Grünstadt „Einst modernstes Kino Europas“

Die Telefone in der Redaktion wollten nicht still stehen, seit in der RHEINPFALZ die Kino-Führungen angekündigt wurden. Unsere Sekretärin? Fast nur noch mit dem Hörer am Ohr zu erleben. Jeder wollte ein letztes Mal dabei sein, wollte persönlich Abschied nehmen von dem Lichtspielhaus, das einem über so viele Jahre hinweg so viel Freude bereitet hat. Im nächsten Jahr ziehen die Betreiber Oliver Lebert und Alexander Cyron ja bekanntlich um. In einen Neubau, der mehr als vier Millionen Euro kosten soll. Der Analog- Projektor, den es jetzt im Kino zwar noch gibt, der aber kaum noch zum Einsatz kommt, soll dann einen Ehrenplatz im Foyer des neuen Filmtempels bekommen. Gestern allerdings konnte man ihn noch an seinem angestammten Platz bewundern. Direkt neben dem Digitalprojektor. Vergangenheit und Gegenwart, in friedlicher Koexistenz. „Die 35-Millimeter-Rollen haben sich nicht mehr gerechnet. So ein Ding hat in der Herstellung damals 5500 Mark gekostet. Das war nur rentabel, wenn die Filmrolle vom einen Kino zum nächsten weitergegeben wurde. Das kann man heute jedoch nicht mehr bringen, die Leute wollen ihre Filme direkt sehen. Ein Kino, das einen Film nicht zum Bundesstart anbietet, hat es sehr schwer“, erklärt Cyron. Die RHEINPFALZ-Leser lauschen gebannt seinen Worten und lassen sich etwas von hochgehenden Kolben, Tellertechnik und Überblendungen erzählen. Der eine oder andere erlebt seinen ganz eigenen nostalgischen Moment, als Cyron das in der heutigen digitalen Welt fast schon mystisch aufgeladene Wort „zurückspulen“ verwendet. Einen „Wow“-Effekt im Publikum löst der Kinobetreiber auch mit der Anekdote aus, dass das Europa-Kino dereinst mal als eines der modernsten Europas galt: „Das lag Anfang der 60er Jahre an der für die damalige Zeit neuen Vorführtechnik, mit der man theoretisch schon 3D-Filme hätte zeigen können. Außerdem verfügte das Kino über eine Rampung, weshalb die Besucher hier bessere Sicht hatten als anderswo.“ Etwas mehr als 20 Minuten hatte das Kino jeweils für die vier Führungen veranschlagt. Mit ein bisschen (kostenloser) Überlänge, falls viel gefragt wurde. Warum im Grünstadter Kino nicht mehr Filme laufen, wollte eine Besucherin wissen. „Das liegt ganz einfach an der Größe des Hauses. Wir müssen da eine Auswahl treffen“, erklärt Cyron und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: „Leider haben wir es nicht geschafft, den Split-Screen bei uns zu etablieren und auf der einen Seite der Leinwand Transformers zu zeigen und auf der anderen Monsieur Claude“.

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