Kaiserslautern Wenn sich Flüsse zum Strom vereinigen

Urgesteine der Szene: Christy Barry & James Devitt.
Urgesteine der Szene: Christy Barry & James Devitt.

Das diesjährige Irish Folk Festival (IFF) am Dienstag im Kasino steht unter dem Motto „Music knows no borders“, „Musik kennt keine Grenzen“. Wer sich mit irischer Kultur auskennt, der weiß: Musik, Tanz und Gesang sind Stoff, aus dem Träume sind. Sie kennen keine Grenzen. Sollte es aber bald wieder, verursacht durch den Brexit, eine harte Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland geben, dann würde die erneute Trennung schmerzen und daran erinnern, dass man einst in einem Land ohne Grenzen lebte. Dass das Leben in einer Welt ohne Grenzen lebenswerter ist, daran will die Tour dieses Jahres erinnern. DIE RHEINPFALZ hat schon mal in die vier Silberlinge des Festivals reingehört.

Christy Barry & James Devitt: „Doolin Music House“:

Die zwei in Ehren ergrauten Gentlemen sind Urgesteine der traditionellen Szene der Grafschaft Clare und seit über 50 Jahren aus dem musikalischen Leben rund um Doolin und die Cliffs of Moher nicht wegzudenken. Mit ihrem so entspannt gespielten Oldtime-Stil haben sie dazu beigetragen, dass das kleine Dorf an der Westküste bekannt geworden ist. Das Duo beweist, dass es keines Schlagzeugs bedarf, um mitreißende Grooves zu erzeugen. Und so legt Christy Barry mit den Spoons (Löffeln) den rhythmischen Teppich, auf dem sich Querflöte und Tin Whistle (Christy) sowie James Devitts Fiddle nach allen Regeln der Spielmanns Kunst austoben können. In 17 instrumentalen Titeln gelingt eine spannende Reise mitten ins Herz der irischen Musik zwischen Jigs und Reels. Johanna Hyde & Tadhg Ó Meachair: „Folk For The Foxes“: Das junge Paar hat neulich erst geheiratet, und so ist das IFF für die beiden eine Art verspätete Hochzeitsreise. Wie gut das frisch gebackene Ehepaar harmoniert, kann man auf diesem Debüt-Album eindrucksvoll hören. Hier finden sich sowohl irische, als auch amerikanische Tunes und Songs wieder. Kein Wunder, denn Joanna ist Amerikanerin und Tadhg (ausgesprochen: Teig) Ire. Weder der amerikanische, noch der irische Folk gewinnt die Oberhand. Es entsteht ein eher atlantischer Klang, der sich frisch anhört und neugierig auf mehr macht. Tadhg spielt sowohl Piano als auch Akkordeon. Bekannt wurde er in der irischen Supergruppe „Goitse“. Joanna spielt eine dynamische Fiddle mit einem großen, warmen Ton. Ihre lyrische Stimme überzeugt mit vielen ausdrucksstarken Facetten. Mit ausgefuchsten Arrangements präsentieren die beiden ihren „Folk for the foxes“. Ailie Robertson: „Traditional Spirits“: Elf traumhaft schöne Titel liefert hier Ailie Robertson, die als eine der führenden Harfenistinnen und Komponistinnen Schottlands gilt, mit ihrer achtköpfigen Band ab. Beim IFF stellt sie ihr einmaliges Projekt „Traditional Spirits“ vor, das sie als Hommage an das „flüssige Gold“ Schottlands betrachtet. Ailie sieht deutliche Parallelen zwischen den uralten Traditionen des Whisky und des Scottish Folk. Beide würden von Generation zu Generation weitergegeben und beiden lägen nur ein paar wenige Elemente zugrunde. Herrliche Harfenklänge, die so rein wie Glocken klingen, und ein lyrisch geblasenes Saxophon laden zum Meditieren ein. In „The Cooperage“ vermischt sich traditionelle irische Musik mit Jazz-Rock. Ailie spielt splitternde Cluster von punkinspirierter Getriebenheit. Fiddle, Piano, Bass, Gitarre und Schlagzeug treiben sich gegenseitig zu einem Hexentanz an, und das Sopransaxophon steigert noch die Expressivität durch ekstatische Sounds. In der Tat: wie Whisky. Viele Jahrzehnte lang, „im Holzfass gereifte“ Folklore, verfeinert durch modernster Technik und wissenschaftlich fundierte Verfahren. Schlichtweg großartig. The Outside Track: „Tradition With New Wings“: An ihnen kommt man nicht vorbei, wenn man die erfrischenden und kreativen Interpreten keltischer Musik in dieser Dekade aufzählen will. Was ist an Outside Track im Vergleich zu anderen Top-Bands so besonders? Die Mitglieder kommen aus Irland, Schottland und Kanada. Entsprechend vielfältig sind der Klang und das Repertoire. Die vier jungen Frauen und ein Gitarrist haben einen transatlantischen beziehungsweise einen transkeltischen Sound geschaffen, der eine Brücke über keltische Traditionen schlägt. Es ist, wie wenn sich drei Flüsse zu einem großen Strom vereinigen, der imposant die Musiklandschaft für sich einnimmt und im Sonnenlicht schimmert. The Outside Track sind, getreu ihrem Namen, erfrischend anders. Es ist ein Blick aus der Perspektive der Weltmusik auf traditionelle Spielweisen. Dazu kommen eigene Kompositionen. Alle Musiker sind hochvirtuos. Mit Fiddle (Mairi Rankin), Harfe (Ailie Robertson), Akkordeon (Fiona Black), Flute und Gesang (Teresa Horgan) und dem preisgekrönten Gitarristen Michael Ferrie ist die Band reichhaltig instrumentiert. Teresa gilt als eine der großen neuen Stimmen Irlands, und sie wird durch anmutigen Harmoniegesang ihrer Kolleginnen umrahmt. Die Band hat bisher fünf Alben heraus gebracht. In Deutschland wurde das Album „Flash Company“ mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik als bestes Folkalbum prämiert. Einer der besten Celtic Acts der Welt. Atemberaubend. Festival Das Irish Folk Festival findet am Dienstag, 16. Oktober, 20 Uhr, im Kasino der Kammgarn statt; Vorverkauf bei Thalia, 0631/36219814, Pop Shop, 0631/64725, Soundcheck, 0631/891712, und im Netz unter www.kammgarn.de; daneben Abendkasse.

Knüpft an die Whisky-Tradition an: Ailie Robertson mit ihrem Projekt „Traditional Spirits“.
Knüpft an die Whisky-Tradition an: Ailie Robertson mit ihrem Projekt »Traditional Spirits«.
Auf musikalischer Hochzeitsreise: Johanna Hyde & Tadhg Ó Meachair.
Auf musikalischer Hochzeitsreise: Johanna Hyde & Tadhg Ó Meachair.
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