Grünstadt Begegnung mit dem Phänomen Kunstlied

91-86642072.jpg

Eine vielschichtige Begegnung mit dem künstlerischen Phänomen des deutschen Kunstlieds ermöglicht erneut vom 24. bis 30. Juli eine Woche lang der Kirchheimer Liedersommer, den die Kirchheimer Pianistin Barbara Baun organisiert. Sieben junge Liedduos arbeiten eine Woche lang an der Intensivierung ihrer künstlerischen Ausdrucksfähigkeit und lassen sich dabei quasi über die Schulter schauen. Es gibt drei Konzerte unterschiedlichen Zuschnitts und eine Ausstellung. Ein Novum: Erstmals sind Schüler des Grünstadter Gymnasiums und komponierende Musikstudenten beteiligt.

Das Eröffnungskonzert ist am Sonntag, 24. Juli, um 18 Uhr in der protestantischen Kirche in Kirchheim. Mit dabei: Barbara Baun am Klavier und die Sopranistin Sibylla Ruben. Sie interpretieren Lieder von Robert Schumann (Frauenliebe und -leben op. 42 und Elisabeth-Kulmann-Lieder op. 104) und seiner Frau Clara Schumann. Sibylla Ruben ist eine international tätige Konzert- und Opernsängerin, die schon mit vielen renommierten Ensembles und Dirigenten zusammengearbeitet hat; Höhepunkt der aktuellen Konzertsaison ist eine Asientournee mit dem Leipziger Gewandhausorchester und dem Thomanerchor, welche Bachs Matthäus-Passion in Fernost vorstellt. 80 CD-Einspielungen unterschiedlichster Art zeugen von ihrer künstlerischen Vielseitigkeit. Die Kritik hob hervor, dass Rubens’ wie ein Diamant funkelnde Sopranstimme selbst schwierigsten, reich ornamentierten Arien bei bestechender Geschmeidigkeit Grazie und Herzenswärme verleihe. Barbara Baun, in Stuttgart geboren, Dozentin an der Mannheimer Musikhochschule, fällt immer wieder im besten Sinn als kompetente Liedbegleiterin auf, die sich bei aller kollegialen Unterordnung gegenüber dem Gesangssolisten bemerkenswerte künstlerische Freiräume – so die FAZ – erspielt. Wenn sie begleitet, gibt es immer wieder Momente, in denen die Aufmerksamkeit des Hörers zur Klavierbegleitung gezogen wird. Von Montag bis Freitag, 29. Juli, dauert der öffentliche Meisterkurs bei Professor Graham Johnson – also diesmal kein Sänger, sondern ein in der Liedbegleiter vielfach erfahrener Pianist. Johnson stammt aus Rhodesien, dem heutigen Simbabwe, und studierte in London unter anderem bei Gerald Moore. Er hat Sänger von Weltrang, von Elisabeth Schwarzkopf über Edith Mathis bis zu Thomas Quasthoff, begleitet und hat mehrere Bücher über das Kunstlied verfasst. Das Kunstlied ist eine typische Erscheinung des 19. Jahrhunderts, speziell der Zeit nach dem Wiener Kongress 1815. Die Restauration in Mitteleuropa unterdrückte jede politische Freiheit; Künstlern und Intellektuellen war verwehrt, nach außen zu wirken, und so kultivierten sie in einem Maß wie nie zuvor Innerlichkeit, loteten feinste Regungen des Gefühlslebens aus, brachten sie vielleicht sogar erst hervor. Die Lieder Franz Schuberts, dem als Musiker kaum äußerer Erfolg beschieden war, sind ein erstes und kaum übertroffenes Beispiel dafür; in Robert Schumann ist die Gefühlsinbrunst schon in Ansätzen ironisch gebrochen. Eine Nachblüte hat das Kunstlied im frühen 20. Jahrhundert. Besonders für Musikstudenten, die nicht dem mitteleuropäischen Kulturkreis entstammen, ist es schwer, zu adäquater Gestaltung zu gelangen, doch hat der Liedersommer schon oft Gelegenheit geboten, die erstaunlichsten Fortschritte von völlig neutralem Absingen bis zu spannungsvollem Vortrag zu erlauschen. Insofern lohnt es, sich mucksmäuschenstill in die Probenstunden des Meisterkurses zu schleichen (Mo bis Fr 10 bis 13 und 15 bis 18 Uhr) Um dem Kunstlied auch ein heutiges Leben zu erschließen, geht der Liedersommer einen originellen Weg: Am Grünstadter Gymnasium wurde ein Lyrik-Wettbewerb für Schüler aller Altersklassen ausgelobt; ihre Texte wurden Musikstudenten der Kompositionsklasse von Professor Sidney Corbett an der Mannheimer Musikhochschule vorgelegt. Einige haben sie vertont. Sie werden am Donnerstag, 28. Juli, ab 19.30 Uhr im Kirchheimer Weingut Kolb in einem zweifellos hochinteressanten Werkstattkonzert von den Teilnehmern des Meisterkurses gesungen und gespielt und mit dem klassischen Repertoire kombiniert. Das Abschlusskonzert am Samstag, 30. Juli., um 18 Uhr in der protestantischen Kirche gehört dann wieder ganz dem klassischen Repertoire: Unter dem Leitwort „Mit Staunen und Vergnügen“ zeigen die sieben Liedpaare des Meisterkurses für Liedgestaltung, was sie bei Graham Johnson gelernt haben. Während der ganzen Kurszeit zeigt der Fachbereich Bildende Kunst des Leininger-Gymnasiums in Grünstadt in der Kirchheimer Schule Schülerarbeiten. INFO —Konzerte: Sonntag, 24. Juli, 18 Uhr, protestantische Kirche Kirchheim: Eröffnungskonzert mit Sibylla Rubens, Sopran, und Barbara Baun, Klavier Donnerstag, 28. Juli, 19.30 Uhr, Weingut Kolb, Kirchheim: Werkstattkonzert „Lieder? ...mit Vergnügen!“ mit Klassischem sowie Uraufführungen von Studierenden der Kompositionsklasse der Musikhochschule Mannheim nach Texten von Schülern des Gymnasiums Grünstadt Samstag, 30. Juli, 18 Uhr, protestantische Kirche Kirchheim, Abschlusskonzert der Teilnehmer des Meisterkurses für Liedgestaltung „Mit Staunen und Vergnügen“ Der Eintritt zu den Konzerten ist frei, um Spenden wird gebeten —Öffentlicher Meisterkurs mit Prof. Graham Johnson: Montag bis Freitag, 25. bis 29. Juli, täglich 10 bis 13 und 15 bis 18 Uhr, Grundschule Kirchheim. —Ausstellung: Montag bis Freitag, 25. bis 29. Juli, Grundschule, täglich 10 bis 13 und 15 bis 18 Uhr, Vernissage am 24. Juli um 19.15 Uhr nach dem Eröffnungskonzert, Finissage am 30. Juli um 19.15 Uhr nach dem Abschlusskonzert |hap

x