Eisenberg Was sich ukrainische Flüchtlinge für 2024 wünschen

Zum Treffen in das SOS-Beratungszentrum kommen immer noch gerne Menschen aus der Ukraine.
Zum Treffen in das SOS-Beratungszentrum kommen immer noch gerne Menschen aus der Ukraine.

Vor fast zwei Jahren, am 24. Februar 2022, begann die Invasion russischer Truppen in die Ukraine. 6,3 Millionen Menschen sind deshalb in die europäischen Nachbarstaaten geflüchtet. Einige von ihnen leben auch in Eisenberg. Was sind ihre Hoffnungen und Wünsche für ihre unmittelbare Zukunft?

Valentyna Prosheva ist im März 2022 mit ihrer 17-jährigen Tochter aus Kiew nach Eisenberg geflüchtet, wo sie zunächst ein Jahr wohnte und dann nach Ludwigshafen umzog. Ihr Mann musste in der Ukraine bleiben. Die 44-Jährige hat zwei Hochschulabschlüsse und war Leiterin der Logistik und des Einkaufs einer großen Firma. „In der Ukraine gab es spezielle Plätze, beispielsweise ein Stadion, von denen Feuerwerkskörper abgeschossen werden durften, das war nicht überall erlaubt“, erinnert sie sich. Deshalb empfand sie es auch als nicht sicher, als sie an Silvester miterlebte, dass Raketen und andere Feuerwerkskörper in den normalen Straßen gezündet wurden.

Sie hat bereits den B1-Sprachkurs absolviert und wartet auf die Genehmigung des Jobcenters, dass sie den B2-Kurs in Angriff nehmen kann. Sie möchte gerne arbeiten in Deutschland und auch Steuern zahlen. Sie sagt: „80 Prozent der Menschen, die aus der Ukraine hier sind, sind hoch qualifiziert, haben mindestens einen Hochschulabschluss – wenn wir alle arbeiten könnten, kann der deutsche Staat von uns profitieren – Fachkräfte werden doch gesucht -, wenn ich aber beispielsweise nur als Putzfrau arbeite, verdiene ich nicht viel und zahle dann auch nicht viele Steuern, dann profitiert der deutsche Staat nicht von uns.“ Ihr Wunsch für 2024 ist der Abschluss von B2 und eine Arbeitsstelle, die ihrer Qualifikation entspricht.

Auch Tanja Hrinko und Valerii Shtanko sind im März 2022 als Paar aus der Ukraine nach Eisenberg geflüchtet. Die 43-Jährige ist Mathematik-Lehrerin, der 46-Jährige ist Arzt. „Ich habe 20 Jahre als Allgemeinarzt und Psychiater in der Ukraine gearbeitet“, erzählt er. Nachdem beide zur Probe erfolgreich in einem Pflegeheim gearbeitet haben, beginnen sie dort in Vollzeit ab Februar. „Wir wollen zuerst mal dort arbeiten, etwas Geld verdienen und noch besser Deutsch lernen“, sagt er.

Mit Pfälzisch Probleme

Damit er als Arzt in Deutschland arbeiten darf, ist zunächst das Bestehen des B2-Tests Voraussetzung, außerdem müssen seine Diplome anerkannt werden – was kostspielig ist – und er müsste noch Weiterbildungen machen. Als kleine Schwierigkeit empfindet das Paar, dass die meisten Bewohner des Pflegeheims tiefstes Pfälzisch sprechen, was sie nur schlecht verstehen. „Wir haben in der Schule Hochdeutsch gelernt und hier wird überwiegend Dialekt gesprochen – das ist schwierig für uns“, sagt Tanja. Aus der Ukraine sind sie zu Beginn des Krieges geflüchtet, weil sie Panikattacken bekam, als die Bomben fielen. „Als dann hier schon zwei Tage vor Silvester und auch danach Raketen und andere Feuerwerkskörper gezündet wurden und ich nur die Geräusche hörte, bin ich zunächst sehr erschrocken, in der Silvesternacht. Als ich die Raketen auch gesehen habe, war alles okay“, erklärt sie. Ihre Hoffnungen für 2024: „Hier arbeiten, besser Deutsch lernen und Pfälzisch besser verstehen lernen.“

