Grünstadt Ein außergewöhnlicher Held

Das Cover
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Krimi-Experte Rainer Scheer kümmert sich in dieser Folge seiner „Crime Corner“-Kolumne um Steve Hamiltons neustes Werk „Das zweite Leben des Nick Mason“.

Nur ein Satz und ein elfzeiliger erster Absatz – und schon kann sich der Leser dieser Geschichte nicht mehr entziehen. „Nick Mason blieb kaum eine Minute in Freiheit.“ Dabei sollte es eigentlich ein guter Tag sein, denn Mason verlässt das Gefängnis. Vorzeitig. Das Urteil lautete eigentlich auf Totschlag, und das bringt mindestens 25 Jahre. Okay, abgedrückt hat er damals nicht. Doch das weiß niemand, denn Mason hält sich an den Kodex, und jener verbietet es natürlich, Kameraden zu verpfeifen. Und so hat er gesessen. Bis heute. Im Gefängnis macht er die Bekanntschaft von Darius Cole. Der hat Pläne mit ihm, will ihn als Auftragskiller. Cole ist der Pate von Chicago. Steve Hamilton eröffnete mit „Das zweite Leben des Nick Mason“ eine neue Reihe mit einem außergewöhnlichen Helden. Doch ist es nicht allein die Personenzeichnung, die den Roman so lesenswert macht. Es ist das Tempo, es ist dieser knappe Stil, bei dem es keine Passage gibt, die überflüssig scheint. Stil und Handlung gehen hier Hand in Hand. Nur äußerst kurze Rückblenden erzählen von dem, was damals mit seinen Kumpels abgelaufen ist und schließlich zu dieser Katastrophe am Hafen von Chicago führte. Da wird nichts weitschweifig berichtet. Der Leser bleibt im Hier und Heute. Bei einem Mann, der seine Freiheit nicht genießen kann, der noch vom Gefängnisrhythmus bestimmt wird, und der jeden Moment auf das Zeichen wartet, dass es losgeht. Dass ein Auftrag auf ihn wartet. Autor Steve Hamilton ist der einzige Schriftsteller, der neben dem genialen Ross Thomas den renommierten Edgar Award zweimal gewinnen konnte: für das beste Debüt und für den besten Roman. Und wer seinen neuen Helden kennenlernt, der bleibt dran an Nick Mason. Was übrigens gerade auch leicht fällt, da vor wenigen Wochen der zweite Band „Drei Zeugen zu viel“ erschienen ist. Beide Bände kommen als qualitativ gute Broschur-Ausgabe daher, bei der der Buchrücken nicht bei kleinster Belastung bricht. Und über so etwas darf sich der Leser heute ja schon freuen. Nick Mason hat das Zeug zu einem großen Charakter in der Kriminalliteratur. Die Story ist gekonnt aufgebaut, das Innenleben der Figur wird von Hamilton glaubwürdig geschildert. Konsequent, überraschend und ebenso unterhaltend wie spannend: Nick Mason ist ein Name, den man sich merken sollte. Lesezeichen Steve Hamilton: Das zweite Leben des Nick Mason. Droemer 2017, Broschur, 333 Seiten, 14,99 Euro.

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