Grünstadt „Wir leben in einer Flut der Bilder“

Ein ganzes Kuratorenteam hat diesmal das Ludwigshafener Fotofestival konzipiert, das nun Biennale für aktuelle Fotografie heißt und an diesem Wochenende beginnt. Prominentester Name ist Florian Ebner, der fünf Jahre die fotografische Sammlung am Essener Museum Folkwang geleitet hat und gerade ans Centre Pompidou nach Paris gewechselt ist.

Zusammen mit seiner Co-Kuratorin Christin Müller haben wir ihn im Wilhelm-Hack-Museum getroffen, einem der sieben Ausstellungsorte der Foto-Biennale. Was als erstes auffällt: wenige Fotos. Stattdessen Bildschirme, Projektionen, Videoscreens, sonderbar verfärbte Papierblätter, Zeichnungen, Handbücher in Vitrinen. Christin Müller, die zusammen mit Kathrin Schönegg für die Ausstellungen im Hack-Museum verantwortlich ist, hat gute Laune: „Seit einer Woche wird aufgebaut, ist alles gut gelaufen.“ Dann ist auch Florian Ebner eingetroffen, auch er ist bester Laune, wenn auch leicht gestresst zwischen seinen aktuellen Einsatzgebieten in Ludwigshafen, Mannheim, Heidelberg und Paris. Natürlich muss man gleich nach dem sonderbaren Titel dieser Biennale fragen: „Farewell Photography“. Das Festival als Abgesang auf ein aussterbendes Medium? „Der Titel ist natürlich schon provokant in einer Zeit, in der so viel fotografiert wird wie nie zuvor“, sagt Ebner. „Aber es geht hier um den Abschied von der Form der Fotografie, die wir lange gekannt haben. Dafür hat die digitale Fotografie enorme Bedeutung, besitzt viel mehr soziale Relevanz.“ Die Biennale untersucht diese Veränderungen auf unterschiedlichen Themen- und Zeitebenen. Es geht ganz aktuell um die Bilderflut der sozialen Netzwerke und wie wir damit zurechtzukommen versuchen, es geht um das Foto als Instrument politischer Auseinandersetzung, um den Wahrheitsgehalt der Bilder, um die Darstellbarkeit von Themen wie Ökonomie und Migration. Gefragt wird nach den veränderten fotografischen Techniken. Und es wird in die Archive geblickt, wo die Bilder der Vergangenheit in der Gegenwart neu gelesen werden. „Die Fotografie ist alltäglicher geworden“, sagt Christin Müller, „wir leben in einer Flut der Bilder, die nicht mehr als einzelnes Bild von Bedeutung sind, sondern in der Masse geteilt und wahrgenommen werden.“ Und Ebner ergänzt: „Bilder werden nicht mehr aufgenommen, sondern generiert, statt einzelner Bildikonen entstehen andere Formen der Erzählung.“ Für das Foto gelte nicht mehr Roland Barthes Diktum: „Es ist so gewesen“, sondern die Frage: „Wie viele Leute haben das Bild gelikt.“

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