Grünstadt Baby im Beutel

GRÜNSTADT. Nach einer Schwangerschaft schnell wieder schlank und fit zu sein, ist oft nicht leicht zu realisieren. Wohin mit dem Kind, wenn die junge Mutter zum Sport geht? Eine Lösung hat die Österreicherin Nicole Pascher erfunden: das Kanga-Training. Die Bezeichnung, der Name des Kängurus aus „Winnie Pooh“, ist Programm, denn Mama macht Gymnastik mit „Baby im Beutel“. Auch in Grünstadt gibt es jetzt diese ungewöhnliche Fitness-Methode.

Dies sei einem Zufall zu verdanken, sagt die Trainerin Marion Jesche und gibt ihrem 14 Monate alten Sohn eine Flasche. „Florian war von Anfang an sehr unruhig und hat viel geweint. Er wollte immer auf den Arm“, erzählt die 31-Jährige. Als sie im Internet nach Tragesitzen oder -tüchern suchte, stieß sie dabei auf ein Kanga-Seminar. „Ich bin dann nach Wien gefahren und habe eine Ausbildung bei Frau Pascher absolviert.“ Nach der theoretischen und praktischen Prüfung verkaufte Jesche ihren fast nie genutzten Kinderwagen und bot ihre ersten Kurse bei Fitness 24 in Bad Dürkheim und im Frauen-Fitness-Studio Evas Apfel in Grünstadt an. Der zweite in Grünstadt ist mit zehn Teilnehmerinnen bereits ausgebucht. Christine Lotz fiel in der Entbindungsklinik Jesches Flyer in die Hände. Da sie daheim „ohne meine Trage den Haushalt nicht hinkriegen würde“, beschloss sie, sich anzumelden. „Ich wollte etwas für mich tun, raus aus den eigenen vier Wänden und neue Leute kennenlernen“, erzählt die Mama von Henri (sechs Monate). Jede Woche kommt sie nun extra aus Westhofen angefahren. Anja Weisenburger hat es dagegen nicht weit. Sie wohnt in Grünstadt, wo sie auch ihre Tochter Jasmina (8,5 Monate) geboren hat. „Ich hatte schon von Kanga gehört, wusste aber nicht, dass es man es auch hier machen kann. Im Kreiskrankenhaus wurde auf dieses Training nicht hingewiesen“, moniert sie. Gefunden hat sie das Angebot schließlich über Facebook. Zum Aufwärmen steht Tanzen zur Musik auf dem Programm, wobei die Babys hin und her gewiegt, dann an den ausgestreckten Armen abwechselnd nach links und nach rechts geschaukelt werden oder wie kleine „Flieger“ durch die Luft gleiten. Die Kleinen strahlen und juchzen. Nun legen sich die Frauen mit angewinkelten Beinen auf den Rücken, jeweils das Kind auf dem Bauch. „Rauf und runter“, gibt Jesche das Kommando, das Becken vom Boden hochzudrücken, einen Moment die Spannung zu halten und wieder abzusenken. Die Winzlinge finden das Auf und Ab toll. Ist diese Art des Turnens nicht sehr anstrengend? „Das wäre es auch ohne Kind“, meint Weisenburger und weist darauf hin, dass sich manche Sportler extra Gewichte umbinden. „Man hatte ja zuvor auch das Baby im Bauch“, stimmt Lotz mit ein. Verena Nahstoll, die über Bekannte von dem Kanga-Kurs gehört hatte, war anfangs skeptisch. Aber nach der Entbindung blieben Mountainbike-Fahren und Joggen auf der Strecke, und so habe sie es mal probiert. „Und ich merke, dass es mir gut tut, und meiner Tochter Valentina gefällt es hier auch“, so die Ebertsheimerin. Jesche stellt heraus, wie gesund das Tragen für die Kleinen ist: „Es spielt eine entwicklungsfördernde Rolle.“ Zum einen müsse sich das Kind mit dem ganzen Halteapparat mitbewegen und stärke ihn dadurch, auch werde der Gleichgewichtssinn gefördert, und in gespreizter Position reiften die Hüftgelenke am besten aus. Zum anderen wirke es positiv auf die Bindung zur Mutter. Wem das Training einmal wöchentlich nicht ausreicht, kann Kanga zuhause zu einer DVD machen, wie die Leistadterin erklärt. Bei einigen Übungen – wie zum Beispiel auf dem Rücken liegend mit ausgestreckten Beinen Fahrradfahren – sitzen die Winzlinge nebendran. Nach einer Weile aber schnallen sich die Frauen die Tragehilfen um und mit Baby vor dem Bauch oder – die etwas älteren und schwereren – auf dem Rücken wird Aerobic gemacht. Jesche achtet streng auf die richtige Körperhaltung der Mütter. „Das ist wichtig“, betont die Kursleiterin, die weiß: „Manchmal schlafen die Kleinen auch dabei ein.“ (abf)

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