Kaiserslautern Klingende Hommage an die „Belle Epoque“

Das Musikcafé des Fördervereins der „Freunde des Pfalztheaters“ gaukelt bei Musik zu Kaffee und Kuchen in heimeliger Atmosphäre oberflächliche Unterhaltung im gemütlichen Konversationston vor. Kunst und Kulinarik sozusagen als Werbefaktor auf beiden Seiten – Pfalztheater und Förderverein. Die jüngste Ausgabe der Reihe machte einmal mehr bewusst, dass die Organisatoren und Ausführenden die Sache nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Das Motto „Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen“ suggeriert vielleicht noch diese Leichtlebigkeit, ist bei genauerer Betrachtung nur eine der vielen, gezielten Hinführungen zum eigentlichen Thema: der klingenden Hommage an die „Belle Epoque“ zwischen dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870 und dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Und in dieser historischen wie musikalischen Aufarbeitung eines zwischen Glamour und Aufbruchstimmung sowie Vorahnungen geprägten Weltbildes hatte die wichtigste Protagonistin, Adrienn Cunka, eine Herkulesaufgabe gestemmt. Die Sängerin vom hauseigenen Gesangs- und Solisten-Ensemble des Musiktheaters hatte die wesentlichen Jahre in ihrer Einführung chronologisch anhand von historischen Fakten, gesellschaftlichen Umwälzungen, Neuerungen und Erfindungen Revue passieren lassen. Sie ging dabei auf die soziale, politische und technologische Sicht ein, gab zudem Zitate von Literaten und Humoristen wie Wilhelm Busch wieder, streifte Dichter und Komponisten ebenso wie bahnbrechende und die Epoche verändernde Erfindungen. Passend dazu hatte Cunka treffende Musikbeispiele ausgewählt, die allerdings nicht immer in dieser Zeitspanne entstanden, sondern oft später. Wenn etwa Stoffe dieser Zeit wie Verdis Oper Aida um die verschleppte Königstochter Aida auch wieder später in Musicalfassung (von Elton John und Tim Rice) aufgegriffen wurden. Somit stellte Cunka geschickt die Verbindung zwischen „Belle Epoque“ und dem 20. Jahrhundert her und hatte für ihre Vortragsfolge viele Höhepunkte aus Musicals und Film oder Chanson (Reinhard Mey) ausgewählt und sehr publikumswirksam aufgeführt. Bei jedem Vortrag stellte sie zunächst vorab den jeweiligen historischen oder gesellschaftlichen Bezug her, jeder wurde stilistisch in Melodik und Rhythmik genau am Nerv getroffen. Und Reinhard Meys Ballade übers Fliegen wirkte in dieser beseelten Darstellung mit ausdrucksstarker Gestik und Mimik wie hypnotisierend. Herausragend als Kontrast dazu zeigte sich der lebhaft pulsierende Drive bei der Kostprobe aus dem Musical „Grease“ in fast schon ekstatischer Intensität. Wieder völlig zurückgenommen ging es danach auf Tauchstation und Cunka stimmte „Smile“ von Charlie Chaplin in entwaffnender Natürlichkeit und Anmut und schlichtem melodischem Reiz an. Cunka hat eben mit ihrer klaren, mädchenhaft schlanken und immer nuanciert klingenden Stimme in vollendeter intonatorischer Reinkultur eine große Palette an Ausdrucksdifferenzierungen und Klangfarben zu bieten. Mitstreiter waren dieses Mal am Keyboard Studienleiter und Kapellmeister Frank Kersting, der genau diesem Tonfall mit seismographischem Gespür folgte und alles sehr überzeugend begleitete, paraphrasierte und figurierte. Bestens unterstützt wurde er vom Schlagzeuger Markus Munzinger, der sich dezent einbrachte und für den Pulschlag dieser Musik zwischen Stumm- und Tonfilm, Broadway-Musical und Chanson sorgte. Mit seinen Breaks sorgte er für die entsprechenden Auflockerungen.

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