Grünstadt Stadtrat nimmt Gemälde an, ohne sie gesehen zu haben

Um diese Gemälde geht es.
Um diese Gemälde geht es.

Die Annahme von Spenden ist normalerweise ein Punkt, der im Stadtrat einfach durchgewunken wird. Nicht im Fall zweier Gemälde, bei dem eine Gegenleistung an die Spende gekoppelt ist.

Ohne zu wissen, um welche Gemälde es sich handelt, hat der Grünstadter Stadtrat beschlossen, zwei Ölporträts als Spende anzunehmen – im Gegenzug soll die Stadt zehn Jahre lang ein Grab pflegen. Die Bilder sollen nun an den Altertumsverein als Dauerleihgabe übergeben werden.

Im Stadtrat kam es am Dienstag gar nicht gut an, dass Bürgermeister Klaus Wagner (CDU) nicht sagen konnte, um welche Gemälde es sich denn handele. Er wisse nur von seinem Büroleiter Joachim Meyer, dass der Wert der Werke nicht zu schätzen sei, so Wagner.

Schätzen könne man den Wert schon, sagt Joachim Specht, Vorsitzender des Altertumsvereins, auf Anfrage. So um die 500 Euro zahle man auf dem Kunstmarkt für ein Gemälde dieser Art. Doch für ihn und das Museum im Alten Rathaus hätten die beiden Porträts eine Bedeutung, die nicht in Geld zu messen sei.

Er, Specht, habe den Deal eingefädelt. Der Mann, der die beiden Bilder spendet, ist Walter Hill. Der 82-Jährige lebt in Bergisch Gladbach (Nordrhein-Westfalen), hat aber Vorfahren in Grünstadt, erzählt er der RHEINPFALZ. Einer davon ist Philipp Leonhard Mann, der auf einem der Bilder porträtiert ist. Auf dem anderen Bild ist seine Frau Maria Louise Mann zu sehen. Wer die Bilder gemalt hat, ist nicht bekannt.

Abgeordneter im bayerischen Landtag

Philipp Leonhard Mann wurde 1819 in Lautersheim geboren. Er hatte ein Kaufhaus am Schillerplatz, 1869 hatte er zudem die Papierfabrik in Ebertsheim gekauft. Der erfolgreiche Kaufmann und Unternehmer war außerdem Mitglied des bayerischen Landtags. Er hatte 1862 die städtische Gasanstalt, 1865 den Vorschussverein und 1875 den Gewerbeverein in Grünstadt mitgegründet. In Frankenthal war er bei den Freimaurern aktiv. Am 6. September 1876 verstarb Mann am Bahnhof in Würzburg, wo er nach der Heimfahrt von München einen Blinddarmdurchbruch erlitt.

Manns Frau ist 1829 als Maria Louise Ilgen in Grünstadt geboren. Sie war die Tochter des Schwanenapothekers Ludwig Christian Ilgen. 1850 hat das Paar in Grünstadt geheiratet, gestorben ist Maria Louise Mann 1891 in Heidelberg.

Einer der Nachkommen – Walter Hill aus Bergisch Gladbach – hatte die beiden Porträts jahrelang zu Hause. Früher sei er immer extra nach Grünstadt gekommen, um sich um das Grab zu kümmern, erzählt der 82-Jährige, der in Pirmasens und Berlin aufgewachsen ist. Doch mittlerweile sei er zu alt und der Weg sei zu weit. Seine Cousine, die als einzige der Familie noch in Grünstadt wohnte, lebt mittlerweile auch nicht mehr. Damit das Familiengrab in Grünstadt nicht verwahrlost, habe er sich dazu entschieden, die Ölgemälde anzubieten, verbunden mit der Auflage, dass die Stadt sich um das Grab kümmert. Auch die Bilder selbst wollte er in guten Händen wissen.

Das Abkommen mit der Stadt sieht vor, dass das Grab nun bis Ende der Laufzeit – das ist 2032 – gepflegt werden muss. Das bedeutet, es müssten mindestens Äste weggeschnitten und das Laub entfernt werden. Doch wie die stellvertretende Büroleiterin Kathrin Schenk bestätigt, werde das Grab danach nicht einfach abgeräumt – zumindest der Grabstein müsse erhalten werden, weil er ein Kulturdenkmal ist.

Walter Hill ist glücklich mit der Lösung – so werde das Grab nun besser gepflegt, erhofft er sich. „Leider ist es momentan ganz zugewuchert“, beschreibt er den Zustand. Und auch Joachim Specht vom Altertumsverein ist zufrieden. Er sagt: „Ich bin froh, dass wir die Bilder bekommen haben. So viele bayerische Landtagsabgeordnete haben wir in Grünstadt nicht.“

Das Grab soll nun von der Stadt gepflegt werden.
Das Grab soll nun von der Stadt gepflegt werden.
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