Kaiserslautern Forscher und Unternehmer: Drei Kaiserslauterer auf der Hannover Messe

Moritz Hübler und Patricia Schweitzer entwickeln mit ihren Kollegen in ihrem Start-up CompActive ein intelligentes Material, das
Moritz Hübler und Patricia Schweitzer entwickeln mit ihren Kollegen in ihrem Start-up CompActive ein intelligentes Material, das unter anderem die Aerodynamik bei Flugzeugen verbessern kann.

Auf der Hannover Messe vom 23. bis 27. April präsentieren mehrere Aussteller aus Kaiserslautern ihr Know-how. Vom Thema Aerodynamik über neuartige Kunststoffe bis zu Softwarelösungen zeigen die Forscher und Unternehmer, was sie entwickelt haben. Die RHEINPFALZ stellt eine kleine Auswahl der Exponate vor.

Flexstructures

Im vergangenen Jahr hat die Firma Flexstructures GmbH aus Kaiserslautern den Robotics Award, den Preis der Hannover Messe für angewandte Robotiklösungen gewonnen. Der Preis habe dem Unternehmen viel Aufmerksamkeit gebracht, berichtet Geschäftsführer Oliver Hermanns. Noch auf der Hannover Messe und auch im Nachgang dazu habe es mehrere Treffen mit Vertretern aus der Industrie gegeben, aus denen sich konkrete Aufträge ergeben haben. In diesem Jahr ist das Unternehmen ebenfalls auf der Messe präsent – dieses Mal mit einem größeren Stand und mehr Mitarbeitern. „Wir rechnen mit einem hohen Besucheraufkommen“, sagt Hermanns. In internationalen Medien sei bereits im Vorfeld zur Messe über Flexstructures berichtet worden, dabei gelte der Stand der Firma als eines der Highlights, berichtet Hermanns. Die Softwarelösungen, die das Unternehmen aus Kaiserslautern entwickelt hat, ermöglichen es unter anderem, das Verlegen von Schläuchen und Kabeln zu simulieren. Damit sei die Firma derzeit konkurrenzlos im Markt, schildert Hermanns. Die Entwicklungen von Flexstructures kommen international zum Einsatz: Japan, China, Korea, USA und die Europäische Union zählen zu den Märkten, die Flexstructures bedient. Hauptkunde sei dabei die Automobil- und Nutzfahrzeugindustrie, doch auch in der Elektroindustrie haben die Softwarelösungen Einzug gehalten, wie Hermanns erläutert. Immer zur Hannover Messe präsentiere die Firma ihre neusten Entwicklungen. In diesem Jahr ist es ein digitales Menschmodell, mit dem sich unter anderem simulieren lässt, ob ein Werker beim Zusammenbau eines Autos überhaupt an die Stelle gelangt, die für das Bauteil vorgesehen ist, ob er die Einbaustelle einsehen kann und ob er dabei in einer belastenden Körperhaltung arbeiten müsste. Gleichzeitig lasse sich simulieren, wie Mensch und Roboter gemeinsam am Zusammenbau eines Autos tätig werden. Seit der Preisverleihung auf der Hannover Messe habe das Unternehmen den Bereich Robotics deutlich ausgeweitet, die Firma insgesamt befinde sich derzeit auf starkem Wachstumskurs.