Mann darf nicht ausreisen

Eine 33-jährige Frau, die ihren Namen nicht nennen möchte, ist ebenfalls im März 2022 mit ihrer kleinen Tochter aus der Ukraine nach Eisenberg gekommen. „Mein Mann arbeitet in einem Atomkraftwerk und darf nicht ausreisen“, sagt sie unter Tränen. Er habe ein Papier unterschreiben müssen, in dem er zustimmt, aus „strategischen Gründen“ in der Ukraine bleiben zu müssen. Schwierig sei für sie gewesen, dass sie erst vor kurzem einen Platz in einer Kindertagesstätte (Kita) für ihre fast dreijährige Tochter erhalten habe. Regelmäßige Besuche im Sprachkurs seien deshalb nicht möglich gewesen, da sie ihre Tochter habe betreuen müssen.

„Obwohl inzwischen meine Schwiegereltern auch nach Eisenberg geflüchtet sind, will meine Tochter am liebsten bei mir sein“, erzählt sie. Glücklicherweise habe sie jetzt endlich einen Platz in einer Kita für ihre Tochter bekommen, trotzdem betreue sie ihre Tochter bei Krankheit auch zu Hause und könne dann nicht in den Kurs gehen. „Wir lernen im Kurs pro Tag 75 Wörter, wenn ich da drei Tage fehle, habe ich den Anschluss verpasst“, bedauert sie. Ihr großer Wunsch für 2024 ist deshalb, dass sich ihre Tochter bald in der Kita eingewöhnt hat und sie in Ruhe den B1-Sprachkurs beenden kann. Olha Tymchuk hat bei diesem Gespräch übersetzt.

Ein 25-jähriger junger Mann ist mit seiner ukrainischen Freundin ebenfalls im März 2022 nach Eisenberg geflüchtet. Er hat in der Ukraine Medizin studiert, dort schon als Arzt gearbeitet und insgesamt sechs Jahre in der Ukraine gelebt. Er ist Palästinenser, seine Familie, bestehend aus seinem Vater, seiner Mutter, zwei Schwestern und einem Bruder, lebt im Gaza-Streifen. Da ihr Haus zerstört ist, leben sie inzwischen in Raffah im Flüchtlingslager an der Grenze zu Ägypten. Er hat seine Familie im Gaza-Streifen besucht, hat mit ihnen drei Monate im Krieg gelebt, und kam Ende Dezember 2023 zurück nach Deutschland. „Ich habe hier in Deutschland den Integrationskurs und die B1-Prüfung gemacht und möchte auch die B2-Prüfung absolvieren“, sagt er. Er spricht fünf Sprachen: Deutsch, Englisch, Ukrainisch, Russisch und Arabisch. Sein größter Wunsch für 2024 ist: „Ich möchte arbeiten und damit meiner Familie helfen.“

Viele sind in Arbeit

Im Mai 2022 richtete das SOS-Beratungszentrum in Eisenberg einen Ukrainer-Treff ein, um geflüchteten Menschen aus der Ukraine Hilfestellungen anzubieten. „Anfangs hatten wir 40 bis 50 Gäste aus der Ukraine hier, der Bedarf war groß“, erinnert sich Jörg Werle, Bereichsleiter des SOS-Kinderdorfes und Leiter des SOS-Beratungs- und Familienzentrums in Eisenberg. Fragen zum Aufenthaltsrecht, zur Krankenkasse oder zu diversen Behördengängen seien geklärt worden und Übersetzungsdienste wurden und werden angeboten. Die Treffen fanden anfangs einmal wöchentlich statt, ab 2023 nur noch einmal monatlich und derzeit nach Bedarf in etwa alle zwei Monate. „Wir haben auch schon die Fragen im Voraus gesammelt, geklärt und dann bei den Treffen die Antworten weitergegeben“, erklärt Werle.

Inzwischen seien viele von seinen Schützlingen in Arbeit und vor allem die Vernetzung untereinander sei ein wichtiges Gut. Er sagt: „Der Austausch untereinander wird bei unseren Treffen großgeschrieben und die Ukrainer profitieren so enorm voneinander.“

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