Grünstadt Maßgeschneidertes Varieté

Sie sind mit Akten und Ordnern im Auftrag des Landesministeriums unterwegs, vollziehen den Dorf-Tüv und stellen mitmachenden Vereinen und Bewohnern das Zertifikat für hervorragende Leistungen aus. Den vergnüglichen Prüfungstest rund um die Geschichte und das Dorfleben Sausenheims vollzogen die Macher des Heimatvarietés Saalü am Freitagabend auf der Bühne des Dorfgemeinschaftshauses. 90 Besucher hatten ihre helle Freude daran.

Saalü – das sind mit Mark Welte, Wolfgang Müller und Charla Drops drei vorzügliche Schauspieler, Kabarettisten und Komödianten mit reichlich Bühnenerfahrung. Herr Müller gab den beredt-gewitzten Prüfer, dem Herr Welte als korrekter Assistent und die lebenslustige Frau Drops, „Praktikantin seit 30 Jahren“, zur Seite standen. Mit einbezogen wurden die schon zuvor ausgewählten Dorfbewohner, die einmal mehr bewiesen, dass auch sie bühnenreif agieren können. Zum Auftakt war der große Politiker-Check dran, dem sich Ortsvorsteher Gerd Walther unterzog. Ob man in dem Grünstadter Vorort leben, oder auch wohnen könne, wollte Herr Müller wissen, was es mit dem Häuschen am Weedplatz auf sich hat, mit dem Esel, dem Höllenpfad und dem Honigsack. Neue und alte Neubaugebiete, der noch ältere Ortskern kamen aufs Tapet, der Wein und die Gestaltung des Kreisels, „die bereits Wellen bis nach New York geschlagen habe“, wusste der Dorfprüfer. Walther durfte sich auf einen Sockel stellen und ein „Liebesgedicht an Sausenheim“ zur dezenten Background-Melodie „Je t’aime“ vortragen. Beim Talk unter dem Motto „Beamte fragen – Bürger antworten“ waren die routinierten Gäste, Weingräfin Sophie Conrad und Winzer Axel Spieß, nachdem Daniel Gölbert vom Sausenheimer Kerwekomitee die Redd „The best of Kerwe“ gehalten hatte. Ab und zu kam Tüv-Mann Müller nicht drumherum, sich vom Heimatkundler Albert Kohl historische Eckdaten geben und Anekdoten von anno dazumal erzählen zu lassen, etwa zum Gasthaus Bär (Dorfgemeinschaftshaus) mit seiner bewegenden Geschichte oder zum „Kissjetanz“, den es gegeben haben soll. Der musikalische Auftakt der zweiten Halbzeit oblag mit „Über den Wolken“ und „Die kleine Kneipe“ dem hörenswerten Männergesangverein Liederkranz 1846. Einen humoristischen Schlagabtausch lieferte sich der seit einem Jahr in Sausenheim wirkende Pfarrer Christopher Markutzik mit Frau Drops. Auf ihre Frage, was denn nicht so gut laufe, berichtete er, dass das Bad in seinem Haus nicht so doll gewesen sei. Jetzt sei aber alles gut: „Wir haben die Badewanne aus Limburg bekommen“, scherzte der Neu-Sausenheimer. Tosender Applaus. Viel Beifall gab’s auch für seine nächste Pointe. Nach einem weiteren Wunsch gefragt, meinte der Pfarrer, dass er sich ein wunderschönes Denkmal auf dem Kreisel wünsche – „von mir!“ In einem wortlosen Sketch zelebrierten Bärbel Sovuly und Bärbel Schwarzbech von den Landfrauen gekonnt „Zwei Frauen im Zug“; eine mimte die feine, sich schminkende Dame, die andere eine nachahmende Bäuerin. Den Tourismus ankurbeln, befand Frau Drops, könnten die sechs Tänzerinnen des TuS Sausenheim. Diese zeigten in hübschen Kleidern einen feurig-anmutigen Flamenco. Zwischen den Darbietungen der Sausenheimer Mitspieler lief Saalü von Stunde zu Stunde zu Hochform auf. Köstlich: Frau Drops als singende Russin mit dem Dolmetscher (Herr Welt), der auf Pfälzisch übersetzte, die Slapstickeinlagen des Künstler-Trios oder die Therapieempfehlung mit Lachseminar gegen die Landdepression, was manch einem im Saal Lachtränen in die Augen trieb. Prompt folgte als Therapieerfolg „Ei fel gud“ nach dem James-Brown-Klassiker. Am Ende der über dreistündigen Revue war , wie könnte es anders sein, der Dorf-Tüv mit Bravour bestanden. „Nach diesem Abend ist definitiv klar, ihr wart die Besten“, konstatierte Herr Müller, und bekannte zusammen mit Frau Drops und Herrn Welte in Kennedy-Manier „Ich bin ein Sausenheimer“.

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