Eisenberg/Ramsen Gerüchte um Kinderansprecher in Ramsen und Eisenberg: Das ist dran

Die Aufregung in den sozialen Netzwerken ist groß: Eisenberg mit der Grundschule im Zentrum.
Die Aufregung in den sozialen Netzwerken ist groß: Eisenberg mit der Grundschule im Zentrum.

Nach der Entführung und dem Missbrauch einer Schülerin in Edenkoben häufen sich im Land die Meldungen über mögliche Kinderansprecher. Auch in Eisenberg und Ramsen gab es dieser Tage solche Gerüchte, die sich rasend schnell im Netz verbreiteten. Ein Teil davon stimmt – ein Teil scheint frei erfunden.

In den vergangenen Tagen gab es in der Eisenberger Dorffunk-App und auch auf Facebook Meldungen, dass auf dem großen Spielplatz nahe der Grundschule ein Mann Kinder angesprochen und versucht habe, sie mit Bonbons an sein Auto zu locken. Ist diese Geschichte wahr?
Es sind an der Grundschule Eisenberg tatsächlich Kinder, Erst- und Zweitklässler, angesprochen worden, ihnen wurden auch Süßigkeiten angeboten. Allerdings nicht von einem Mann im Auto, sondern von zwei Jugendlichen, die offenbar zu Fuß da waren. Das bestätigt Markus Fichter, der Leiter der Pestalozzi-Grundschule. Die Vorfälle hätten sich am Montag und Dienstag ereignet. „Unsere Aufsicht hat das mitbekommen, ist auf die Jugendlichen zu, die daraufhin geflüchtet sind“, sagt Fichter. Natürlich sei sofort die Polizei informiert worden, die nun auch aktiv sei, unter anderem hier verstärkt Streife fahre. Fichter: „Wir hoffen, dass sich das aufklärt und nicht noch einmal passiert.“

Am Mittwochmorgen gab es auch Gerüchte um einen Kinderansprecher in Ramsen. Hängen diese Geschichten zusammen?
Der Vorfall in Ramsen hat sich als Falschmeldung entpuppt. Es hat aber einen Polizeieinsatz gegeben. Die Polizei Kirchheimbolanden sagt, dass ihr am Mittwochmorgen ein offensichtlich obdachloser Mann gemeldet worden sei, der auf dem Gelände eines Busunternehmens unberechtigt übernachtet habe und aus einem unverschlossenen Wagen eine Warnweste und einen Fahrzeugschein entwendet habe. „Der augenscheinlich zeitweise verwirrt wirkende Mann konnte durch Zeugen der Polizeistreife zugeführt werden. Durch die Streife wurde der 49-jährige Mann zur gesundheitlichen Abklärung und weiterer polizeilicher Maßnahmen zur Polizeiinspektion Kirchheimbolanden verbracht“, heißt es in einer Mitteilung. Gegen Mittag habe der Mann die Dienststelle wieder verlassen können.

In der Folge sei der Polizei Kirchheimbolanden dann zu Ohren gekommen, dass sich über das Internet die Information verbreite, dass dieser Polizeieinsatz angeblich wegen eines aktuellen Ansprechens von Kindern im Bereich Ramsen durchgeführt worden sei. Diese Info sei dann über diverse Chatgruppen geteilt worden und habe für Unruhe unter der Elternschaft gesorgt. Wie diese Falschinformation entstanden ist, lässt sich für die Polizei nicht nachvollziehen.

Die Grundschule Ramsen bestätigte auf Anfrage die Schilderung der Polizei, bei ihr sind keine Kinder angesprochen worden.

Die Gerüchte haben sich im Netz schnell verbreitet. Sind die sozialen Medien in solchen Fällen wirklich ein hilfreiches Instrument?
Die Informationsverbreitung über soziale Netzwerke oder Medien häufig kontraproduktiv, heißt es in einem Flyer des Polizeipräsidiums Mainz, den auch die Polizei Kirchheimbolanden Eltern ans Herz legt. Meist entstehe durch diese Art der Kommunikation nämlich eine Panikstimmung bei den Eltern und auch bei den Kindern. Und es würden eben immer wieder falsche Informationen verbreitet, es komme da zu einer Vielzahl an Falschmeldungen. Das kann die Ermittlungen der Polizei behindern und erschweren. „Kinder sollten keinesfalls verängstigt, jedoch sensibilisiert werden! Der Grat zwischen Sensibilisierung und Einschüchterung eines Kindes ist sehr schmal“, wird in dem Flyer gewarnt.

Welche Tipps kann man Kindern denn mitgeben?
Man sollte mit seinem Kind über solche Situationen sprechen und Verhaltensregeln für den Schulweg und Freizeitwege festlegen, rät die Polizei. Diese Wege könne man dann mit dem Kind auch ablaufen und dabei auf verlässliche Anlaufstellen hinweisen (etwa öffentliche Gebäude, Geschäfte, Arztpraxen oder private Adressen von Freunden). Auch sollten klare Absprachen getroffen werden, mit wem das Kind mitfahren/mitgehen darf.