SmartFactory

Bei der SmartFactory laufen die Vorbereitungen auf die Hannover Messe derzeit auf Hochtouren. Traditionell werden dort die technologischen Neuentwicklungen der Technologieinitiative präsentiert, wie der Vorstandsvorsitzende Detlef Zühlke schildert. Die SmartFactory ist mit 19 Partnern auf der Messe vertreten. Ein Schwerpunkt in diesem Jahr liegt auf der Frage, wie sich bestehende Produktionsanlagen nachträglich digitalisieren lassen. Diese Frage beschäftige derzeit viele Unternehmer, schildert Haike Frank, Leiterin des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Kaiserslautern, das Firmen auf dem Weg zur Digitalisierung unterstützt. Beispiele dafür, wie sich bestehende Anlagen nachträglich umrüsten lassen, zeigt die Produktionsanlage der SmartFactory, die auf der Hannover Messe aufgebaut wird. Zum Einsatz kommen sogenannte Edge Devices, die von fünf Partnerunternehmen entwickelt wurden. Dabei handelt es sich um eine Art nachträglich eingebaute Mini-Computer, die Zustandsdaten aus der bestehenden Anlage sammeln. Das können Temperatur, Druck, Vibration oder Fließgeschwindigkeit sein. Diese Daten werden an eine übergeordnete IT-Plattform zur Datenanalyse weitergeleitet und sollen es ermöglichen, Rückschlüsse über den Zustand der Anlage zu gewinnen. Die Daten werden den Mitarbeitern anschließend via Datenbrille zugänglich gemacht. Dies ermögliche beispielsweise eine vorausschauende Wartung, die ein Bauteil ersetzt, noch bevor es ausfällt, erklärt Zühlke. Weiter können aus den Daten Handlungsvorschläge für die Mitarbeiter gewonnen werden. Dies sei ein Beispiel dafür, wie Künstliche Intelligenz Mitarbeiter unterstützen kann. Welche Entscheidung letztlich getroffen werde, liege jedoch allein beim Menschen, betont Zühlke. Ein weiterer Schwerpunkt liege auf der erstmaligen Nutzung der 5 G Mobilfunktechnologie, die bis 2020 an den Start gehen soll. Die SmartFactory zeige, was sich damit im industriellen Umfeld machen lasse. Das Interesse an der Arbeit der Technologieinitiative sei international sehr hoch, berichtet Zühlke. Besuchergruppen aus den USA, China, Korea und der EU haben sich angekündigt. Aus dem rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium hat sich Staatssekretärin Daniela Schmitt angekündigt, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will ebenfalls vorbei kommen.

CompActive

Um Energie zu sparen, ist Aerodynamik bei Flugzeugen und Autos wichtig. Techniken, die dies steuern, sind aber immer nur für einen bestimmten Geschwindigkeitsbereich ausgelegt. An einer flexibleren Methode arbeiten Forscher an der Technischen Universität Kaiserslautern (TU), die dazu ein „intelligentes Material“ entwickelt haben, das seine Form dank eines sogenannten Formgedächtnis-Drahts automatisch anpasst. Auch Lüftungs- und Heizungsanlagen sowie die Kühlung bei Sporthelmen lassen sich so einfach steuern, wie die TU weiter mitteilt. Das Material vermarkten die Forscher im Start-up „CompActive“. Der Vorteil: Während herkömmliche Techniken, die die Aerodynamik steigern sollen, jeweils für bestimmte Geschwindigkeiten ausgelegt sind, arbeiten Moritz Hübler und seine Kollegen vom Institut für Verbundwerkstoffe (IVW) an der TU an einer Technik, die sich automatisch an verschiedene Geschwindigkeiten und Temperaturen anpasst. Die Forscher setzen hierbei auf Drähte aus einer „Formgedächtnislegierung“, die aus einer Nickel-Titan-Verbindung besteht. „Die Wissenschaft beschreibt damit das Phänomen, dass diese Drähte nach einer Verformung wieder ihre alte Form annehmen“, erläutert Hübler. „Erwärmen sich die Drähte, zum Beispiel mithilfe eines elektrischen Stroms, ziehen sie sich zusammen.“ Aufgebracht sind die Drähte auf eine biegsame Platte aus Verbundwerkstoff. „Unser aktives Material benötigt weniger Volumen und hat ein geringeres Gewicht gegenüber herkömmlichen Techniken, die zum Beispiel mit Druckluft oder elektrischen Motoren arbeiten. Es könnte als Modul auch auf vorhandene Bauteile aufgebracht werden“, so Patricia Schweitzer, die ebenfalls am Vorhaben beteiligt ist. „Je nach Anforderung können wir sie in verschiedenen Größen anfertigen.“ Den Materialaufbau haben sich die Wissenschaftler bereits patentieren lassen und entwickeln ihn in ihrem Start-up „CompActive“ zur Marktreife. Neben dem Flugzeugbau lasse sich das Material unter anderem auch im Fahrzeugbau sowie bei Lüftungs- und Heizungsanlagen einsetzen.

Oliver Hermanns, Geschäftsführer von Flexstructures, hat im vergangenen Jahr den Robotics Award erhalten.
Oliver Hermanns, Geschäftsführer von Flexstructures, hat im vergangenen Jahr den Robotics Award erhalten.
Detlef Zühlke – hier im vergangenen Jahr – ist mit der Demonstrationsanlage der SmartFactory ein gefragter Gesprächspartner auf
Detlef Zühlke – hier im vergangenen Jahr – ist mit der Demonstrationsanlage der SmartFactory ein gefragter Gesprächspartner auf der Hannover Messe.
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