Grünstadt Auf dem Effenkranz rund um Eppelsheim

GRÜNSTADT. Die Grünstadter Ortsgruppe des Pfälzerwald-Vereins (PWV) gehört mit ihren 112 Jahren zu den ältesten der Region und erfreut sich nach wie vor großen Zulaufs. Nahezu alle Wandertouren werden so ausgeknobelt, dass sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden können. So auch bei der Nachmittagswanderung, die uns mittwochs ins rheinhessische Eppelsheim führt.

Eppelsheim? Nie gehört, muss ich zu meiner Schande gestehen. Was der Neugier und der Vorfreude aber entgegenkommt. Wanderführer sind Renate und Dieter Keller, das Ehepaar ist eine Institution im Verein. Treffpunkt dieser Wanderung ist immer der Bahnhof in Grünstadt, diesmal um 11.30 Uhr. Gäste sind stets willkommen. Die Kellers haben alles im Blick. Wie viele werden an diesem heißen Sommertag mitgehen? Nach 20 Minuten steht fest: 26 Leute um die 60 plus aus Grünstadt und Umgebung haben sich eingefunden. Der Vorsitzende druckt die Karten am Automaten auf dem Bahnsteig aus. Wenig später fahren wir ab. „In Monsheim müssen wir umsteigen, dann sind’s noch drei Stationen“, informiert der Wanderführer. Zugfahren ist schön. Und entspannt. Ich genieße die reizvolle, schier unendliche sattgrüne Rebenlandschaft und stelle fest, viel zu viel mit dem Auto unterwegs zu sein. Eppelsheim, unweit der A 61 in der Verbandsgemeinde Alzey-Land gelegen, ist ein beschauliches 1300-Seelen-Dörfchen. Wir laufen vom Bahnhof Richtung Ortsmitte. In wenigen Minuten erreichen wir den idyllischen, von hohen Bäumen gesäumten Effenkranz, ein 1,3 Kilometer langer, herzförmiger Rundwanderweg um den alten Ortskern, der im Mittelalter als Dorfgraben diente. Seit 1927 ist er Kultur- und Naturdenkmal. Ursprünglich mit Effen (Ulmen) bewachsen, wurden nach dem Ulmensterben 1975 550 Laubbäume nachgepflanzt. Eine Wonne, bei hochsommerlicher Hitze dem angenehm schattigen Pfad zu folgen! Auf kleinen Abwegen – insgesamt legen wir sieben Kilometer zurück – kommen wir am Dalberger Turm (um 1500 als Wehrturm errichtet) und den 1918 gebauten Kalköfen vorbei, Kulturdenkmal seit 2004. Kleine Verschnaufpause. Zeit für einen Schluck aus der Wasserflasche und ein Gruppenfoto. Unser nächstes Ziel: das Dinotherium-Museum im Rathaus. Das steht direkt neben der evangelischen Kirche, einer einstigen Wehrkirche, umgeben von einer wuchtig-markanten Kalksteinmauer. Bürgermeisterin Ute Klenk-Kaufmann empfängt uns mit Info- und Begrüßungsworten. Hingucker im Museum ist ein Abguss des 1835 gefundenen Schädels eines Dinotherium giganteum („Hauerelefant“, eine ausgestorbene Gattung der Rüsseltiere) neben sonstigen Funden aus dem Urrhein bei Eppelsheim. Danach die ersehnte Einkehr im gegenüberliegenden Scheunencafé, eine schnuckelige Lokalität und ein (teils in Eigenleistung) renoviertes architektonisches Kleinod. Die Bewirtung betreiben äußerst erfolgreich der Vereinsring und Ortsvereine. Wir lassen uns im Freien unter der imposanten alten, reichlich schattenspendenden Eiche nieder. Zeit für ausgiebige Gespräche. Sie handeln von vergangenen und bevorstehenden Touren, vom miesen Fernsehprogramm in den Sommermonaten, von privaten Urlaubsreisen. Drei Dirmsteiner Seniorinnen haben sich seit einem Jahr dem PWV „und den Kellers“ angeschlossen: „Uns gefällt es in dem Verein, weil immer alles gut klappt mit der Organisation.“ Auch den Ausflug ins Rheinhessische bereuen sie nicht. „Nur zu Hause rumsitzen wollen wir nicht.“ Ähnlich sieht das ein Ehepaar aus Steinborn, das öfter dabei ist. Das Ehepaar Hannelore und Friedrich Schlupp aus Bockenheim ist ab und an Wanderführer beim Grünstadter PWV. Der 77-Jährige hat stets lustige Sprüche drauf, bringt gerne alle zum Lachen. Als den Käse- und Frikadellen-Brötchen ein Stück Kuchen und ein Schwarzwälder Kirsch-Eisbecher für die Gattin folgen, scherzt er: „Gell, do guggener. Mer hamn im Loddo gewunne - mer hatten en Dreier“, frotzelt er. Gattin Hannelore erzählt, dass sie beide nach einer Zeit als Gastwanderer seit sieben Jahren Mitglied im Verein sind und möglichst noch alle Halbtags- oder Kurzläufer-Wanderungen mitmachen wollen. Was sie dabei schätzen? „Man kommt in so vielen Ecken im Pfälzerwald herum, die wir sonst nie kennengelernt hätten.“ Dann geht’s durch verwinkelte Gässchen und „Kellersche Wege“, will heißen, bestens ausgetüftelt von den kundigen Wanderführern, zurück zum Bahnhof. Am späten Nachmittag hat uns Grünstadt wieder. Und Eppelsheim, einst Siedlungsgebiet von Kelten und Römern, hat wohl nicht nur bei mir beeindruckende Spuren hinterlassen.

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