Ansonsten gelte:

  • Abstand zu anderen Personen und Autos halten.
  • Niemals in ein fremdes Auto einsteigen.
  • Nicht in ein Gespräch verwickeln lassen, sondern einfach weitergehen.
  • In einer Notsituation auf sich aufmerksam machen, etwa laut um Hilfe rufen.
  • Nach Möglichkeit in Gruppen und nicht alleine bewegen.
  • Das Kind sollte die Notrufnummer 110 der Polizei kennen.
  • Selbstsicherheit schütze das Kind auch.

Und was kann man als Erwachsener tun?
Wenn einem das Kind erzählt, dass es angesprochen wurde, sollte man es dafür loben, dass es sich anvertraut hat. Man sollte ruhig und überlegt bleiben und den Vorfall der nächsten Polizeidienststelle melden.

Im Dorffunk rät ein Nutzer, grundsätzlich Fotos von Erwachsenen am Spielplatz zu machen. Ist das wirklich eine gute Idee?
Nein, davon rät die Polizei ab. Zwar sei das bloße Fertigen von Bildern noch keine Straftat. Oft landeten solche Fotos aber im Netz und gingen dann viral. „Da holt ein Opa seinen Enkel vom Spielplatz ab, und plötzlich taucht dessen Bild in den sozialen Netzwerken auf, er wird dort zu Unrecht verdächtigt und dann geht die Hetzjagd los. Also: Keine Bilder machen, das geht oft nacht hinten los“, so die Polizei Kirchheimbolanden. Man soll sich einfach an die Dienststelle wenden, wenn einem etwas verdächtig erscheint.

Was sollte man sonst noch unbedingt vermeiden?
Leichter gesagt als getan, aber: Panik oder Angst. Denn diese übertrage sich auf das Kind. Auch sollte man dem Kind keine lesbaren Namensschilder auf den Rucksack oder den Ranzen kleben. Denn sonst könne jemand das Kind mit Namen ansprechen und diesem eine falsche Vertrautheit vermitteln. Auch zu real wirkende Rollenspielen für bestimmte Situationen lehnt die Polizei ab. Diese könnten die Angst des Kindes steigern oder die Phantasie anregen. Das wiederum führt dann ebenfalls oft zu Falschmeldungen.

Welche Infos benötigt die Polizei denn?
Hilfreich sind im Falle des Falles eine Personenbeschreibung (Alter, Größe, besondere Merkmale, Kleidung, Details), eine Beschreibung des Fahrzeugs (Kennzeichen, Marke, Typ, Farbe, Details), sowie Uhrzeit und Örtlichkeit. Außerdem interessiert die Polizei, ob die verdächtige Person davor oder danach schon beziehungsweise noch einmal gesehen wurde, ob es weitere Zeugen gibt und wer sonst noch über den Vorfall Bescheid weiß.

Was macht die Polizei, wenn sie erfährt, dass da jemand ein Kind angesprochen haben soll?
Sollte es zu einem „echten“ Fall eines Ansprechens von Kindern kommen, wird die Polizei verifizierte Informationen in Absprache mit der Schulleitung veröffentlichen und alle Möglichkeiten ausschöpfen, um Gefahren für Kinder abzuwehren, heißt es in dem Flyer. Das läuft auch gerade so in Eisenberg, wie Schulleiter Markus Fichter bestätigt. Die Infos werden hier über die eigene App verbreitet, der Inhalt ist mit der Polizei abgestimmt.

Die Polizei Kirchheimbolanden bittet darum, nur verifizierte Informationen zu teilen und beim Erhalt von Infos kritisch nachzufragen, ob diese verifiziert sind und von welcher offiziellen Stelle sie zur Verfügung gestellt wurden.

Derzeit laufen auf jeden Fall Ermittlungen. Zudem hat die Polizei verstärkt Präsenz an der Grundschule gezeigt, unter anderem zusammen mit dem Eisenberger Ordnungsamt. Auch das Gespräch vor Ort wurde gesucht, um die Lage zu beruhigen.

Wie geht es an den Schulen weiter?
An der Grundschule Eisenberg will man noch stärker als ohnehin schon auf Prävention setzen. Für die dritten und vierten Klassen wurde in der Vergangenheit – zuletzt 2022 – das Trainingsprogramm „Starke Kinder sagen Nein“ angeboten. Schulleiter Markus Fichter will das nun auch für die erste und zweite Klasse anbieten: „Wir sind derzeit in Absprachen.“ Auch an der Grundschule Ramsen ist man offen für Präventionsprogramme, in der Vergangenheit war bereits die Polizeipuppenbühne da.

x