Kaiserslautern Den Wohlklang kräftig aufgebohrt

Waches Zusammenspiel: Bernhard Schüler, Omar Rodriguez Calvo, Tobias Schulte, zusammen Triosence.
Waches Zusammenspiel: Bernhard Schüler, Omar Rodriguez Calvo, Tobias Schulte, zusammen Triosence.

Wie unterschiedlich Platte und Livekonzert doch sein können. Ist die CD der deutschen Jazzformation Triosence schon ein ästhetisches Klangerlebnis, so sind die drei Musiker live noch einmal ein ganz anderes Kaliber. Am Donnerstagabend gastierten sie im sehr gut besuchten Cotton Club des Kulturzentrums Kammgarn.

Auf Wohlklang, schöne Melodien und deren liebevolle Weiterentwicklung, auf gepflegt komplexes Rhythmusgeflecht setzt die aktuelle CD „Hidden Beauty“ des Trios um Tastenmann Bernhard Schüler (wir berichteten am Mittwoch). Zwischen poppigem Jazz, Worldmusic, Fusion und Folk changieren die Nummern auch dieser siebten Produktion des Trios, das seit seiner Gründung 1999 etliche Preise abgeräumt und ausgedehnte Tourneen absolviert hat. Aber die Titel aus Schülers Feder können noch mehr: Jazzig aufgebohrt, mit jeder Menge Spielfreude und kreativem Mutwillen, geben sie eine treffliche Vorlage ab, auf der sich drei Musiker von Rang kongenial austoben können. Die Perfektion des Silberlings, seine ästhetisierende Kühle und Glätte sind live im Nu wie weggefegt. Schon mit den ersten Tönen des Openers „As If It Was Yesterday“ von der neuen CD zeigt das Trio, wo’s langgeht. Die Interaktion macht Schüler, seinem Bassisten Omar Rodriguez Calvo und dem jungen Kasseler Schlagzeuger Tobias Schulte, der für Stefan Emig kurzfristig einsprang und sich (im wahrsten Wortsinne) fantastisch schlägt, sichtlich Spaß. Die wachen Blickwechsel untereinander, ein Lächeln hier, ein Nicken dort – Triosence funktioniert wie eine gut geölte Maschine. Dabei stacheln sich die drei Charaktere gegenseitig an. Ein Solo jagt das andere, nicht nur Schüler beweist seine Tastenkünste, die ihn trotz eines mitunter ziemlich tiefen Handgelenks der Rechten zu ziemlicher Virtuosität befähigt. Perlende Läufe, wilde Jagden in Oktavgriffen, alles kein Problem für den 38-Jährigen. Nicht weniger flinkfingrig und gerne auch mal in höheren Lagen bearbeitet Calvo den Kontrabass. Mit treibenden Strukturen bringt er aber auch sonst das Projekt voran, ebenso wie Schlagzeuger Schulte. Der Betreiber einer Schlagzeugschule, der auch schon mit Nils Landgren auf der Bühne stand, beweist viel Phantasie auch in Standard-Schlagfolgen, die er mit witzigen Breaks auflockert. Neben den üblichen Trommeln und Becken bedient er eine reiche Percussion und zeigt gerade auf den kleinen Bongos solistisch ganz große Kunst. In seinen Nummern verarbeitet Schüler alle möglichen Einflüsse und Anregungen. Vom swingenden Klassiker („Day At Scarlett’s“) über zeitgenössischen Jazz („Some Things Never Chance“) bis zur Verarbeitung folkloristischer Melodien („Wan Chuen Fong“) spannt sich dabei der Bogen der Temperamente. Stets werden aber die Themen und Motive so lange bearbeitet, bis sie den typischen Triosence-Stil besitzen. Dieser ist geprägt von mitunter überraschenden, nie jedoch zu verkopften Harmoniefolgen und von Rhythmuswechseln, die es in sich haben. Trotz ihrer oftmals komplexen Struktur klingen die Nummern jedoch keineswegs sperrig, sondern stets eingängig bis mitreißend. Die Hintergründe zur Entstehung seiner Titel erzählt der lange Schlacks sympathisch lächelnd zwischen den Stücken. Mal war’s eine unglückliche Liebe, mal das gemeinsame Streichen einer Wohnung in Rosa und zu den Klängen Frank Sinatras, mal die philosophische Erkenntnis der Unabänderbarkeit der Dinge: So verschieden die Anregungen, so breit die musikalische Palette der Titel. Letztendlich punktet das Trio gerade mit dieser Phantasie, die live noch viel mehr aus dem Trio herausbricht als auf Platte. Sie überrascht den Hörer und zieht ihn unweigerlich mit. Ein echtes Konzerterlebnis, das noch lange nachhallt. CD-Tipp Obwohl nicht mit der Lebendigkeit und Frische des Livekonzertes, ist die CD „Hidden Beauty“ dennoch empfehlenswert. Im Handel ab 9.99 Euro.

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