt, dem nächstgelegenen Schauplatz, an dem stolze Besitzer rollender Unikate jährlich anzutreffen sind. Unikate sind viele Vehikel in der Tat – dank der oft aufwendigen Eingriffe, die Laune machen, allerdings Ärger bringen können, wie einige leidvoll erfahren mussten. Die Polizei hatte diesmal genauer hingeschaut. Mit der Resonanz sind die Organisatoren – die nicht namentlich genannt sein möchten – zufrieden. Der Wermutstropfen der Polizeikontrollen, der ist nicht ihnen anzulasten. Innerhalb der Szene ist das Lauterer Treffen ob der Vorab-Übereinkunft zwischen Tuner-Fans und Polizei ja als einzigartig angesehen. Letzten Endes aber müsse jeder wissen, ob es ratsam sei, auf heißen Reifen anzureisen, deren Überbau nicht den gesetzlichen Auflagen genüge, kommentierte ein Besucher die Kontrollen. Das Gummi-Häuflein hatte längst ausgequalmt, als bei Dunkelheit endgültig die Stunde der Sonderbeleuchtungen schlug, Halter ihre Fahrzeuge bunt strahlen ließen. Einer hatte bei seinem schwarzem Flitzer sogar eine grüne Radkasten-Innenbeleuchtung einmontiert. Beim Tuning-Treffen gibt’s nichts, was es nicht gibt. (cha)

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