Frankenthal Zwölf Zentimeter

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Der Kran steht seit einigen Wochen weithin sichtbar auf dem Eckgrundstück Schmiedgasse/Wormser Straße. Getan hat sich dort nach dem Abriss der alten Geschäftsimmobilie wenig. Ein Nachbar hat den Start für den von der Yakar Bauträger GmbH geplanten Neubau per einstweiliger Verfügung gestoppt. Konkret geht es um ein Mauerstück am Nachbarhaus, das ins Baufeld ragt.

Entzündet hat sich der Streit und die ihm folgende juristische Auseinandersetzung an Resten eines Kamins, die zwölf Zentimeter – so hat es jedenfalls der öffentlich bestellte Vermessungsingenieur ermittelt – vom Flurstück 92 ins Flurstück 93 hinüberreichen. Flurstück 93 gehört der Yakar Bauträger GmbH, die dort, wo früher das Fachgeschäft Foto Rothenbach seinen Sitz hatte, ein Wohn- und Geschäftshaus errichten möchte (wir berichteten). Zumindest vor Mittwoch, 30. März, wird sich diesbezüglich wenig tun. Dann verhandelt das Amtsgericht Frankenthal mündlich über die Rechtmäßigkeit einer einstweiligen Verfügung, die es auf Antrag des direkten Nachbarn von Bauherr Özgür Yakar am 11. März erlassen hat. Und das, wie Yakars Ludwigshafener Anwalt Thomas Schell sagt, ohne seinem Mandanten rechtliches Gehör zu gewähren. „Da wurde im Beschluss einfach im Wesentlichen übernommen, was der Beschwerdeführer in einer eidesstattlichen Versicherung angegeben hat.“ Schell ist deshalb „positiv gestimmt“, den Baustopp mit seinem Widerspruch kippen zu können. Konkret steht die Frage im Raum: Darf Yakar für seinen Neubau das überstehende Stück Mauer abnehmen lassen? Der Bauträger mit Sitz in Frankenthal führt die Ergebnisse einer Vermessung vom 3. Juni vergangenen Jahres und der Feinabsteckung am 3. März ins Feld. Der Gutachter, ein Vermessungsingenieur aus Grünstadt, zieht zudem Vermessungsrisse aus den Jahren 1952 und 1969 heran. Demnach steht auf der Grenze zwischen den Flurstücken eine Gemeinschaftswand. Von ihr gehörten wiederum jeweils 20 Zentimeter zum einen und zum anderen Grundstück. „Folglich befindet sich der aus der Mauer herausragende Kamin auf dem Flurstück 93“, schreibt der Ingenieur. Also nach seiner Lesart auf Yakars Baufeld. Der Eigentümer der Nachbarimmobilie bestreitet, vertreten vom Frankenthaler Rechtsanwalt Werner Linn, dass der Grenzverlauf vermessen wurde. Dies habe ihm das zuständige Katasteramt bestätigt, heißt es in einem anwaltlichen Schreiben von Anfang März, dem am 11. des Monats der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung folgte. Akuter Anlass soll demnach gewesen sein, dass Bauarbeiter tags zuvor damit begonnen hätten, Teile des umstrittenen Kamins abzureißen. Sein Mandant, schreibt Linn, habe daraufhin die Polizei gerufen. Den Antrag beim Amtsgericht begründet der Jurist unter anderem damit, dass durch Abbrucharbeiten „eine Schädigung des Eigentums“ seines Mandanten drohe. Einstweilen ist das Gericht Linns Argumentation gefolgt, sodass Özgür Yakar ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro droht, sollte er der einstweiligen Verfügung zuwiderhandeln. Tatsächlich scheint das Problem zwischen den beiden Kontrahenten tiefer zu liegen. Bauträger-Anwalt Schell wirft der gegnerischen Partei vor, den Neubau mit allen Mitteln verzögern oder verhindern zu wollen. Als Beispiel führt Schell an, dass der Nachbar des Baugrundstücks eine Beweisaufnahme im Inneren seines Gebäudes nicht zugelassen habe. Derlei Ortstermine dienen üblicherweise dazu, dass in einem späteren Streitfall überprüft werden kann, ob Schäden die Folge von Bauarbeiten sind oder schon vor deren Beginn existiert haben. Umgekehrt sieht sich Yakar mit dem Vorwurf konfrontiert, dass die Grenzmauer, ein Regenfallrohr und einige Natursteinfassadenplatten bei Arbeiten auf dem Flurstück 93 beschädigt worden seien und nun repariert werden müssten. Hierfür läuft eine Frist bis Gründonnerstag, 24. März. Für Özgür Yakar und seinen Anwalt eine weitere von vielen „Schikanen“, denen er sich ausgesetzt sieht. Nach Yakars Angaben wäre das Baufeld an der Ecke Schmiedgasse/Wormser Straße seit vier bis fünf Wochen startklar. Passieren konnte noch wenig. Yakar: „Ich habe eine gültige Baugenehmigung und verliere jeden Tag Geld.“

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