Kaiserslautern Ein Kosmos aus globalen Klängen

Brandqvist Trio
Brandqvist Trio

usverkauft! Das sagt alles über den Stellenwert dieser vier Künstlerpersönlichkeiten. Eine Jazz-Supergroup mit Allradantrieb. Viele Worte muss man über sie nicht verlieren. Sie spielen zu hören, reicht. 4 Wheel Drive: ein Ensemble mit leistungsstarkem Vierzylindermotor und perfekt synchronisiertem Getriebe. Der Treibstoff: Jazz und nochmals Jazz. Mit ihren eigenen Projekten sind sie in der ganzen Welt höchst gefragt. Nun haben sie sich als Quartett vereinigt. Das Album steht symbolisch für das Kräfteverhältnis: Jeder der Vier lenkt den Reisekurs des Quartetts gleichermaßen. Gemeinsam nehmen sie als großartige Solisten und Teamplayer Fahrt auf. Neben je einer Eigenkomposition der Protagonisten haben sich Nils Landgren, Michael Wollny, Lars Danielsson und Wolfgang Haffner außerdem auf vier kreative Musiker der Popgeschichte verständigt, deren Vorlagen sie auf ihre individuelle Weise interpretieren: Paul McCartney, Billy Joel, Phil Collins und Sting. Die ausgewählten Klassiker geraten zu Spielwiesen für Affinitäten und Analogien ihrer Gestalter. Es geht ab wie der Teufel. Dann wiederum klingt es entrückt-geheimnisvoll, unprätentiös, puristisch, dynamisch oder zutiefst poetisch. Musik auf der Überholspur rahmt das Album ein: Wollnys rasantes Paradestück, der Opener „Polygon“ und das abschließende, von Danielsson geschriebene „4WD“. Jazz der scheuklappenfreien Sorte. Landgren – Wollny – Danielsson – Haffner: „4 Wheel Drive“ (Donnerstag, 11. April, Kasino). oppla! Musikantenstadl beim Jazzfestival? Wie geht das? Mit drei Alphornbläsern kämpft die Kölner Formation Alpcologne offen und unkompliziert gegen die Mythen des Vorurteils an. Und entführt in ein völlig verrücktes Konzert. Ein Mix aus Schweizer Gemütlichkeit und Kölschem Humor ist hier angesagt. Die Langsamkeit der Schweizer und die Kölsche Lebensweisheit „God Deil well Wiel han“ (Gut Ding will Weile haben, Hektik ist des Teufels) verschränken sich dabei auf unnachahmliche Weise. Ein Kölsches Gebot heißt aber auch: „Et bliev nix wie et wor!“ (Es bleibt nichts, wie es war!) Mitch Hoehler, Ebasa Pallada und Norbert Schmeißer (alle Alphorn) sind nicht nur offen für Neuerungen, sie entführen mit viel Kreativität und Witz in einen Kosmos aus globalen Klängen und musikalischen Abenteuern. Immense Spielkunst und Improvisationsfreude verbinden sie mit Humor. Und sie zeigen den Mut des Experimentierens. Sie rudern quasi gegen den Strom. Es ist unbeschreiblich, was die Drei mit ihren fast vier Meter langen Instrumenten und deren Naturtönen anstellen. Dabei ist das urschweizerische Alphorn als schwerfälliges Instrument verrufen, und seine Möglichkeiten sind recht beschränkt. Umso faszinierender ist, was das Kölner Quartett mit den Hörnern und Victoria Riccios Stimme anzufangen weiß. Die Alphörner können losbellen, können plötzlich ganz leise Töne hauchen, oder es wird so flexibel und wild wie die Posaune in den wildesten Zeiten des Free Jazz. Alpcologne: „Alpha“ (Freitag, 13. April, 20 Uhr, im Kasino). as der aus Nizza stammende Pariser (geboren 1980) dem Knopfakkordeon entlockt, hat man so noch nicht gehört. „Living Being II“ ist ein kollektiver Trip. Das Akkordeon steht noch weniger im Mittelpunkt als in dem vorhergehenden Album „Lento“, auf dem Peirani schon bewiesen hat, dass er ein Jahrhunderttalent ist. Erst wenn man es wegnehmen würde, würde man merken, wie viel plötzlich fehlt. Die Kunst Peiranis ist es, rhythmisch und songdienlich zu spielen. Die Melancholie des Chansons, die schiere Kraft des Rock – Peirani vereint sie durch seine Virtuosität. Sachte tastet sich Living Being in das Album hinein. Das durch Nancy Sinatra unsterblich gewordene „Bang Bang“ spielt das Quintett so zartfühlend wie nur möglich. Eine besondere, schier neue Leichtigkeit verpasst diesen zwölf Stücken das Sopransaxophon von Peiranis engstem musikalischem Partner Emile Parisien. Dreh- und Angelpunkt des Albums ist das dreiteilige „Kashmir To Heaven“, das sich auf die bekanntesten Songs der