Quirnheim Verschandelungsgefahr: Bedenken gegen Photovoltaik auf Acker

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Die Frage, ob auf einer etwa 65 Hektar großen Ackerfläche in Quirnheim eine Photovoltaik-Freiflächenanlage entstehen soll, hat für Unstimmigkeiten im Gemeinderat gesorgt. Eine lange Liste an Argumenten dafür und dagegen war Grundlage der Diskussion.

Dem Bau der Anlage steht vor allem eines im Wege: „Diese landwirtschaftliche Nutzfläche kann nicht einfach umgewandelt werden in eine PVA-Fläche“, erklärte Ortsbürgermeister Hubert Deubert. Wenn wie in Quirnheim kein Sondergebiet dafür ausgewiesen ist, bedürfe es dazu eines Zielabweichungsverfahrens über die Struktur- und Genehmigungsdirektion. Das sei ein umfassender Prozess, bei dem auch die Landesplanung mit eingebunden werden müsse. Die Kosten dafür würden vom Betreiber der Anlage, der Firma Gaia, übernommen. Zuvor müsse der Gemeinderat jedoch die Aufstellung des Bebauungsplans beschließen, erläuterte Deubert.

„Kollektoren sind nicht grün“

„Als wir zum ersten Mal darüber gesprochen haben, ob ein Solarpark für uns als Ort infrage kommt, war der Tenor: Wenn es das Ortsbild nicht verändert“, erinnerte sich Peter Dierks (SPD). Wenn man von Ebertsheim hochfahre, sehe man die Anlage aber schon. „Man muss davon ausgehen, dass so eine Fläche nicht unbedingt dazu beiträgt, unsere Ortschaft grüner zu machen“, meinte Deubert. Das sei Fakt und damit müsse man sich auseinandersetzen.

Felix Würtz (WG Würtz) argumentierte: „Ja, die Module sind nicht grün, aber diese Freiflächenanlagen sind, was Artenschutz angeht, sehr wertvoll.“ Unter den Kollektoren sei die Erde grüner als der Acker, der oft brach liege. Insofern könnten dort viele Kleintiere und Insekten leben. Was untendrunter entstehe, hänge vor allem von dem Abstand der Panels zum Boden ab, meinte Ernst Eymann (WG Würtz). Je weiter sie entfernt seien, umso besser wäre es, dadurch würde der Bau aber auch teurer, weil Faktoren wie die Statik stärker berücksichtigt werden müssten, erklärte er. „Das mit der Brachlage ist Quatsch“, widersprach Eymann. Es gebe auch so die Möglichkeit, dass Kleintiere im Acker existieren könnten.

„Optisch eine Katastrophe“

Nadine Grathwohl (WG Würtz) befand: „Ob die Dinger jetzt hochstehen oder nicht, wir müssen uns wirklich im Klaren sein, dass so eine Anlage das Ortsbild massiv verschandelt.“ Zudem befürchtet Grathwohl, dass der Betreiber das Areal irgendwann erweitern wolle. „Wenn so eine Anlage an der Autobahn steht, dann kann ich das noch akzeptieren, aber hier bei uns, in unserer eigentlich wunderschönen Region, finde ich das eine Katastrophe“, sagte sie. Harald Weber (FWG) ist zwiegespalten und erläuterte: „In meiner Brust schlagen ehrlich gesagt zwei Herzen.“ Einerseits sei es ihm wichtig, umweltfreundlicher zu werden, andererseits gefalle ihm die Vorstellung des Anblicks einer grau-schwarzen Wand bei der Anfahrt von Ebertsheim auch nicht, erklärte Weber. „Was mich umtreibt, direkt nebenan ist Rodenbach. Wenn die dem Bau eines solchen Solarparks zustimmen und wir nicht, kriegen wir nebenan das Gleiche halb so groß, ob wir es wollen oder nicht.“ Deubert ergänzte: „Lautersheim hat schon zugestimmt.“

Würtz sagte: „Optik hin oder her, wir werden sehr viele von diesen Freiflächenanlagen bekommen.“ Er sieht darin eine Möglichkeit, die grüne Transformation zu schaffen. „Das Landschaftsbild wird sich in die Richtung überall verändern, ich gehe schwer davon aus, dass man sich daran auch gewöhnen kann“, so Würtz. Außerdem hätten sie als Ort die Chance sogar noch mitzuverdienen. Mindestens 50.000 Euro würde die Gemeinde alljährlich bekommen. Weber sagte: „Wir sind gehalten, Einnahmequellen der Gemeinde zu erschließen und zu halten.“

Aufstellungsbeschluss zurückgestellt

Deubert geht davon aus, dass es schwierig sein wird, einen Großteil der kommunalen Fläche mit solchen Anlagen zu belegen. Die Tatsache, dass kein Sondergebiet innerhalb der Verbandsgemeinde ausgewiesen sei, zeige, dass man versuche das zu steuern. „Ob die Bemühungen um einen Bebauungsplan von Erfolg gekrönt sein werden? Da bin ich sehr skeptisch“, sagte er. Das Zielabweichungsverfahren sei ein Sonderverfahren, das nur in wirklichen Einzelfällen funktioniere. Weber verwies auf den letzten Satz der Beschlussvorlage: „Die Verwaltung empfiehlt der Ortsgemeinde das Aufstellungsverfahren erst einzuleiten, wenn die Zielabweichung in Aussicht gestellt werden kann.“ Der Aufstellungsbeschluss soll somit erst erfolgen, wenn der Antragsteller die grundsätzlichen Fragen bezüglich des Zielabweichungsverfahrens erörtert hat.

„Wenn wir die Aufstellung so beschließen würden, dann würden ja Leute in Beschlag genommen, die sich damit beschäftigen müssen, und zwar von unserer Seite“, sagte Weber. Dann sei es umso unglaubwürdiger, wenn man sich trotz des Bebauungsplans, den der Betreiber bezahlen müsse, nachher gegen den Bau entscheiden würde. „Ich käme mir da schäbig vor“, sagte er. Weber fände es ehrlicher zu sagen, dass Zweifel bestehen und man erstmal die Zielabweichung klären wolle. Die Ratsmitglieder stimmten mehrheitlich zu.

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