Kaiserslautern Auf Suche nach dem Ich

Eine Geschichte über Freundschaft, Schicksalsschläge und die Sehnsucht, ein fremdes Leben zu leben: Nina Sahm stellt am Donnerstag ihr Erstlingswerk „Das letzte Polaroid“ in der Reihe „Junge Autoren bei Thalia“ vor. RHEINPFALZ-Mitarbeiterin Katharina Kovalkov sprach vorab mit Nina Sahm.

Wann entstand bei Ihnen die Liebe zum Schreiben?

Die entstand eigentlich beim Lesen. Ich habe immer wahnsinnig viel gelesen, hatte einen Ausweis von der Stadtbibliothek und war da jede Woche. Ich bin immer mit einem Riesenstapel wieder rausgegangen. Sehr früh kam der Gedanke, dass ich irgendwann auch gerne mal so ein Buch schreiben würde. Aber das war immer sehr weit weg, ich hatte nie einen konkreten Plan. Ich habe studiert, als Dramaturgin und freie Journalistin gearbeitet. Dann habe ich mich 2011 als Texterin selbstständig gemacht und hatte mehr Zeit zum Schreiben, zuerst noch Kurzgeschichten, und nach und nach habe ich angefangen den Roman zu schreiben. Wie lange haben Sie daran geschrieben? Ein ganzes Jahr lang. Dann ging es mit der Verlagssuche los, und ich habe dann noch ein Jahr mit meinem Lektor daran gearbeitet. Können Sie uns einen kurzen Einblick ins Grundthema des Romans geben? Also in erster Linie ist es eine Geschichte über die Freundschaft zwischen zwei sehr unterschiedlichen Mädchen. Die eine, Anna, wächst sehr behütet auf und bekommt viel theoretisches Wissen von ihren Eltern mit. Aber viel mehr als das erfährt sie nicht von der Welt. Die Eintrittskarte in die aufregenden Seiten des Lebens ist Kinga, die sie während eines Urlaubs in Ungarn kennenlernt. Kinga ist das genaue Gegenteil von Anna. Sie wächst ohne Verbote auf, probiert alles aus und hat ganz viel praktische Lebenserfahrung. Nach dem Urlaub werden sie Brieffreunde. Als Kinga nach einem Unfall ins Koma fällt, entscheidet sich Anna zu ihr nach Ungarn zu fahren. Dort wird ihre lange Freundschaft auf die Probe gestellt, weil Anna es nicht schafft neben Kinga am Krankenbett zu sitzen, sondern stattdessen ganz tief in dieses fremde Leben eintaucht. Es ist eine Coming-of-Age-Geschichte, in der die Hauptfigur nicht genau weiß, wer sie selbst ist und wer sie sein möchte und das erst durch die Reise in ein fremdes Land herausfindet. Man fragt einen Autor ja immer nach autobiografischen Bezügen. Wie ist das bei Ihnen ? Nein, es ist keine autobiographische Geschichte, sondern sie ist rein fiktiv. Die einzige Parallele, die es gibt oder vielmehr der Auslöser für mich diesen Roman zu schreiben, war ein Auslandssemester, das ich 2004 in Budapest verbracht habe. Als ich versucht habe in diesem fremden Land anzukommen, hatte ich zum ersten Mal die Idee, dass man einen Roman schreiben könnte über jemanden, der eben genau in so einer Fremde ankommt und sich dann vorstellt, wie es wäre da einzutauchen und eine andere Identität anzunehmen. Sie sagen über sich selbst, dass Sie die Angewohnheit haben, bei unbekannten Büchern zuerst den ersten und den letzten Satz zu lesen. Wieso? Das ist so eine Marotte, die irgendwann angefangen hat, als ich in einem Buchladen stand und mich nicht entscheiden konnte, was ich als nächstes lese. Ich würde natürlich niemals ein Buch auf diese beiden Sätze reduzieren. Ich habe nur festgestellt, dass es immer viele Bücher gibt, die ich lesen möchte, und der erste Satz soll einen ja so richtig neugierig machen. Deshalb ist es mir auch wichtig, dass ich mit meinem ersten Satz zufrieden bin. Und – sind Sie es ? Ja, sehr! (lacht) Ich danke fürs Gespräch. (kkv)

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