Kaiserslautern Neue Bühne zieht Besucher an

Gelungener Einstand: (von links) Jörg Kirsch, Thorsten Requadt, Helmut Engelhardt und Volker Klimmer bieten im neuen Wednesday-N
Gelungener Einstand: (von links) Jörg Kirsch, Thorsten Requadt, Helmut Engelhardt und Volker Klimmer bieten im neuen Wednesday-Night-Jazz-Club im Musikclub Luther feinste Unterhaltung.

Es herrschte wieder drangvolle Enge, das kannten wir doch beim Wednesday-Night-Jazz-Club Kaiserslautern schon im Storchenturm! Aber am Mittwoch war nicht etwa die Location zu klein, sondern im neuen Domizil des Musikclubs Luther der Andrang einfach riesig. Neugierig zeigte sich die freie Szene hinsichtlich der geänderten Rahmenbedingungen, die sich insgesamt für Podium und Publikum als vielversprechend erwiesen.

Die lange Zwangspause, ausgelöst durch den Wasserschaden im Storchenturm (DIE RHEINPFALZ berichtete mehrfach), führte bei der Wiederaufnahme des Wednesday-Night-Jazz-Clubs an neuer Stätte dazu, dass die Veranstaltung förmlich überrannt wurde. Hinzu kommt die immer wieder zu erkennende Solidarität mit Lokalmatador Helmut Engelhardt, der bei der bereits fünften Lokalität seit Bestehen der Reihe auch organisatorisch das machen musste, was ohnehin den Jazz prägt: improvisieren. Es sollte musikalisch ein ganz großer Abend werden, einer mit vielen Überraschungen: Während der Jazz ansonsten wie die klassische Kammermusik etwas bei der Gunst der Musikhörer in der Krise steckt, zeigte diese erste Session im neuen Jahr, dass etwas geht, wenn Atmosphäre und Ambiente stimmen. Die sind hier, im Musikclub Luther, zwischen Lounge- und Clubatmosphäre angesiedelt, und die Bühne bot für die Hausband und diverse Gäste ausreichend Platz. Neben Engelhardt mit Tenor-Saxofon und Volker Klimmer an Keyboard und Piano musizierten der Schlagzeuger Thorsten Requadt und der Bassist Jörg Kirsch. Letzterer sorgte für die erste Überraschung, da er neben der gewohnten Bassgitarre nun auch mit einem neu erstandenen Kontrabass aufwartete; was mehr Klangvolumen, wärmere Klangfarben und auch perkussiv mehr Intensität und Durchschlagskraft brachte. Stilistisch war es nach dem routinierten Abspulen bei Sessions andernorts (von anderen Bands) hier eindeutig ein „Bearbeiten“ thematischer Vorlagen. Engelhardt und Co. nutzen melodische Substanz von Swing-Klassikern wie Mancinis „Days of wine and roses“ oder Latin-Titeln wie den Bossa Nova von Jobims „Wave“ nur als Inspirationsquelle. Übrigens war der Bossa Nova ein geäußerter Publikumswunsch. Es spricht für die besondere Klasse der Formation, dass solche spontan aufgegriffen und weitergeführt werden können – wenn auch stilistisch zunehmend verändert, aufgelöst und in sehr freier Ausgestaltung. Wem dies bei Jazzklassikern zu gewagt erscheint, muss zugestehen, dass weitere vertretene Legenden wie Herbie Hancock mit ihrem Fusion-Stil ohnehin die Klangwelt des Jazz mit Elektronik und Stilmixturen erweiterten und auch – oder gerade – der Jazz ein Experimentierfeld und Schmelztiegel der Musikstile war. „Cantaloupe Island“ ist zwar ein eher gemäßigter Titel, bietet aber selbst einem Bläser genügend Stoff für kapriziöse Episoden, die auch mal von der klassischen Tonbildung abweichen und viele Effekte wie Glissando und Flageoletts einbeziehen. Die Feinabstimmung bei Takt und Tempo zeigte sich beim Hausensemble auch bei einem Blues; und mit einer Hommage an den größten Tenor-Saxofonisten aller Zeiten (außer Engelhardt – so die Moderation) fand die Session ihren Höhepunkt: John Coltranes Bebop-Titel „Mr. P.C.“ ist dann doch in dieser Version eine Art Bravourstück für Saxofonisten mit geschmeidigen, virtuosen Läufen. Requadt verstand sich meist als „mannschaftsdienlicher“ Pulsgeber, aber lockerte mit Breaks und Rhythmuswechseln die Kontinuität immer wieder geschickt auf und war plötzlich bei eigenen Soli präsent. Nach der Pause stiegen amerikanische Musiker und der Gitarrist André Gonsalves ein, dazu kamen die Sängerin Katrin Wilking und der weitere Vokalist Isaac Rooseveld. Später, zu vorgerückter Stunde, erschienen als Überraschungsgäste der in Hollywood wohnende Kaiserslauterer Drummer Tobias Urbanczyk und der Homburger Saxofonist Bernd Nickaes. So entwickelte sich ein traumhafter Einstand, der nicht besser hätte verlaufen können.

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