legendären Hard-Rock-Band Led Zeppelin bezieht. Unfassbar, mit welcher Energie die Band diese Mini-Suite behutsam aufbaut und dabei dem Vibe der Originale mit einer gänzlich anderen Instrumentierung treu bleibt. Peirani hat in kurzer Folge den Prix Django d’Or, den ECO Jazz und den Titel „Künstler des Jahres“ des französischen Jazz Magazine gewonnen. Note: Eins plus mit Sternchen. Vincent Peirani Quintett: „Living Being II – Night Walker “ (Freitag, 21.30 Uhr, Kasino). ine israelische Band, die für Nirvana, Brahms und The Bad Plus schwärmt. Piano, Bass, Schlagzeug. Drei Instrumente, drei Musiker in den Mittzwanzigern. Verschiedene Stile verbinden sie mit furioser Leidenschaft: Die Lautstärke des Rock und die Tanzbarkeit elektronischer Musik trifft auf die Sensibilität studierter Jazz-Musiker. Der Name der Band: Shalosh, hebräisch für „Drei“. Ihre Musik ist rudimentär, akustisch, progressiv – sie überschreitet stilistische Grenzen und widersetzt sich jeder Schublade. Trotz des klassischen Jazz-Trio-Formats und der tiefen Verwurzelung der Bandmitglieder im Jazz und in der Improvisation, webt die Musik von Shalosh eine ganz eigene Welt. Eine Welt aus Rock, Klassik, Elektronik, untermalt mit afrikanischen und nahöstlichen Einflüssen. Das Trio gibt der zeitgenössischen Jazzszene eine ungewöhnliche Note, indem es nicht nur von einem Einzelnen geführt wird. Somit findet eine gemeinsame künstlerische Entwicklung Ausdruck. „Rules of Oppression“ wurde von Kritikern der führenden Jazz-Magazine als eines der besten, Alben des Jahres gekürt. Shalosh: „Rules of Oppression“ (Freitag, 23 Uhr, Cotton Club). azz aus Schweden ist eine Garantie für sich! Emil Brandqvist, geboren 1981 in Halmstadt, Schweden, lebt in Göteborg. Er nennt die Natur Schwedens als Inspiration für seine Kompositionen – ein Bild, das beim Hören seiner Musik unausweichlich in den Sinn kommt. Traumhaft liest sich die Entwicklung dieses Trios, das jetzt sein viertes Album eingespielt hat. Das Ensemble um den Göteborger Schlagzeuger wurde mit viel Aufmerksamkeit bedacht: Echo-Nominierung, Preis der deutschen Schallplattenkritik, begeisternde Festivalauftritte. Das Geheimnis dieses Trios liegt in der seltenen Gabe, einen ganz eigenen Sound entwickelt zu haben, der geprägt wird durch die filigranen Klangmalereien des Namensgebers Brandqvist am Schlagzeug. Noch mehr aber durch die sensibel dahingetupften oder perlenden poetischen Neo-Klassizismen des finnischen Pianisten Tuomas A. Turunen. Brandqvist verwendet aber auch Bassklarinette, Flöte oder von ihm gespielte Synthesizer-Akzente, um die gefühlte Atmosphäre der Kompositionen noch deutlicher zu machen – oder auch deren überraschende Erweiterungen in den Stücken zu ermöglichen. Anspieltipp: „Frid“, Nr. 11. Emil Brandqvist Trio: „Within A Dream“ (Samstag, 21.30 Uhr, Cotton Club). er letzte hammermäßige Programmpunkt. Das Moka Efti Orchestra, die originale Bigband aus der Serie „Babylon Berlin“, ist ein 14-köpfiges Ensemble um die Komponisten Nikko Weidemann und Marion Kamien sowie den Saxophonisten und Arrangeur Sebastian Barkowski. Die Musik und das Lebensgefühl der 1920er Jahre bringt das Orchester mit Verve zurück. Gleichzeitig lädt es den Konzertbesucher buchstäblich ein ins „Moka Efti“, einen der Unterhaltungspaläste des Berlins der 1920er Jahre und prominenter Handlungsschauplatz der Serie. Höhepunkte des Konzerts sind die Auftritte von Severija oder Astrid North, wobei auch der „Babylon“-Titel „Asche zu Staub“ zum festen Repertoire gehört. In diesem Monat werden Nikko Weidemann und Mario Kamien für die Szenen-Musik in „Babylon Berlin“ den Grimme-Preis erhalten. Moka Efti Orchestra, Samstag, 20 Uhr, Kasino; keine CD. Karten... ... für den zweiten und dritten Abend des Festivals, 12. und 13. April, gibt’s noch im Vorverkauf unter anderem bei Thalia und Pop-Shop; daneben voraussichtlich Abendkasse. Der erste Abend, 11. April, ist ausverkauft.

4 Wheel Drive
4 Wheel Drive
Vincent Peirani
Vincent Peirani
Shalosh
Shalosh
Alpcologne
Alpcologne
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